KetzertaufstreitDer Ketzertaufstreit des 3. und 4. Jahrhunderts war eine theologische Auseinandersetzung über die Gültigkeit der christlichen Taufe. AusgangssituationBis zur Mitte des 3. Jahrhunderts hatten sich in der frühen Christenheit zwei unterschiedliche Vorgehensweisen herausgebildet, mit Christen umzugehen, die in einer von der Großkirche getrennten Gemeinschaft (Häretiker) die Taufe empfangen hatten und sich später der Großkirche anschließen wollten:[1]
Zuspitzung Mitte des 3. JahrhundertsSchon 220 n. Chr. hatte ein Provinzkonzil in Karthago unter Bischof Agrippinus die Gültigkeit der Häretikertaufe abgelehnt.[1] Dabei war man dem Taufverständnis Tertullians gefolgt. Das blieb rund 30 Jahre unwidersprochen, aber als die Entscheidung 255 und 256 durch die Synoden von Iconium und Synnada bekräftigt wurde, kam es zum Konflikt. Hintergrund hierfür war die Christenverfolgung unter Kaiser Decius (250/51), in der viele christliche Kleriker zeitweilig abgefallen waren; diese lapsi und traditores wurden nun von vielen anderen als Häretiker betrachtet. Aufgrund ihrer mangelnden Standhaftigkeit seien die von ihnen gespendeten Sakramente unwirksam – auch rückwirkend. Der römische Bischof Stephan I. lehnte die Beschlüsse von Iconium und Synnada, sowie er davon erfuhr, in scharfer Form ab.[1] Er verbot den römischen Christen sogar, die nordafrikanische Delegation, die die Konzilsbeschlüsse überbrachte, gastfreundlich zu empfangen.[1] Dies wiederum führte zu scharfen Gegenreaktionen des Bischofs von Karthago, Cyprian von Karthago. Cyprian, der sich der decischen Verfolgung selbst durch Flucht entzogen hatte, deshalb kritisiert wurde und daher gegenüber seiner Gemeinde unmöglich das Gesicht verlieren durfte, argumentierte vor allem mit der Einheit der Kirche: Es gebe nur eine Kirche, nur einen Glauben, nur einen Heiligen Geist – und daher nur eine Taufe, die nur innerhalb der mit dem rechtmäßigen und würdigen Bischof verbundenen Gemeinde gültig gespendet werde.[1]
– Cyprian von Karthago: Brief 70,1[5] Unterstützung erhielt Cyprian durch Firmilian, den Bischof von Caesarea in Kappadokien (ep. 75 in den Briefen Cyprians); dieser wiederum wurde von Stephan I. exkommuniziert. Stephan I. versuchte, seine Position durchzusetzen, indem er sich darauf berief, als Nachfolger des Petrus eine Autorität über alle andern Kirchen auszuüben, was er mit dem Bibelwort Mt 16,18f. begründete. „Er hat energischen Widerspruch aus verschiedenen Teilkirchen bekommen, nirgends wurde seine Vorstellung anerkannt,“ so Norbert Brox.[6] Der Märtyrertod der Bischöfe Cyprian und Sixtus (Xystus) II., des Nachfolgers Stephans, in der valerianischen Verfolgung 258 kam einem Bruch zwischen nordafrikanischer und römischer Kirche, die ohnehin um den Vorrang in der lateinischen Christenheit konkurrierten, zuvor.[1] Theologische Klärung des StreitesDer Ketzertaufstreit zwischen den Nordafrikanern und der Kirche von Rom flammte nach dem Ende der diokletianischen Christenverfolgung nochmals auf und wurde aus Sicht der meisten Bischöfe durch die Synode von Arles (314 n. Chr.) beigelegt, die die Gültigkeit der Häretikertaufe anerkannte, aber den rechten Trinitätsglauben der Häretiker als Voraussetzung forderte. Der Ketzertaufstreit fand aber schon ab 313 eine Fortsetzung in den jahrzehntelangen Auseinandersetzungen der Donatisten mit der katholischen Kirche. Ausgehend von der nordafrikanischen theologischen Tradition vertraten die Donatisten einen extremen Sakramentensubjektivismus und argumentierten, selbst ein Bischof, bei dessen Weihe ein traditor anwesend gewesen sei, sei kein rechtmäßiger Kleriker. Diesmal führte der Streit, in den auch Konstantin der Große eingriff, tatsächlich zu einem Schisma, das bis ins 5. Jahrhundert andauerte.[7] Die Auseinandersetzungen des Kirchenlehrers Augustinus mit den Donatisten stellen auch eine entscheidende theologische Klärung des Ketzertaufstreites aus Sicht der Mehrheitskirche dar. Das IV. Laterankonzil (1215) und das Konzil von Trient folgten dieser Linie und bekräftigen die Gültigkeit der Taufe, die mit der rechten Taufformel, mit der rechten Materie (Wasser) und in rechter Absicht gespendet ist, unabhängig von der Person des Spenders.[8] Neben der Klärung der Sakramententheologie hat der Ketzertaufstreit auch beträchtliche Auswirkungen auf das Verständnis der Kirche, die Ekklesiologie. Die Positionen, die Cyprian von Karthago hinsichtlich der Einheit der Kirche im Ketzertaufstreit entwickelte, wurden einflussreich in der späteren Theologiegeschichte, während seine Position bzgl. der Gültigkeit der Häretikertaufe sich nicht durchsetzen konnte. Literatur
Einzelnachweise
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