Franz Xaver Reich war der Sohn des OberlehrersLucian Reich und dessen Ehefrau Maria Josepha Schelble,[1] einer Schwester des Dirigenten Johann Nepomuk Schelble. Er hatte einen jüngeren Bruder, namens Lucian, der ebenfalls als Künstler tätig war. Elisabeth (1819–1871),[2] eine Schwester der beiden, heiratete den Litho- und Fotografen Johann Nepomuk Heinemann.[3]
Nach initialer Förderung durch seinen Vater kam Franz Xaver Reich 1832 auf Empfehlung seines Onkels Schelble an das Städelsche Institut in die Bildhauerklasse von Johann Nepomuk Zwerger. Neben dessen Gunst erwarb er auch bald die von Direktor Philipp Veit und des Professors Friedrich Maximilian Hessemer. Durch seinen Onkel verbesserte er sein Klavierspiel und wurde Mitglied in dessen Cäcilienverein. Sein erstes selbständiges Werk war eine Beethoven-Büste nach einem Stich, deren Kopien längere Zeit von der Gipsgießerei Karl Banni vertrieben wurden.
Nachdem er den österreichischen Bildhauer Ludwig Schaller während einer Münchenreise kennengelernt hatte, lud ihn dieser 1835 in sein dortiges Atelier ein, um dort eine von ihm modelliertes Holbein-Relief für die Alte Pinakothek auszuführen. Da Schaller zwei Holbein-Reliefs entwarf, handelt es sich dabei entweder um die Darstellung von Hans Holbein dem Jüngeren mit der Familie des Thomas Morus oder jene, die ihn beim Malen von Anne Boleyn zeigt.[4]
Im folgenden Jahr kehrte er in sein Elternhaus zurück, nachdem er weitere Arbeiten bei Schaller erledigt hatte. Wilhelm August Rehmann, Leibarzt von Fürst Karl Egon II. zu Fürstenberg veranlasste, dass Reich dort eine Skizze modellieren konnte, welche die Donau mit ihren Zuflüsse Brigach und Breg zeigte. Karl Egon II. war vom Ergebnis begeistert und beauftragte Reich damit, das Modell 1837 in München im großen Maßstab herzustellen. Im Schloss Hüfingen erhielt er von seinem Mäzen dann ein Atelier geräumt, um die Gruppe in Sandstein auszuführen. Dabei wurde der junge Künstler lediglich von einem Punkteur unterstützt, der eigens dafür geschult worden war. Die Sandsteingruppe wurde auf der „großen Insel im Schwanenweiher“ (heute: Pfaueninsel) im Schlosspark von Donaueschingen aufgestellt und von 1840 für mehr als zwei Jahrzehnte über einen Wasserturm mit Pumpwerk versorgt. Danach wurde die Wasserversorgung über das Kraftwerk der Brauerei bewerkstelligt.[5]
Franz Xaver Reich beteiligte sich am Wettbewerb für die Kolossalgruppe Handel und Schifffahrt für Portal des Zollgebäudes (1836–1839) von Heinrich Hübsch[6] am Mannheimer Freihafen. Obwohl der Mainzer Bildhauer Franz Joseph Scholl den Wettbewerb gewann[7] wurde Hübsch auf Reich aufmerksam. Durch ihn erhielt er vom badischen Großherzog Leopold den Auftrag, die Gruppe für das Giebelfeld der Trinkhalle Baden-Baden auszuführen, die Hübsch von 1839 bis 1842 errichtete.
Durch ein Stipendium von Karl Egon II. wurde es Reich möglich, sich für einen zweijährigen Italienaufenthalt nach Rom zu begeben (1842/43).[8] Dort freundete er sich mit dem aus Karlsruhe stammenden Bildhauer Christian Lotsch (1790–1873) an, der seit 1822 in Rom ansässig war.
Am 28. August 1843 heiratete Reich in Donaueschingen Josephine Elsässer (* 20. April 1823),[9] deren Schwester Amalia (* 31. Dezember 1810) bereits im Jahr 1832 den Apotheker und Politiker Ludwig Kirsner geheiratet hatte.[10] Im folgenden Jahr kam in Karlsruhe Reichs Sohn Berthold Lucian Joseph (1844–1925) zur Welt,[11][12] der später den Ölberg in der Pfarrkirche von Donaueschingen schaffen sollte.
Für die 1846 eröffnete Kunsthalle Karlsruhe schuf Reich die überlebensgroßen Allegorien der Malerei und Bildhauerei und erhielt zudem die Gelegenheit, mit Reliefs Zweck und Bestimmung des Bauwerks nach eigenen Ideen zu gestalten. Zudem lieferte er das Modell für das Denkmal von Ludwig Georg von Winter, das 1853 gegossen und 1855 mit einem Sockel von Friedrich Theodor Fischer enthüllt wurde.[13]
Das von Leopold beauftragte und 1848 aufgestellte Denkmal für die 63 Todesopfer, die beim Brand des Karlsruher Hoftheaters am 28. Februar 1847 ums Leben gekommen waren, war der vorerst letzte Auftrag Reichs in Karlsruhe; er kehrte nach Hüfingen heim.
Im gleichen Jahr kam seine Tochter Maria Josefa Amalie (* 1848) zur Welt.[14] Ihr folgten später Amalia Maria Anastasia (* 1850),[15] Clara Mathilde (* 1852),[16] Karl Guido (* 1858)[17] und Amalie Christine (* 1860).[18]
In Hüfingen erweiterte er die Ziegelei, die er von seinem Vater übernommen hatte, um die Produktion von Terrakotten. Dort schuf er den plastischen Schmuck für das Hoftheater Karlsruhe und den Fries für die fürstliche Gewehrkammer in Donaueschingen sowie die Medaillons am Sammlungsgebäude gegenüber. Im Auftrag des Erzbischöflichen Baumeisters Lukas Engesser fertigte er zusätzliche Werke für badische Kirchen.
Daneben schuf er in seiner Werkstatt weitere Werke aus Sandstein, darunter Vier Jahreszeiten auf den stadtwärts gerichteten Eingangsportalen der Orangerie in Karlsruhe.
Sein letztes erhaltenes Werk waren die Statuette zu einer Schlittschuhläuferin in moderner Tracht sowie eine Skizze zu einer Grablegung Christi. Er starb am 8. Oktober 1881 in Hüfingen.
Entwurf für den Guss des Denkmals für die 1861 verstorbene Gemahlin von Karl Egon III., das das Lessing-Denkmal ersetzte, das bis dahin der Insel ihren Namen gegeben hatte (Lessinginsel) und sich nun auf dem Prinz-Egon-Platz befindet[22]
Konstanz
Rheinbrücke, 1936 beim Umbau der Brücke an den Rheinsteig in Konstanz versetzt
Joseph Sauer bezeichnete Reichs Schaffen im Vergleich zu dem von Karl Steinhäuser als „ähnlich fruchtbar, aber von weniger hohem Niveau“. Dem Freiburger Josef Alois Knittel hingegen attestiert er den „gleichen Stilgeist als Kirchenbildhauer“. Über die von Lukas Engesser geschätzten Terrakotta-Arbeiten Reichs für Kirchen resümiert er:
„Bekunden diese Arbeiten auch zumeist einen etwas unpersönlichen konventionellen Stil ohne die starke Kraft eines persönlichen Temperamentes, so sind sie doch charakteristische Schöpfungen ihrer Zeit, voll schlichter, warmherziger Religiosität, korrekt und anmutig im Formalen.“
↑Einzelheiten zu Franz Xaver Reich. In: Deutschland Geburten und Taufen 1558–1898. FamilySearch.org, abgerufen am 7. November 2015 (FHL-Microfilm 890,557).
↑Einzelheiten zu Elisabeth Reich. In: Deutschland Geburten und Taufen 1558–1898. FamilySearch.org, abgerufen am 7. November 2015 (FHL-Microfilm 1,184,323).
↑Albert Köbele: Sippenbuch der Stadt Hüfingen. Landkreis Donaueschingen in Baden (= Deutsche Ortssippenbücher. Band30; = Badische Ortssippenbücher.Band12). Selbstverlag des Verfassers, Grafenhausen bei Lahr in Baden 1962, Nr. 1701, S.228.
↑ abRudolph Marggraff: Verzeichniss der Gemälde in der älteren königlichen Pinakothek zu München, Finsterlin, München 1865, S. 21, Volltext in der Google-Buchsuche
↑O. Berndt: Die Gartenanlagen zu Donaueschingen, Wartenberg und Neidingen. Ihre Entstehung und Entwickelung. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar und der angrenzenden Landesteile in Donaueschingen. 12. Heft, Laupp, Tübingen 1909, S. 32 ff., (Digitalisat) (Memento des Originals vom 7. Februar 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/baarverein.de
↑Heinrich Hübsch: Bauwerke. Zweites Heft. Veith, Karlsruhe und Baden 1838, S. 63.
↑Gabriele Brugger: Schlichte Baarkinder. Lucian Reichs Wirklichkeiten. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar. Band 41, 1998, S. 10 (Digitalisat)
↑Xaver Reich and Josephine Elsaesser. In: Deutschland Heiraten, 1558–1929. FamilySearch.org, abgerufen am 7. November 2015 (FHL-Microfilm 890,576.).
↑Albert Köbele: Sippenbuch der Stadt Hüfingen. Landkreis Donaueschingen in Baden (= Deutsche Ortssippenbücher. Band30; = Badische Ortssippenbücher.Band12). Selbstverlag des Verfassers, Grafenhausen bei Lahr in Baden 1962, Nr. 8224, S.652.
↑Diverse. In: Heinz Schmitt (Hrsg.): Denkmäler, Brunnen und Freiplastiken in Karlsruhe 1715–1945 (= Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs. Band7). 2. Auflage. Karlsruhe 1989, ISBN 3-7617-0264-7, S.231ff. (686 S.).
↑Albert Köbele: Sippenbuch der Stadt Hüfingen. Landkreis Donaueschingen in Baden (= Deutsche Ortssippenbücher. Band30; Badische Ortssippenbücher.Band12). Selbstverlag des Verfassers, Grafenhausen bei Lahr in Baden 1962, Nr. 3229, S.374.
↑ abcdefghJosef Sauer: Die kirchliche Kunst der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Baden (Schluss), Freiburger Diözesan-Archiv 59. Herder, Freiburg im Breisgau 1931, S. 218 ff. (Digitalisat)
↑Helma Angst: Die F. F. Anlagen und Gärten aus Sicht der Denkmalpflege. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar. Band 47, Selbstverlag, Donaueschingen 2004, S. 25 f. ISSN0340-4765, (Digitalisat) (Memento des Originals vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/baarverein.de
↑Die Residenzstadt Karlsruhe. Ihre Geschichte und Beschreibung. Festgabe der Stadt zur 34. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. C.F. Müller, Karlsruhe 1858, S. 246. Volltext in der Google-Buchsuche
↑Helma Angst: Die F. F. Anlagen und Gärten aus Sicht der Denkmalpflege. In: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar. Band 47, Selbstverlag, Donaueschingen 2004, S. 14, ISSN0340-4765, (Digitalisat) (Memento des Originals vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/baarverein.de
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