In der Antike wurde das Balkangebirge thrakisch und altgriechischHaimos (griechische Schreibung Αἵμος) genannt sowie lateinischHaemus – in klassischem Latein mit identischer Aussprache zu griechisch und thrakisch, später nach Sprachentwicklung wie „Hämus“. Daraus entwickelte sich die Schreibung Hemus (bulgarischХемусChemus). Dieser Name wurde auch verwendet bei der Benennung der Montes Haemus auf dem Mond sowie der ehemaligen bulgarischen Fluggesellschaft Hemus Air und der bulgarischen Autobahn Awtomagistrala Hemus.
Zwischen dem 14. und dem 17. Jahrhundert eroberten die osmanischenTürken das Gebiet schrittweise und waren ungefähr bis zum Ende des 19. Jahrhunderts dort die vorherrschende Macht. Der Name Balkan stammt dementsprechend aus der türkischen Sprache und bedeutet „steile Gebirgskette, Gebiet(e) mit vielen Bäumen, Sträuchern und Büschen“ oder „Berg(e) mit vielen Wäldern“.[1]
Es existiert auch eine Gebirgskette in Turkmenistan mit der Bezeichnung Großer Balkan („Uly Balkan“), außerdem gibt es dort noch die Provinz Balkan welaýaty mit der Hauptstadt Balkanabat. Es ist wahrscheinlich, dass der Name Balkan von dort auf das Gebirge in Südosteuropa übertragen wurde, da die Vorfahren der Osmanen und Türken, die sogenannten Oghusen, aus diesem Gebiet in Zentralasien stammten.
Die Bulgaren und Serben nennen das Gebirge heute Stara Planina („altes Gebirge“, kyrillischСтара планина), wobei im Bulgarischen die Bezeichnung Balkan ebenfalls parallel in Gebrauch ist.
Geographie
Lage
Das Balkangebirge ist etwa 600 km lang, verläuft am Nordrand der Balkanhalbinsel zu den Ebenen der unteren Donau in westöstlicher Richtung. Das Gebirge bildet die natürliche Nordgrenze der Landschaft Thrakien. Das Gebirge mit abgerundeten Bergformen ist nach Süden hin steil abfallend und wird von vielen Pässen überquert, von denen der Schipkapass und der Pass der Republik die bedeutendsten sind. Außerdem wird es von mehreren Durchbruchstälern durchschnitten, von denen das des Iskar am mächtigsten ist. Höchster Gipfel ist der Botew (2376 m).
Gliederung
Das Gebirge ist von Westen nach Osten in drei Abschnitte gegliedert:[2]
Westbalkan: bis zu 2169 m hoch (Midžor), natürliche Grenze zwischen Serbien und Bulgarien
Mittlerer Balkan (auch „Hoher Balkan“): vom Iskar-Durchbruch oder dem Pass von Botewgrad im Westen bis zum Wratnikpass im Osten
Östlicher Balkan (auch „Kleiner Balkan“): Der mittlere Hauptkamm reicht bis an die Schwarzmeerküste und endet dort am Kap Emine
Hauptkamm des Balkangebirges (bulgarischподобласт на Главната Старопланинаска веригаpodoblast na Glavnata Staroplaninska veriga), im Zentrum der Gipfel Botew
Subbalkan (auch „Podbalkan“)
Der Hauptkamm und der Vorbalkan bilden die Großlandschaft des Balkankettensystems (bulgarischОбласт на Старопланинска верижна системаOblast na Staroplaninska verischna sistema).[2] Im Norden schließt sich die nordbulgarische Donautiefebene an.
Geologie
Die Faltungsphase des Balkangebirges wird im Alttertiär angenommen. Der alpinen Gebirgsfaltungsphase zugehörend, sind der Balkanzug und der Karpatenbogen strukturell zusammenhängende Teile der nördlichen alpinen Kettengebirge.[3] Strukturgeologisch als Carpatho-Balkan Arc bezeichnet,[4] nimmt dieser einen wesentlichen Teil der nördlichen zentralen und östlichen Balkanhalbinsel südlich der Donau ein.
Geologisch ist der Balkan durch einen zonalen Aufbau der Nord-Süd streichenden Gesteinsstrukturen bestimmt. Diese zonale Streichrichtung wird durch tektonische Rotationen im Norden und Süden aufgebrochen, die Kennzeichnen des geschwungenen Gebirgsbogen sind.
Gesteine des Proterozoikums bis zum Quartär bauen den Gebirgszug auf. Dies sind überwiegend saure metamorphe Tiefengesteine (Orthogneise) der Sredna Gora. Vielfach eingestreut finden sich Kalksteine und zu einem kleineren Anteil Dolomite des Jura und der unteren Kreide. Die Mächtigkeit dieser Sedimente kann dabei auch über 1000 m betragen. Kalksteine aus dem Trias sind dagegen seltener. Sie finden sich an der Decke permischer Sandsteine im Westbalkan und in der östlichen Stara Planina.
Relief
Das Relief des Balkansgebirges wird insbesondere in der Stara Planina, sowie auf der Südseite des Zentralen Balkan durch einen abrupten Anstieg, auf der Nordseite aber durch einen allmählichen Übergang aus der lößbedeckten Donautiefebene bestimmt.[5] Auf der Nordseite nimmt das zertalte hügeligen Vorgebirge des Balkans Höhen zwischen 250 und 600 m ein. Dagegen dachen sich die schroffen Abhänge der Südseite zur zentralbalkanischen Ebene Bulgariens übergangslos ab.
Im Östlichen Balkan nehmen die Höhen ab und das Gebirge löst sich in einige parallel laufende Ketten auf (Kotlenska, Warbischka, Kamtschijska planina im Norden, Sliwenska, Stidowska, Karnobatska, Eminska planina in der Mitte, Grebenez, Tersijski bair, Chisar, Ajtoska planina im Süden). Die mittlere Kammlinie bleibt zumeist unter der Waldgrenze (1900 m), aber auch die darüber hinausragenden Gebirgsteile sind breitflächig, von Almen bedeckt. Zwischen den östlich parallel verlaufenden Ketten gibt es Längstäler, deren umfangreichstes vom Fluss Luda Kamtschija durchflossen wird.[2]
Die Beckenlandschaft im Süden
Nach Süden fällt die Balkanhauptkette steil zu den Becken des Subbalkan ab, die bereits einer anderen Großlandschaft angehören, der sogenannten Berg-Becken-Übergangszone (bulgarischПреходна блоково-разломна планинско-котловинна областPrehodna blokovo-razlomna planinsko-kotlovinna oblast). Diese grabenartigen Senken folgen von Westen nach Osten aufeinander, ihre Nordgrenze ist eine mächtige Bruchlinie. Die wichtigsten unter ihnen sind
die Slatiza-Ebene mit den Orten Slatiza und Pirdop, die vom Topolniza-Fluss durchflossen wird,
das Karlowo-Ebene mit dem Ort Karlowo und der Strjama als Hauptfluss,
Die Karlowo-Ebene und der Kasanlak-Talkessel werden auch zum sogenannten Rosental zusammengefasst.
Weniger stark ausgeprägt ist der Beckencharakter des Sliwensko pole, das auch von der Tundscha und in seinem Ostteil von der Motschuriza durchflossen wird und im Norden vor allem von den Bergmassiven des Balkangebirges Grebenez und Terzijski bair, im Süden dagegen von den östlichen Ausläufern der Sarnena gora und der Hügelkette der Bakadschizi begrenzt ist.[2]
Die Zone der Subbalkan-Becken wird im Süden vom Sredna Gora (auch Srednogorie, dt. Mittelgebirge) begrenzt, mit dem sie die Sredna gora-Podbalkan-Übergangszone (bulg. Средногорско-Подбалканска подобласт/Srednogorsko-Podbalkanska podoblast) bilden.[2]
Die Schafzucht in der Stara Planina, die auf autochthonen Zackel-Schaftypen, insbesondere den weißen Piroter- (Pirotska pramenka) und dunklen Karakatschaner Schafen (Karakačanska ovca), deren Wolle aus langen, elastischen Fasern von 30–40 μm Durchmesser gebildet wird, stellte die Grundlage der historisch überkommenen Kelim-Weberei in den Herstellungsorten der Piroter- und Tschiprowzier Kelime. Mit der Wollproduktion entwickelten sich in der Stara Planina auch die historischen Produktionszentren der von orthodoxen Slawen gepflegten Şarköy-Webereien im westlichen Bulgarien.
Dem Erhalt der traditionellen autochthonen Schafzucht gilt heute ein verstärktes Augenmerk, da sie auch weiterhin Basis für die heutige Kelim-Produktion in der Stara Planina geblieben ist.[6] Von der ehemals bedeutenden Herdenviehhaltung blieben auf der serbischen Seite bis 2009 aber nur noch etwa 500–1000 Piroter- sowie 100 Karakatschaner Schafe übrig.[7]
Die Schafzucht der Stara Planina ging dabei ursprünglich auf die Bedürfnisse der Käseproduktion zurück, von denen der hier hergestellte Kačkavlj Anfang des 19. Jahrhunderts von nomadischen Karakačanen in der Stara planina eingeführt wurde. Neben der Wolle für die Kelim-Webereien war der Hartkäse wichtigstes Handelsgut in den Wirtschaftsbeziehungen Pirots, Caribrods und Tschiprowitzs im osmanischen Reich.[8]
Projekte zum Erhalt der autochthonen Haustier-Rassen der Stara Planina werden zurzeit auch im Aufbau von organisch geführten landwirtschaftlichen Betrieben unternommen.[9]
↑ abcdePeter Soustal: Thrakien (Thrake, Rhodope und Haimimontos).Tabula Imperii Byzantini Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1991, ISBN 3-7001-1898-8, S. 53–55.
↑Valentin Burtmann: Origin of structural arcs in the Carpathian-Balkan Region. In: Tectonophysics. vol. 127, 1986, S. 245–260, Amsterdam geo.edu.ro (Memento vom 1. Februar 2012 im Internet Archive) (PDF; 1,2 MB)
↑Milena Zlokolica-Mandic: Structural-Tectonic Elements as a Factor in Cave Development. In: Speleological Atlas of Serbia. SANU (Serbische Akademie der Wissenschaften), Belgrad. sanu.ac.rs (Memento vom 27. Juli 2011 im Internet Archive)
↑M. Ostojić, V. Lazarević, R. Relić: Autohotni pirotski kačkavalj. In: Radovi sa XXV savetovanja agronoma, veterinara i tehnologa. Vol. 17. br. 3-4, S. 79–84. pkbae.rs (Memento des Originals vom 18. Mai 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pkbae.rs (PDF; 4,5 MB)