Gallmannsweil liegt im Nordosten des Hegaus, am Übergang zur Schwäbischen Alb, etwa zwei Kilometer nordwestlich der Mühlinger Ortsmitte, auf einer Höhe von bis zu 677,6 m ü. NHN.[1] Früher, im ausgehenden Mittelalter, wurde diese Landschaft nördlich von Stockach als das „Madach“ bezeichnet.
Die Grenze zum Landkreis Tuttlingen ist heute gleichzeitig die Kreisgrenze und war früher die Landesgrenze zwischen Baden und Hohenzollern. Rund 40 Grenzsteine im Bereich des Schindelwaldes bezeugen noch heute den Grenzverlauf.
In Gallmannsweil sind die vier Biotope „Gehölze und Magerrasen in Kiesgrube westlich Gallmannsweil“ (12.786 m²; Biotopnummer 180193350064), „Feldgehölz südwestlich Gallmannsweil“ (3.017 m²; 180193350069), „Verlandungsvegetation südlich Gallmannsweil“ (1.110 m²; 180193350068) und „Naturnaher Bachlauf Erlenbach“ (567 m²; 180203350100) ausgewiesen.[4]
Geschichte
Gallmannsweil ist wohl eine Rodungssiedlung des 9./10. Jahrhunderts. Erstmals wurde es 1346 in einer Urkunde erwähnt: Am Samstag vor Sankt Thomas des Apostels Tag, der vor Weihnachten kommt (16. Dezember), verkaufte Eberhard von Schwandorf die Mannlehenschaft des Peterer Guts zu Garmanswiler – vom Personennamen Garaman oder Garman abgeleitet – und das Vogtrecht des Eggers Gut in Schwandorf für vier Pfund Pfennig Konstanzer Münz an die Brüder Bilgerin von Heudorf.[5]
„Anno 1499 wardt (…) Garmandschweiler von den Schweizern verbrandt, auff S. Urban und SS Trinitatis abend.“
– Ältester Eintrag des Mainwanger Pfarrers Christian Mayer zu den Kämpfen zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft und dem Schwäbischen Bund im Seelenbuch der Pfarrei Mainwangen von 1663.
Zunächst gehörte der Ort den Grafen von Nellenburg und wurde von diesen später an adelige Dienstmannen als Lehen ausgegeben. Vom 14. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts war Gallmannsweil als Teil der Herrschaft Waldsberg eine Besitzung des Rittergeschlechtes derer von Heudorf und kam 1656 an das Fürstenhaus Fürstenberg. Danach wurde die Herrschaft Waldsberg mit Gallmannsweil, Krumbach, Bietingen, Hölzle, Boll-Ilgental und einigen Höfen der Herrschaft Meßkirch eingegliedert. Die Mediatisierung aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses führte 1806 zur Zugehörigkeit zum Großherzogtum Baden, wo der Ort zunächst zum Bezirksamt Meßkirch gehörte. 1843 kam der Ort zum Bezirksamt Stockach, das 1939 in Landkreis Stockach umbenannt wurde.
Am 26. März 1972 gaben von 148 Stimmberechtigten 108 Gallmannsweiler Bürger ihre Stimmen ab: 9 stimmten für, 99 gegen eine Einheitsgemeinde mit Mühlingen.[6]
Am 20. Juli 1973 stimmte der Gallmannsweiler Gemeinderat mit 5:1 Stimmen bei einer Enthaltung dem Zusammenschluss mit Mühlingen, Mainwangen und Schwackenreute zu, zum 1. Januar 1974 erfolgte die Eingemeindung zu Mühlingen.[7]
Name
Der Name Gallmannsweil wird als Dorf des Garman gedeutet. Im Laufe der Jahrhunderte sind folgende Schreibweisen belegt: Garmannswiler (1346), Garmandschweiler (1663), Gallmansweijler (1765) und Galmanschweil/er (1765).
Am 1. April 1954 wurde das Jahresgehalt des Bürgermeisters auf 650 DM erhöht. Am 18. Januar 1970 beschloss der Gallmannsweiler Gemeinderat die Erhöhung der Besoldung des ehrenamtlichen Bürgermeisters auf den Höchstsatz von 355 DM. Der Beschluss war erforderlich, damit der Bürgermeister sozialversichert werden konnte.[21]
Seit der Wende zum 20. Jahrhundert gab es im Dorf einen Konsum- und Bauernverein sowie die Gallmannsweiler Zuchtgenossenschaft, ab den 1920er Jahren bis 1934 eine Milchgenossenschaft.
1945 führte die französische Besatzungsmacht eine erste Bodennutzungserhebung durch: Die 311 Hektar (ha) 56 Ar (a) umfassende Wirtschaftsfläche Gallmannsweils war damals unter anderem in 140 ha Acker- (davon 65 ha Getreide) und 6 ha Gartenland mit Baumschulen und Obstplantagen, 119 ha Wiesen, 28 ha Forste und Holzungen, 4 ha Viehweiden sowie 2 ha Ödland und 3 ha Gebäude- und Hofflächen aufgeteilt.
Schon vor 1830 ist in Gallmannsweil ein Schulhaus belegt; 1882 erfolgten erste Umbauarbeiten.
Gallmannsweil, Hecheln, Hoppetenzell, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg beschlossen 1922 einen „Fortbildungsschulverband für Mädchen und Knaben“ zu gründen. Sitz der Schule und der Lehrerin war Zoznegg.
Das Gallmannsweiler Schulhaus wurde 1930 erneut umgebaut. 1945 besuchten 28 Schüler die Einrichtung mit geschlossenem Schulhof und freistehendem Abort. Im März 1953 genehmigte der Gemeinderat die Anschaffung von Nähkästen für den Handarbeits- sowie ein Reck und einen Barren für den Sportunterricht. Am 7./8. Dezember 1968 wurde das erneut umgebaute Schulhaus nach einjähriger Bauzeit festlich eingeweiht.
1969 fiel die Entscheidung für eine Gemeinschaftsschule mit den heutigen Ortsteilen in Mühlingen.
1862 wurden die Bewohner Gallmannsweils durch einen Privat- und den Gemeindebrunnen mit „sehr gutem Trinkwasser“ versorgt. Im Herbst 1901 wurde die Gallmannsweiler Wasserleitung mit 14 Hydranten hergestellt, unter anderem mit Hilfe von etwa zwanzig italienischen Erdarbeitern.[25]
Die Inbetriebnahme des auf 668 m ü. NHN am Rande des Schindelwalds liegenden Gerhardsbrunnens hatte für Gallmannsweil große Bedeutung. Nach ersten, bis zu 34 Meter tiefen Probebohrungen im Jahr 1964 und Pumpversuchen 1966 (max. tägliche Schüttung: 691.000 Liter) wurde 1972 die Satzung des Zweckverbandes „Wasserversorgung Gerhardsbrunnen“ veröffentlicht. Heute versorgt der Gebhardsbrunnen den Großteil der Gemeinde Mühlingen mit Trinkwasser.[26]
Energieversorgung
In den 1920er Jahren wurde Gallmannsweil in das Versorgungsnetz des Badenwerks – heute die EnBW – eingegliedert.
Im August 1958 bzw. Januar 1962 wurde mit der Badenwerk AG ein sogenannter B-Vertrag abgeschlossen, das heißt, dass die Gemeinde direkt vom Badenwerk beliefert wurde.[27]
Feuerwehr
In Gallmannsweil existierte schon lange vor der Gründung der Feuerwehr am 12. Februar 1951 eine Löschmannschaft. Das im Juni 2002 eingeweihte Feuerwehrhaus der heute zur Freiwilligen Feuerwehr Mühlingen gehörenden Abteilung Gallmannsweil befindet sich in der Garmannstraße und ist unter anderem mit einem Tragkraftspritzenfahrzeug mit Wasser (TSF-W, Typ „Iveco Daily“) ausgestattet.[28][29][30]
Einer der spektakulärsten und medienträchtigsten Einsätze der Gallmannsweiler Wehr fand am 28. Oktober 2014 statt: Bei einer durch Benzindämpfe hervorgerufenen Verpuffung in einem Bauwagen erlitten vier Jugendliche schwer(st)e Verbrennungen, drei von ihnen schwebten zeitweise in Lebensgefahr.[31][32][33]
Post
Vor 1900
Privatpersonen mussten vor 1821 ihre Post auf der Stockacher Postanstalt selbst abgeben. Dann entstand durch die Einrichtung einer Amtsbotenanstalt die Möglichkeit, dass Privatpersonen ihre Post einem Amtsboten übergeben konnten. Dieser brachte die Post anfangs zweimal, später dreimal wöchentlich zur Stockacher Postexpedition. In den 1850er Jahren wurde die Amtbotenanstalt aufgrund stetig zunehmendem Schriftverkehrs aufgehoben, ihre Dienste der Post übertragen und zum 1. Mai 1859 die Landpostanstalt ins Leben gerufen. Im Amtsbezirk Stockach wurden fünf Botenbezirke eingerichtet, von denen der Botenbezirk No. II von der Expedition in Eigeltingen besorgt wurde. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag machte sich der Bote von Liptingen auf die Runde über Schwandorf, Mainwangen und Mühlingen nach Gallmannsweil sowie über Schwandorf zurück nach Liptingen. Poststücke, die in die Gallmannsweiler Brieflade eingeworfen worden waren, wurden vor der Weiterleitung vom Postboten mit dem Uhrradstempel „17.“ versehen.[34]
1359 wurde erstmals eine Unserer Lieben Frau geweihte Kirche in Gallmannsweil genannt. Die Pfarrei Gallmannsweil bestand spätestens 1479, Filialen oder Kapellen gab es nicht. Wahrscheinlich erfolgte die Änderung des Patroziniums in St. Barbara erst 1740.
Der heutige spätgotische Kirchenbau stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert, der Turm reicht in seinem unteren Teil mindestens bis in das 13. Jahrhundert zurück. Er erhielt in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein neues Glockengeschoss mit gotischen Schallöffnungen sowie sein charakteristisches Satteldach mit den Staffelgiebeln.[36]
Am 28. November 1976 wurden von Dekan Erich Hunn zwei neue, bei Friedrich Wilhelm Schilling in Heidelberg gegossene Glocken geweiht.
1992 bis 2001 Hartwig-Michael Benz, Pfarrer der Gesamtgemeinde
Kriegerdenkmal
Durch Abstimmung unter den Bürgern – von 26 Bürgern waren 18 dafür – wurde am 22. Oktober 1954 bestimmt, dass das Kriegerdenkmal einen anderen Platz erhalten soll, und zwar auf dem freien Platz unterhalb der Kirche. Am 22. November 1987 wurde das wieder errichtete Denkmal durch Herrn Pfarrer Friedrich Dezenter eingeweiht.
Haus Kirchstraße 2
Das ehemalige Pfarrhaus gegenüber der Kirche St. Barbara, ein zweigeschossiger Sichtfachwerkbau mit Satteldach, ließ die Herrschaft Heudorf-Waldsberg 1534 erbauen. Sie legte großen Wert auf Qualität, weshalb das gesamte Gebälk, der Dachstuhl sowie das Fachwerkgefüge in Eichenholz ausgeführt wurden. Das sich heute in Privatbesitz befindende Gebäude mit rund 1500 Quadratmeter großem Garten und Backhaus wurde während der Barockzeit im 18. Jahrhundert, zum ausgehenden 19. Jahrhundert und in den 1960er Jahren erweitert bzw. umgebaut. Seit 2005 wurde das Haus grundlegend renoviert und steht seitdem unter Denkmalschutz.[37] Im Januar 2015 wurde das ehemalig Pfarrhaus von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg zum Denkmal des Monats gekürt.[38]
Flurkreuze
Mehrere Flurkreuze an exponierten Stellen, auf Anhöhen und an Weggabelungen in und um Gallmannsweil werden heute von der Denkmalpflege zu den Kleindenkmalen gezählt und stehen zum Teil unter Denkmalschutz.
↑Gemeindegebiet bei www.leograph-bw.de; abgerufen am 11. November 2018.
↑Matthias Geyer: Landschaft und Geologie um Mühlingen in Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg, Seiten 12 bis 17
↑Wolfgang Kramer: Ein kurzer Streifzug durch die 650-jährige Geschichte von Gallmannsweil in Festzeitschrift „650 Jahre Gallmannsweil, 14. bis 16. Juni 1997“, Seite 13
↑Heimatchronik. In: Hegau – Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee. Selbstverlag des Hegau-Geschichtsvereins Singen e. V. Jahrbuch 1992/93, S. 279.
↑Manfred Jüppner: Die Gemeindereform und die Entwicklung der modernen Gemeinde Mühlingen; Gallmannsweil stimmt schließlich dem Zusammenschluss zu in Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg, Seiten 246f
↑Regina Auer: Gallmannsweil – Die Bürgermeister. In: Wolfgang Kramer (Hrsg.): =Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg (= Hegau-Bibliothek. Band135). MARKORPLAN Agentur & Verlag, Singen (Hohentwiel) 2007, ISBN 978-3-933356-48-2, S.218.
↑Josef Renner: 650 Jahre Gallmannsweil - Chronik der Gemeinde. Druckerei Dambacher-Binding, Eigeltingen 1997.
↑Hildegard Bibby: An der Grenze von Bezirk und Land gelegen – Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg 1805–1947 in Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg, Seiten 92 bis 216
↑Heinrich Dorer in der Landesbibliographie Baden-Württemberg online; abgerufen am 24. April 2023.
↑Lehrer der Schule Gallmannsweil in Festzeitschrift „650 Jahre Gallmannsweil, 14. bis 16. Juni 1997“, Seite 11
↑Hildegard Bibby: An der Grenze von Bezirk und Land gelegen – Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg 1805–1947; Infrastruktur: Die Straßen und Wege sind bei uns nicht rühmlich in Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg, Seite 196
↑Manfred Jüppner und Josef Renner: 650 Jahre Gallmannsweil 14.-16. Juni 1997, Festschrift zum Gemeindejubiläum. Druckerei Riester, Mühlingen 1997, Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Gallmannsweil, S.53 bis 57.
↑Gemeinde Mühlingen (Hrsg.): 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mühlingen. Kreisfeuerwehrtag vom 07.07.-10.07.2017 in Mühlingen. Leo-Druck, Stockach 2017, Geschichte der Abteilung Gallmannsweil, S.43 bis 51.
↑Dr. Edwin Fecker: Der Landpostbezirk von Stockach im Rundschreiben Nr. 140 der „Arbeitsgemeinschaft Baden“ im Bund Deutscher Philatelisten e. V. (BDPh), Herbst 2004; Seite 1713ff
↑Franz Hofmann: Die Kirchen und Kapellen – Bau- und Kunstgeschichte in Mühlingen, eine gemeinsame Ortsgeschichte der Madachdörfer Gallmannsweil, Mainwangen, Mühlingen, Schwackenreute und Zoznegg, Seiten 118 bis 122
↑Claudia Ladwig:Wie Sylvia und Rolf Hummel aus einem 475 Jahre alten Pfarrhaus ein Schmuckstück machen in: Südkurier-online; abgerufen am 18. November 2018.
↑Denkmal des Monats der Denkmalstiftung Baden-Württemberg; abgerufen am 25. Januar 2019.