Franz Kruckenberg entstammt einer alten Kaufmannsfamilie aus Uetersen bei Hamburg. Er studierte Schiffbau an der technischen Hochschule in Danzig. Als frisch diplomierter Schiffbauingenieur begann er Anfang Juli 1909 seine Karriere bei Heinrich Lanz in Mannheim. Unter der Führung seines ehemaligen Professors Johann Schütte hatte er wesentlichen Anteil an der Konstruktion der Luftschiffe bei der Luftschiffbau Schütte-Lanz OHG. Hierbei zählt das 1914 gebaute Luftschiff S.L. II zu seinen wegweisenden aerodynamischen Kreationen, die im Verlauf des Ersten Weltkrieges auch das Design der Zeppelin-Luftschiffe beeinflussten.
Dennoch kritisierte er die Luftschiffe wegen ihrer explosiven Gasfüllung und die zivilwirtschaftliche Verwendung von Flugzeugen wegen ihrer hohen Betriebskosten.
1922 verließ Franz Kruckenberg die aufgrund des Versailler Vertrages geschwächte Fa. Schütte-Lanz in Brühl bei Mannheim und eröffnete ein Ingenieurbüro mit sechs Ingenieuren in seiner Villa Unter der Schanz 1 in Heidelberg. Zunächst entwarf er eine Art Hänge-Schwebebahn, konnte aber nicht das Kapital für einen Prototyp aufbringen.
1928 patentierte Kruckenberg gemeinsam mit Curt Stedefeld ein „Standschnellbahnfahrzeug mit quer schwenkbar auf dem Laufwerk ruhendem Wagenkörper“[1] als erste (nicht realisierte) Konzeption einer aktiven Neigetechnik.
Am 9. und 10. Mai 1931 wurden erstmals längere Betriebsstrecken der Reichsbahn befahren (Reichsbahnausbesserungswerk Leinhausen–Hannover–Plockhorst–Lehrte). Mitglieder der Reichsbahndirektion Hannover, unter ihnen Vizepräsident Fritsche, beobachteten in der Nähe von Lehrte die Testfahrt, bei der sich Franz Kruckenberg mit seinen Mitarbeitern im Propellerwagen befand. Das Fahrzeug erreichte nach einer Minute 110 km/h und nach zwei Minuten 150 km/h. Bei der ersten Fahrt wurden nach sechs Minuten 170 km/h, bei der zweiten sogar eine Höchstgeschwindigkeit von 205 km/h erreicht. Dies war eine bis dahin bei der Reichsbahn unerreichte Geschwindigkeit (die doppelte damaliger Schnellzüge), weshalb alle erdenklichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden; u. a. waren sämtliche Bahnübergänge geschlossen.[2]
Am 21. Juni 1931 hatte das mit Curt Stedefeld konstruierte Schienenfahrzeug seine Jungfernfahrt auf der Berlin-Hamburger Bahnstrecke zwischen Ludwigslust und Wittenberge. Dieser Schienentriebwagen war ein zweiachsiger aerodynamischer Wagen in Leichtbauweise mit Luftschraubenantrieb. Bei dieser Fahrt stellte das Fahrzeug mit 230,2 km/h einen Geschwindigkeitsweltrekord auf, der 24 Jahre lang Bestand hatte.[3]
Mit dem Schienenzeppelin entwickelte der Ingenieur ein für die damalige Zeit revolutionäres Fahrzeug. Seine Idee des strömungsgünstigen Profils beeinflusst bis heute die Bauweise von Schnelltriebwagen.
Der Spielzeughersteller Matador brachte im Jahre 1932 eine Anleitung heraus, mit der man ein Modell des Schienenzeppelin aus den Holzbausteinen dieser Firma bauen konnte.[4]
Am 23. Juni 1937 beantragte Kruckenberg die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 4.386.725).[5][6]
Nach dem Schienenzeppelin entwickelte Kruckenberg mit Stedefeld den ebenfalls wegweisenden SVT 137 155. Dieser Prototyp eines dreiteiligen Triebzuges zeichnete sich durch einen Triebkopf und einen diesel-hydraulischen Antrieb aus. Bei einer Versuchsfahrt am 23. Juni 1939 erreichte der Zug auf der Strecke Hamburg–Berlin einen neuen Geschwindigkeitsrekord von 215 km/h. Die Konstruktion führte nach dem Krieg zu den DB-Baureihen VT 105 („Senator“ und „Komet“) und VT 115 („TEE“) und in der DDR zur DR-Baureihe VT 1816.
1949 prüfte das Karlsruher Institut für Eisenbahn- und Straßenwesen Kruckenbergs Konzept eines Schwebezeppelins, das die Verbindung aller größeren europäischen Städte durch eine Schwebebahn mit Propellerantrieb vorsah. Die Wagen sollten ein Fassungsvermögen von 80 Personen haben und eine Geschwindigkeit von 300 km/h erreichen.[7]
1963 legte er ein Konzept für eine Schnellbahn Frankfurt–Köln vor, die rechtsrheinisch und weitgehend angelehnt an Autobahn sowie Flughäfen einbeziehend verlaufen sollte.[8]
Franz Kruckenberg verstarb 82-jährig 1965 in Heidelberg. Sein Grab auf dem Heidelberger Bergfriedhof ist seit Mitte der 1980er Jahre nicht mehr erhalten.
1975: Die ehemalige Straße 422 in Berlin-Mariendorf wird in Kruckenbergstraße umbenannt.
20??: Im Stadtteil Rohrbach wird im Rahmen einer Konversion eines ehemaligen Fabrikgeländes eine Straße neu angelegt, die Franz Kruckenberg gewidmet ist und deshalb seinen Namen trägt.
Werke
Franz Kruckenberg: Fernschnellverkehr und Verkehrshaus. Heidelberg 1959
Literatur
Alfred Gottwaldt: Der Schienenzeppelin. Franz Kruckenberg und die Reichsbahn-Schnelltriebwagen der Vorkriegszeit 1929–1939. Freiburg 2006, ISBN 978-3-88255-134-1.
Hans-Erhard Lessing: Franz Kruckenberg in Heidelberg – Verkehrsplaner kontra Reichsbahn. In Peter Blum (Hrsg.): Pioniere aus Technik und Wirtschaft in Heidelberg. Aachen 2000.
Julian Landmann: Kruckenberg, Franz. In: Das Uetersen-Lexikon. Schmidt & Klaunig, Kiel 2012, ISBN 978-3-88312-421-6, S. 68–71
↑Patent DE609415C: Standschnellbahnfahrzeug mit quer schwenkbar auf dem Laufwerk ruhendem Wagenkörper. Angemeldet am 9. September 1928, veröffentlicht am 14. Februar 1935, Erfinder: Franz Kruckenberg, Curt Stedefeld.
↑Der Propellerwagen. In: Salzburger Chronik für Stadt und Land / Salzburger Chronik / Salzburger Chronik. Tagblatt mit der illustrierten Beilage „Die Woche im Bild“ / Die Woche im Bild. Illustrierte Unterhaltungs-Beilage der „Salzburger Chronik“ / Salzburger Chronik. Tagblatt mit der illustrierten Beilage „Oesterreichische/Österreichische Woche“ / Österreichische Woche / Salzburger Zeitung. Tagblatt mit der illustrierten Beilage „Österreichische Woche“ / Salzburger Zeitung, 12. Mai 1931, S. 3 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/sch
↑Horst Weigelt: Zur Geschichte des Schnellverkehrs auf deutschen Eisenbahnen. In: Theo Rahn, Hubert Hochbruck, Friedrich W. Möller (Hrsg.): ICE – Zug der Zukunft. Hestra-Verlag, Darmstadt 1991, S. 16–34.