Handlungsträger der Verwaltung sind die Behörden, die hierarchisch strukturiert sind. Die Ausführungskontrolle (Dienst-, Rechts- und Fachaufsicht) obliegt der jeweils höheren Behörde bzw. der Verwaltungsspitze. Oberste Behörden sind auf Bundes- und Landesebene die Ministerien, die Verwaltungsspitze der jeweilige Minister. Die Verwaltungsspitze ist im System der Gewaltenteilung gegenüber einem gewählten Gremium (Parlament) rechenschaftspflichtig, beispielsweise der Bürgermeister als Hauptverwaltungsbeamter der Stadtverwaltung gegenüber dem Gemeinderat.
Begriff der öffentlichen Verwaltung
Die öffentliche Verwaltung befasst sich mit der Verwaltung des Staates. Der Verwaltungsbegriff unterscheidet die Verwaltung im organisatorischen Sinn, die Verwaltung im materiellen Sinn und die Verwaltung im formellen Sinn.[5][6]
Verwaltung im organisatorischen Sinn
Die Verwaltung im organisatorischen Sinn meint den Verwaltungsapparat, d. h. die Organisation der Verwaltung in Verwaltungsträger, Verwaltungsorgane und alle sonstigen Verwaltungseinrichtungen.[5]
Verwaltung im materiellen Sinn
Verwaltung im materiellen Sinn ist die Staatstätigkeit, die materiell die Wahrnehmung von Verwaltungsangelegenheiten zum Gegenstand hat, unabhängig von dem handelnden Verwaltungsträger oder Organ. Bisherige Definitionsversuche grenzen den Begriff nicht vollständig ab oder sind zwar differenziert, aber sehr abstrakt.
Danach ist öffentliche Verwaltung im materiellen Sinne etwa „die mannigfaltige, konditional oder nur zweckbestimmte, also insofern fremdbestimmte, nur teilplanende, selbstbeteiligt entscheidend ausführende und gestaltende Wahrnehmung der Angelegenheiten von Gemeinwesen und ihrer Mitglieder als solcher durch die dafür bestellten Sachwalter des Gemeinwesens“[7] oder „als den Organen der vollziehenden Gewalt und bestimmten diesen zuzurechnenden Rechtssubjekten übertragene eigenverantwortliche ständige Erledigung der Aufgaben des Gemeinwesens durch konkrete Maßnahmen in rechtlicher Bindung nach (mehr oder weniger spezifiziert) vorgegebener Zwecksetzung.“[8]
Verwaltung im formellen Sinn
Verwaltung im formellen Sinn meint alle ausgeübten Tätigkeiten der Verwaltungsbehörden[5] unabhängig davon, ob sie materiell verwaltender Art sind wie den Erlass eines Verwaltungsakts oder einer Rechtsverordnung.
Rechtsgrundlagen
Das Verwaltungsrecht umfasst alle Rechtsnormen, die sich auf den Aufbau, die Aufgaben und die Befugnisse der Verwaltung beziehen und die Legitimation für ihre Tätigkeit darstellen.
Die unmittelbare Bundesverwaltung ist mit der Durchführung aller Angelegenheiten betraut, die nach dem Grundgesetz unter die Zuständigkeit des Bundes fallen (Art. 87 bis Art. 89 GG). Sie verfügt über insgesamt 316.500 Mitarbeiter. Nachfolgend einige Bundesbehörden und deren Anzahl an Mitarbeitern:
Hinzu kommen 186.600 Soldaten, die nicht als Mitglieder der Verwaltung erfasst werden, aber dem Verteidigungsministerium unterstehen, und knapp 80.000 THW-Angehörige, die dem Bundesministerium des Innern unterstehen.
Daneben gibt es noch die mittelbare Bundesverwaltung. Hierzu gehören die Bediensteten bei Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts unter Bundesaufsicht und die Bediensteten der Bundesbank.
Die bundeseigene Verwaltung hat seit 1990 einen erheblichen Anteil ihrer Bediensteten abgegeben. Zunächst überführte die Postreform sämtliche Beschäftigten der Postbehörden in die privatrechtlichen Einheiten von Post, Telekom und Postbank, mit der Bahnreform ist die ehemalige Behörde des Bundesverkehrsministeriums ebenfalls in private Strukturen überführt worden (mit Ausnahme des Bundeseisenbahnvermögens). Darüber hinaus wurde auch die Deutsche Flugsicherung privatisiert.
Da die Länder mit dem weitaus größten Teil der Verwaltungsaufgaben in Deutschland betraut sind (Art. 30 GG), sind die Landesbehörden und die angeschlossenen Betriebe von der Personalstärke her der herausragende Teil der öffentlichen Verwaltung. In den 16 deutschen Landesverwaltungen arbeiten 2,3 Millionen Menschen, im Einzelnen:
in Schulen und der vorschulischen Bildung (817.400)
im Rechtsschutz und der Gerichtsverwaltung (189.700)
in der Polizei (273.600, davon 228.000 Vollzugsbeamte)
in den sonstigen Verwaltungen (601.100).
Für die Hochschulen sind nur die öffentlich Beschäftigten angegeben. Insgesamt arbeiten an Hochschulen 488.700 Beschäftigte und in den ihnen angeschlossenen Kliniken nochmals 189.200 Mitarbeiter.
staatliche Auftragsangelegenheiten: Volkszählung, Wehrpflichtigenerfassung, Landtags- und Bundestagswahlen.
Die Gemeinden eines Gebietes sind zu Landkreisen (in einigen Ländern Kreise genannt) zusammengeschlossen, um übergeordnete Aufgaben (insbesondere Pflichtaufgaben) effektiver bewältigen zu können. Ab einer bestimmten Einwohnerzahl, die je nach Bundesland unterschiedlich ist, sind Städte kreisfrei. Neben Kreisen existieren für Spezialaufgaben weitere kommunale Verbände, wie etwa in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die Landschaftsverbände. Die Kontrollgremien dieser Körperschaften besetzen Kommunalvertreter, finanziert werden sie über Umlagen aus den Kommunalhaushalten.
Zusammengefasst beschäftigen die Kommunalverwaltungen 1,57 Millionen Mitarbeiter aufgeteilt auf die Bereiche:
Aufgaben der öffentlichen Verwaltung können auch von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts wahrgenommen werden, ohne dass die Zuständigkeit der Verwaltung entfällt. In diesem Fall beauftragt die öffentliche Verwaltung den privaten Dritten als Verwaltungshelfer.
Reformziele sind sowohl die Steigerung der Effektivität und Bürgerfreundlichkeit als auch die Haushaltskonsolidierung. Durch den zum Teil enormen Personalabbau, welcher nur begrenzt durch Privatisierung oder die Anwendung moderner Bürokommunikationstechnologien aufgefangen werden kann, werden oftmals neben administrativen Prozessoptimierungen auch strukturelle Anpassungen in der Verwaltungsorganisation notwendig. Ob hierdurch der Personalabbau kompensiert werden kann, ist vom Einzelfall abhängig.
Die strenge Hierarchie führt zu einer autoritären Struktur innerhalb der Verwaltung. Daher arbeiten Behörden oft stark arbeitsteilig und Entscheidungen folgen festen Dienstwegen. Die Steuerung der Verwaltung ist daher sehr formal und aufgrund ihrer politisch ausgerichteten Verwaltungsspitze nicht vom Wesen her auf ökonomische Ziele ausgerichtet. Das Fehlen ökonomischer Prinzipien ist auch daran erkennbar, dass das Finanzwesen kameralistisch organisiert ist: Oft werden Budgets politisch ausgehandelt. Jedenfalls im Bereich der Kommunalverwaltungen werden derzeit in fast allen Bundesländern die Haushalte auf die kaufmännische Buchführung (Neues kommunales Finanzmanagement) umgestellt.
Ein in der heutigen Zeit zunehmend als Problem betrachteter Faktor ist das behördliche Anreizsystem. Da jedermann Zugang zum öffentlichen Dienst haben soll und die Leistungen der Verwaltung keinen Markt haben, greift die Verwaltung auf Hilfsgrößen (Beurteilungen) zurück. Bei diesen Beurteilungen wird nicht immer klar, welche Leistungen erwartet werden und inwieweit Wohlverhalten belohnt wird. Mangels Leistungsdefinition fehlen leistungsbezogene Anreize insbesondere monetärer Art. Das interne Prestige wird stattdessen oft an Behörden-, Abteilungs- oder Budgetgröße gemessen. Das Beamtenrecht gibt die Anforderungen des Grundgesetzes an öffentlich Bedienstete wieder. Es gilt dem in Verwaltungsdingen Unerfahrenen als hinderlich für Verwaltungsinnovationen oder fachliche Initiativen. Hier sind durch die Einführung von Elementen des modernen Personalmanagements in der öffentlichen Verwaltung Änderungen auf dem Weg.[15] Für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst sind durch den neuen TVöD Leistungsanreize vorgesehen, diese sollen auch auf das Beamtenrecht übertragen werden.
Europäische Union
Europäischer Verwaltungsraum
Die Europäische Union strebt nicht nur eine Rechtsgemeinschaft an, etwa mit dem Konzept eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, sondern entwickelt sich auch zunehmend zu einer Verwaltungsgemeinschaft.[16] In diesem Zusammenhang bezeichnet der Begriff des Europäischen Verwaltungsraums (englischEuropean Administrative Space) einerseits eine Harmonisierung der nationalen Verwaltungen durch die Entwicklung gemeinsamer Standards im Verwaltungsverfahren, im Rechtsschutz und der Verwaltungsorganisation,[17] andererseits eine Verflechtung von nationalen Verwaltungen mit der EU-Administration sowie eine bi- oder multinationale Zusammenarbeit nationaler Verwaltungsräume,[18] etwa in geographischen Grenzregionen. Ein weiterer Gegenstand sind die Handlungsformen der EU-Eigenverwaltung gegenüber den Unionsbürgern, einer mitgliedstaatlichen Behörde oder auch einem Mitgliedstaat selbst.[19]
Angestoßen durch den Vertrag von Maastricht und die jüngste EU-Osterweiterung ist der Europäische Verwaltungsraum gegenwärtig weniger durch eine gemeinsame Politik, als vielmehr durch eine intensive wissenschaftliche Erforschung der einzelnen Entwicklungen und den Versuch, diese zu systematisieren und zu steuern gekennzeichnet.[20][21]
EU-Administration
Art. 41 der Grundrechtecharta (GRCh) normiert das Recht auf eine gute Verwaltung. Danach hat „jede Person ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden“ (Art. 41 Abs. 1 GRCh).[22] Das Recht umfasst insbesondere ein Recht auf Anhörung, auf Akteneinsicht und auf Entscheidungsbegründung (Art. 41 Abs. 2 GRCh). Art. 41 Abs. 3 GRCh sieht einen Amtshaftungsanspruch nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen vor, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.[23]
Die Unionsbürger haben außerdem das Recht, sich im Falle von Missständen bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden (Art. 43 GRCh). Bei der Prüfung der Frage, ob ein Missstand in der Verwaltungstätigkeit vorliegt, wendet der Bürgerbeauftragte den Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis an, der auf den Prinzipien des europäischen Verwaltungsrechts beruht, die sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs finden.[24]
Harald Hofmann, Uta Hildebrandt, Susanne Gunia, Christian Zeissler: Allgemeines Verwaltungsrecht mit Bescheidtechnik, Verwaltungsvollstreckung und Rechtsschutz. 12. Auflage, 2022, Kohlhammer, ISBN 978-3-555-02258-1.
Kristof Tobias Germer: Erfolgreiches Verwaltungsmanagement - Grundlagen für Führungskräfte in der öffentlichen Verwaltung. Springer Gabler Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63484-4.
Klaus König, Heinrich Siedentopf (Hrsg.): Öffentliche Verwaltung in Deutschland. 2. Auflage. Nomos-Verlag, Baden-Baden 1998.
Thomas Ellwein: Geschichte der öffentlichen Verwaltung. In: Politische Wissenschaft. Beiträge zur Analyse von Politik und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1987, ISBN 978-3-531-11927-4, S. 20–33.
↑Herbert Strunz: Der Verwaltungsbegriff. In: Gestaltung öffentlicher Verwaltungen. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1993, ISBN 978-3-642-52078-5, S. 3–35.
↑Wayback Machine. 19. Januar 2019, archiviert vom Original am 19. Januar 2019; abgerufen am 7. September 2021.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www2.leuphana.de
↑vgl. beispielsweise Abschnitt III Europäische Verwaltungszusammenarbeit §§ 8a bis 8e Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) vom 23. Dezember 1976, zuletzt geändert durch Art. 9a Abs. 1 Bayerisches E-Government-Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 458)
↑Eckhard Schröter: Europäischer Verwaltungsraum und Reform des öffentlichen Sektors. In: Handbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden 2005, ISBN 978-3-8100-4082-4, S. 510–518.
↑ Wolfgang Kahl: Der Europäische Verwaltungsverbund: Strukturen – Typen – Phänomene. Der Staat, Vol. 50, Nr. 3 (2011), S. 353–387.
↑ Kai-Dieter Classen: Gute Verwaltung im Recht der Europäischen Union. Eine Untersuchung zu Herkunft, Entstehung und Bedeutung des Art. 41 Abs. 1 und 2 der Europäischen Grundrechtecharta. Hamburger Studien zum Europäischen und Internationalen Recht, Band 49, 2008, ISBN 978-3-428-12449-7.