Julia von Heinz wuchs in Bonn auf. Nach einem Überfall von Neonazis auf ihre Geburtstagsfeier in den Bonner Rheinauen schloss sie sich 1991 als 15-Jährige antifaschistischen Initiativen an. Sie engagierte sich in der linken Szene, organisierte u. a. Demos und verfasste Flugblätter. Die Gewaltfrage war in ihrer antifaschistischen Initiative stets ein Thema, wobei von Heinz militante Aktionen zunehmend in Frage stellte. Nach einem Umzug nach Berlin Anfang der 2000er Jahre kam Julia von Heinz’ Engagement bei der Antifa zum Erliegen.[2]
Nach einem abgebrochenen zweisemestrigen Studium der Rechtswissenschaft absolvierte Julia von Heinz eine Ausbildung zur Mediengestalterin beim WDR in Köln. Das anschließende Studium im Fachbereich Audiovisuelle Medien an der TFH Berlin schloss sie 2005 als Diplomkamerafrau ab.[3] In ihrer Diplomarbeit Der verflixte zweite Film – Realisierungsaussichten von Debütfilmen im Vergleich zum Nachfolgeprojekt untersuchte sie den „Nachwuchshype“ in der deutschen Filmbranche. Bereits während ihrer Studienzeit realisierte sie mit den Kurzspielfilmen Dienstags (2001), Doris (2002) und Lucie und Vera (2003) erste Projekte, die alle mehrfach preisgekrönt wurden. Mit Vietcome – Vietgo (2001) und mit Lucie und Vera (2003) nahm sie an der Werkstatt für junge Filmer (heute Werkstatt der Jungen Filmszene) teil.
Von 2005 bis 2006 war Julia von Heinz künstlerische Mitarbeiterin von Rosa von Praunheim[2] an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg. Ihr Langfilmdebüt Was am Ende zählt feierte auf der Berlinale 2007 in der Reihe Perspektive deutsches Kino Premiere und wurde anschließend auf zahlreichen internationalen Festivals gezeigt und preisgekrönt. Das Jugenddrama erzählt die Geschichte der Ausreißerin Carla (Paula Kalenberg), die auf dem Weg zu einer Modeschule in Lyon mittellos in Berlin strandet, sich dort mit der toughen Lucie (Marie-Luise Schramm) anfreundet und in eine immer ausweglosere Situation gerät, als sie ungewollt schwanger wird. Unter anderem erhielt der Film den Deutschen Filmpreis in Gold als „Bester Jugendfilm“. Danach drehte Julia von Heinz den Dokumentarfilm Standesgemäß (2007/2008) über die alltäglichen Widrigkeiten im Leben adeliger Singlefrauen und erhielt dafür 2009 den Bayerischen Fernsehpreis Blauer Panther.
Zusammen mit den Regisseuren Tom Tykwer, Chris Kraus, Robert Thalheim und Axel Ranisch drehte Julia von Heinz den Dokumentarfilm Rosakinder (2012) über die Beziehung zu ihrem gemeinsamen „Filmvater“ und Mentor Rosa von Praunheim: „Rosa ist mein bester Freund und mein Mentor, er ist ein Prophet und er ist mein Vater, der mir immer wieder das Leben rettet. Ohne ihn wäre ich keine Regisseurin und immer sieht er mehr in mir als ich selbst, solange bis ich es auch glaube.“[4]
Ebenfalls im Jahr 2012 promovierte Julia von Heinz zum Dr. phil. über das Thema: Die freundliche Übernahme – Der Einfluss des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf den deutschen Kinofilm von 1950 bis 2012 (siehe Buchveröffentlichungen).[5]
2014 kam ihr Film Hannas Reise in Deutschland, Österreich und Israel ins Kino, nachdem er auf zahlreichen internationalen, vor allem jüdischen Filmfestivals gezeigt wurde. Er wurde von der iTunes-Redaktion zum besten deutschen Film des Jahres gewählt.
Von 2014 bis 2015 hatte sie eine Gastprofessur im Bereich Spielfilm an der Kunsthochschule für Medien Köln und von 2016 bis 2018 eine Gastprofessur für Spielfilmregie an der HFF München. Seit 2019 ist sie Honorarprofessorin an der HFF München.[6] 2020 übernahmen Julia von Heinz und Marcus H. Rosenmüller die Leitung des Studiengangs Regie Kino- und Fernsehfilm der HFF München als „Doppelspitze“ in Nachfolge von Andreas Gruber.[7]
Mehrfach preisgekrönt wurden ihre Fernsehfilme Katharina Luther und Tatort – Für immer und dich (2019), bei denen sie Regie führte. In der Missbrauchsgeschichte im Tatort – Für immer und dich um eine Jugendliche (dargestellt von Meira Durand), nach einem Drehbuch von Magnus Vattrodt, besetzte Julia von Heinz Nebenrollen, die eigentlich Männern zugedacht waren, mit Frauen. Das setzte auch andere Akzente bei der weiblichen Hauptfigur, die sich später selbst aus ihrer Abhängigkeit zu einem älteren Mann (Andreas Lust) befreien kann.[8]
Ihr Spielfilm Und morgen die ganze Welt mit Mala Emde wurde 2020 in den Wettbewerb um den Goldenen Löwen zu den 77. Internationalen Filmfestspielen von Venedig eingeladen.[9] Er war nominiert für den Deutschen Filmpreis 2021.[10] Die Geschichte ist von ihrer eigenen Jugend inspiriert, sei aber nicht streng autobiografisch.[2] Der Film sei der Grund gewesen, warum Julia von Heinz mit dem Filmemachen überhaupt angefangen habe. Frühere Filme wie Hanni & Nanni 2 und Ich bin dann mal weg bezeichnete sie als Auftragsarbeiten.[2]
Beim Filmfestival Hofer Filmtage wurde die Regisseurin 2021 mit dem Filmpreis der Stadt Hof geehrt; die Laudatio hielt der Filmemacher Rosa von Praunheim.[12]
Im Jahr 2022 entwickelte und drehte Julia von Heinz als Creator die High-End-Mini-Serie Eldorado Kadewe. Sie erhielt dafür den Blauen Panther für die Beste Regie.[13]
Julia von Heinz lebt mit ihrem Mann, dem Drehbuchautor und Produzenten John Quester und ihren drei gemeinsamen Kindern.[17][18] Die Familie von Heinz sind Nachfahren Wilhelm von Humboldts; der Zweig ihres Onkels lebt noch heute im Schloss Tegel.[19]
Julia von Heinz: Die freundliche Übernahme – Der Einfluss des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf den deutschen Kinofilm von 1950 bis 2012 (= Schriftenreihe zu Medienrecht, Medienproduktion und Medienökonomie. Band24). Nomos, Baden-Baden 2012, ISBN 978-3-8329-7507-4. Rezension von Hans Helmut Prinzler,[20] Rezension der Uni Marburg.[21]
Thomas Wiedemann: Die Logik des Filmemachens. Zwölf Interviews mit deutschen Filmregisseurinnen und -regisseuren. Herbert von Halem Verlag, Köln 2018, ISBN 978-3-86962-421-1.
Auszeichnungen
2001: „Silberner Clip“ 2. Preis beim Berliner Medienfestival für Dienstags
2001: Publikumspreis und 2. Preis beim Bundeswettbewerb Video der Generationen für Dienstags
↑Mitglieder. Deutsche Akademie der Darstellenden Künste, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. März 2019; abgerufen am 31. März 2019.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.darstellendekuenste.de
↑Katinka Klaas: Die freundliche Übernahme. Einfluss des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auf den deutschen Kinofilm von 1950 bis 2010. In: Philipps-Universität Marburg (Hrsg.): MEDIENwissenschaft. Jg. 2014, Nr.2/3. Universität, Redaktion Medienwissenschaft, Marburg 2014, S.251–252, doi:10.17192/ep2014.2/3.3009, urn:nbn:de:hebis:04-ep0002-2014-85-30091.