Am 13. Mai 1913 wurde die Kraftwerk AG Köln gegründet, die das erste Kraftwerk Zukunft in Weisweiler baute. Am 1. Juli 1914 nahm der erste Bauabschnitt den Probebetrieb mit einer Leistung von 12 MW auf. Die regelmäßige Stromlieferung erfolgte ab 1. September des gleichen Jahres. Verstromt wurde Braunkohle aus dem Tagebau Zukunft.
Im Jahr 1937 wurde der 168 m hohe Kraftwerkschornstein Der lange Heinrich gebaut. Er entwickelte sich zu einem der Wahrzeichen Weisweilers. Nach der Stilllegung während des Zweiten Weltkrieges wurden die Arbeiten am 1. Juli 1947 wieder aufgenommen. Am 25. März 1975 wurde das RWE-Kraftwerk II stillgelegt und das Kraftwerk I ausgebaut. Am 28. Juni 1978 wurde der Lange Heinrich gesprengt.[3]
Die bis heute (Stand 2015) in Betrieb befindlichen vier Braunkohleblöcke verfügen zusammen über eine Nettoleistung von ca. 1.913 MW. Diese Blöcke, jeweils zwei mit einer Leistung von 321 MW (Blöcke E und F) und 635 MW (Blöcke G und H) entstanden zwischen 1955 und 1975. Im Jahr 2006 gingen zusätzlich zwei erdgasgefeuerteVorschaltgasturbinen (VGT) für die Blöcke G und H in Betrieb, welche deren Leistung um je 82 MW steigerten und selbst eine Leistung von je 190 MW besitzen. Die Gasturbinen wurden aufgrund geänderter Erlössituation 2013 dauerkonserviert und aus dem aktiven Betrieb genommen. Ende 2017 wurden die Gasturbinen wieder in Betrieb genommen.[4]
Die erste Braunkohle aus dem Tagebau Inden wurde am 8. Dezember 1982 verstromt. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurden alle Blöcke mit Rauchgasentschwefelungsanlagen ausgestattet und ihre Kessel mit dem Ziel der Entstickung umgebaut. Seit den 1990er Jahren wurde das Kraftwerk über weitere Maßnahmen wirtschaftlicher und umweltverträglicher gestaltet: Der Wirkungsgrad der Turbinen wurde verbessert, Fernwärme ausgekoppelt und der durch die Entschwefelung entstehende Gips aufgewertet. Dieser wird allerdings seit mehreren Jahren auf einer Deponie gelagert. Es werden keine Abnehmer mehr gefunden, weil dieser Gips dunkler ist als der aus anderen Kraftwerken. Es wird weniger Kalkwasser benötigt, um den Schwefel zu binden, da in der Indener Kohle weniger Schwefel enthalten ist als in den anderen Kohlen der Umgebung.
In den Jahren von 1995 bis 1997 wurde am Standort eine Müllverbrennungsanlage errichtet (im Luftbild das blaue Gebäude links unten). Am 17. Februar 2003 wurde dort der erste Müll aus dem Kreis Düren verbrannt. Die Anlage gehört allerdings nicht zu RWE.
Am 15. November 2017 wurde das Kraftwerk von Umweltaktivisten blockiert und musste heruntergefahren werden. RWE verklagte sechs Aktivisten auf zwei Millionen Euro Schadenersatz.[5]
Kraftwerksblöcke
Das Kraftwerk bestand ursprünglich aus acht Blöcken (2 × 100 MW, 2 × 150 MW, 2 × 300 MW und 2 × 600 MW nominal), die zwischen 1954 und 1975 errichtet wurden, mit einer Bruttoleistung von ca. 2.458 MW. Durch Stilllegungen und Erneuerungen sind heute nur noch die vier leistungsstärksten Blöcke in Betrieb; die Vorschaltgasturbinen sind zunächst bis 2019 konserviert und stehen momentan nur als Kaltreserve zur Verfügung.
Legende: () = Block nicht mehr in Betrieb, VGT = Vorschaltgasturbine mit Einbindung zur zweistufigen Speisewasservorwärmung in die jeweiligen Blöcke. Die Nettoleistung je GT beträgt 190 MW und zusätzlich 82 MW über die Dampfturbinen in den Braunkohleblöcken, durch Einsparung von Anzapfdampf für die bisherige Vorwärmanlage.
Der Netzanschluss der Blöcke F, G und H erfolgt über die Schaltanlage Oberzier auf der 380-kV-Höchstspannungsebene in das Stromnetz des Übertragungsnetzbetreibers Amprion. Der Netzanschluss des Blocks E, der Vorschaltgasturbinen der Blöcke G und H erfolgt über die Schaltanlage Zukunft auf der 110-kV-Hochspannungsebene in das Stromnetz der Westnetz.[6]
Die Blöcke C und D wurden Ende 2012 stillgelegt, Block E am 31. Dezember 2021.
Vom August bis Oktober 2014 gab es im Kreis Düren rund 70 Erkrankungs- und Verdachtsfälle von Legionellose[9] mit einem Todesfall.[10] 2014 wurde untersucht, ob die Erkrankungen durch das Kraftwerk verursacht wurden, jedoch konnte durch die Gesundheitsbehörden keine eindeutige Quelle identifiziert werden.[11][12] Eine Kühlwasserprobe von Block F wies bis zu 61.500 KBE pro 100 ml Wasser auf (der Richtwert liegt bei 1.000 KBE Legionellen).[13] Das Landesumweltministerium ordnete daraufhin eine landesweite Überprüfung aller Kühltürme an[14] und brachte im Oktober über den Bundesrat eine Gesetzesinitiative ein, dass Kühlanlagen regelmäßig auf Legionellen untersucht werden müssen.[15] Der Betreiber RWE und die Bezirksregierung Köln wurden zwischenzeitlich vom Landesumweltministerium angewiesen, die Legionellen-Belastungen im Kraftwerk zu reduzieren.[16] Der am stärksten kontaminierte Block F (300 MW) wurde noch im September vorübergehend vom Netz genommen. Die Bezirksregierung Köln forderte RWE am 28. Oktober zu einer Desinfektion auf, da die Verkeimung mit 25.000 KBE Legionellen je 100 mL das Scheitern der bisherigen Maßnahmen belegte.[17] Ende November 2014 wurde im Kühlsystem eine Belastung von 275.000 Legionellen-Kolonien pro 100 Milliliter nachgewiesen, ein gegenüber Oktober 2014 deutlich angestiegener Wert. Die danach durchgeführte chemische Reinigung des Kühlturms scheint keine Wirkung erzielt zu haben.[18] Das LANUV verbot daraufhin das Wiederhochfahren des am 28. November abgeschalteten Block F. Nach der Vorlage eines kurzfristigen Maßnahmenkonzepts zum Erreichen einer Belastung unter 50.000 KBE und langfristig 10.000 KBE wurde das Verbot aufgehoben[19] und der Block am 15. Dezember wieder hochgefahren.[20]
Außerdem stehen angesichts des Klimawandels die CO2-Emissionen in der Kritik. Braunkohlekraftwerke weisen die höchsten Kohlendioxidemissionen pro erzeugter Kilowattstunde auf, weswegen Umwelt- und Klimaschützer sie als besonders ineffizient und klimaschädlich kritisieren. Auf der im Jahr 2007 vom WWF herausgegebenen Liste der klimaschädlichsten Kraftwerke in der EU rangierte das Kraftwerk Weisweiler im Jahr 2006 auf Rang 6 in Europa und auf Rang 4 in Deutschland (1180 g CO2 pro Kilowattstunde), nach den Kraftwerken Niederaußem, Jänschwalde und Frimmersdorf. In absoluten Zahlen hatte das Kraftwerk Weisweiler im Jahre 2006 den sechsthöchsten Kohlendioxid-Ausstoß in Europa, nach dem Kraftwerk Bełchatów (Polen), den drei genannten Kraftwerken in Deutschland und dem Kraftwerk Drax in England.[24] Im Jahr 2007 war der Kohlendioxidausstoß des Kraftwerks Weisweiler laut BUND der dritthöchste der Kraftwerke in Deutschland.[25] 2013 war der Kohlendioxidausstoß pro MW der höchste in Europa.
Das Kraftwerk Weisweiler meldete folgende Emissionen im europäischen Schadstoffregister „PRTR“:
Emissionen des Kraftwerks Weisweiler laut PRTR[26]
Die Europäische Umweltagentur hat die Kosten der Umwelt- und Gesundheitsschäden der 28.000 größten Industrieanlagen in der Europa anhand der im PRTR gemeldeten Emissionsdaten mit den wissenschaftlichen Methoden der Europäischen Kommission abgeschätzt.[28] Danach verursacht das Kraftwerk Weisweiler (dort „Eschweiler“ genannt) die neunthöchsten Schadenskosten aller europäischen Industrieanlagen.[29]
↑D. Gärtner, T. Schlösser: 90 Jahre Braunkohlengewinnung westlich der Inde – zwischen Eschweiler und Jülich. In: Braunkohle – Surface Mining. Band52, Nr.3 (Mai/Juni). Trans Tech Publications, Clausthal-Zellerfeld, 2000, ISSN1431-2719, S.293.
↑PRTR-Verordnung 166/2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates