Apichatpong Weerasethakul wurde 1970 in Bangkok geboren, wuchs aber in Khon Kaen im Nordosten Thailands auf. Beide Eltern waren Ärzte, sein Vater zudem zeitweilig Parlamentsabgeordneter für die Demokratische Partei.[3] Apichatpong studierte zunächst Architektur an der Universität Khon Kaen. Während des Studiums erhielt er durch Videotheken ein breiteres Filmwissen und drehte auf Video einige 16-mm-Kurzfilme. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 1994 ging er nach Chicago, um am Art Institute of Chicago Film zu studieren. Sein zweites Studium schloss er 1997 ab.
1999 gründete er die Filmproduktionsfirma Kick the Machine und produzierte mit dieser den 27-minütigen Kurzfilm Malee and the Boy, der dem Alltag eines Elfjährigen in der thailändischen Hauptstadt Bangkok folgt. Eine erste längere Regiearbeit lieferte Apichatpong mit dem Dokumentarfilm Dokfa nai meuman ab, der 2000 auf Filmfestivals weltweit gezeigt wurde. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit dem Spielfilm Blissfully Yours. Dieser wurde auf zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt, vom Großteil der Kritiker gelobt und erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Prix Un Certain Regard der Internationalen Filmfestspiele von Cannes 2002 und dem Preis für junges Kino auf dem Singapore International Film Festival. Die Hauptfigur des Films ist ein Burmese, der illegal in Thailand lebt und an einer Hautkrankheit leidet. Gezeigt wird, wie der Protagonist und seine Freundin einen Ausflug in die Wildnis unternehmen.
Nachdem er 2003 bei der für sein übriges Werk untypischen Musical-Komödie Hua jai tor ra nong als Co-Regisseur tätig gewesen war, folgte 2004 Tropical Malady, in dem der selbst homosexuelle Regisseur die Liebe zwischen zwei Männern thematisierte. In der Zeit als „Sensation des Kinos“ gelobt,[4] handelt der Film von einem Soldaten (gespielt von Banlop Lomnoi) und seinem Geliebten (Sakda Kaewbuadee). Als letzterer verschwindet, glaubt der Soldat aufgrund einer Sage, der Verschwundene hätte sich in ein grausames Tier verwandelt, und geht auf die Suche nach ihm. Bei den Filmfestspielen von Cannes wurde Tropical Malady mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.
2005 nahm er an einem Projekt des thailändischen Kulturministeriums teil, das dreizehn Kurzfilme im Gedenken an die Opfer des Seebebens im Indischen Ozeans 2004 sammeln sollte. Sein neunminütiger Beitrag trug den Titel Ghost of Asia.
Am 30. August 2006 feierte sein Spielfilm Sang sattawat seine Premiere im Wettbewerb der 63. Internationalen Filmfestspiele von Venedig. Der Film, inspiriert vom Leben der Eltern des Regisseurs, erzählt in zwei Teilen von einem weiblichen und einem männlichen Arzt in unterschiedlichen Krankenhäusern. „Spektakuläre Bilder gehen in kontemplativer Ruhe auf den Zuschauer nieder, bevor ein irrwitziges Gemeinschaftstanz-Finale die Meditation jäh beendet“, hieß es im Spiegel über Sang sattawat.[5]
2016 fanden drei seiner Filme (Sang sattawat, Tropical Malady, Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben) bei der BBC-Wahl zu den 100 bedeutendsten Filmen des 21. Jahrhunderts Berücksichtigung.
2019 begann Weerasethakul mit den Dreharbeiten zu seinem Film Memoria, der erstmals nicht in Thailand, sondern in Kolumbien spielt. Der Film ist mit Tilda Swinton, Jeanne Balibar, Daniel Gimenez Cacho u. a. international besetzt. Ein Thema ist das Jahrhunderte alte Bauprojekt, Tunnel durch die Anden zu bauen.[7]Memoria ist außerdem beeinflusst von der Tatsache, dass Weerasethakul begann, am Exploding Head Syndrome zu leiden. Daraufhin führte er Gespräche mit Ärzten und Psychologen und beschäftigte sich mit den Konzepten Trauma, Leid und Erinnerung.[8] Im Jahr 2021 wurde er für das Werk zum dritten Mal in den Wettbewerb um die Goldene Palme des Filmfestivals von Cannes eingeladen.
Filmografie
1993: Bullet (Kurzfilm)
1994: Kitchen and Bedroom (Kurzfilm)
1994: 0016643225059 (Kurzfilm)
1996: Like the Relentless Fury of the Pounding Waves (Kurzfilm)
Quandt, James (Hrsg.): Apichatpong Weerasethakul. FilmmuseumSynemaPublikationen Band 12, Wien: Österr. Filmmuseum / Synema – Ges. für Film und Medien, 2009, ISBN 978-3-901644-31-3.
↑Steve Rose, @steverose7: Apichatpong Weerasethakul: eclectic dreams. In: The Guardian. 24. Mai 2010, ISSN0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 22. April 2023]).
↑Hannah Ellis-Petersen: The man with the exploding head. In: The Guardian. 24. Oktober 2018, ISSN0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 17. November 2019]).