Laurence Olivier wurde als jüngstes von drei Kindern des anglikanischen Pfarrers Gerard Kerr Olivier (1869–1939) und seiner Frau Agnes Louise (1871–1920) geboren. Der streng religiös erzogene Junge besuchte die St. Edwards School in Oxford. Als er 17 Jahre alt war, entschied sein Vater, dass er eine Schauspielschule besuchen solle. 1926 trat er der Birmingham Repertory Company bei, bei der er mit der Zeit anspruchsvollere Rollen spielen konnte. 1930 heiratete er die Schauspielerin Jill Esmond. Im selben Jahr drehte er seinen ersten Film, The Temporary Widow, nach dem Theaterstück Hokuspokus von Curt Goetz. Schon bald erarbeitete er sich einen Ruf als exzellenter Darsteller, vor allem in Shakespeare-Stücken. Den endgültigen Durchbruch zum Theaterstar brachte ihm Romeo und Julia im Jahre 1935. Der Autor Charles Bennett schrieb über Oliviers Leistungen in Shakespeare-Stücken, dass seine Sprache so natürlich wirke, als ob er seine Sätze gerade erst denken würde.[1]
Laurence Olivier begann Ende der 1930er-Jahre eine Affäre mit der damals noch unbekannten Vivien Leigh. Nachdem sie ebenfalls berühmt geworden war, drehte er mehrere Filme mit ihr (darunter als Lord Nelson in Lord Nelsons letzte Liebe) und heiratete sie im August 1940. Seine Darstellung des hasserfüllten Liebhabers Heathcliff im Film Wuthering Heights (1939) nach Emily Brontës gleichnamigem Roman brachte Olivier seine erste Oscar-Nominierung ein. Durch Wuthering Heights wurde er auch in Hollywood schlagartig bekannt und war dort in der Folge meist in aufwendigen Filmen in „typisch britischen“ Rollen zu sehen. Weitere anspruchsvolle Liebhaberrollen in Literaturverfilmungen, darunter als aufbrausender Maxim de Winter in Alfred Hitchcocks Hollywood-Debüt Rebecca und als eitler Mr. Darcy in Robert Z. LeonardsStolz und Vorurteil, folgten. Olivier war bis zu seinem Lebensende einer der bekanntesten britischen Filmstars und wirkte in zahlreichen Filmklassikern mit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges ließ sich Olivier zum Piloten ausbilden, er kam aber nie zum Einsatz. 1944 war er Mitbegründer der neuen Old Vic Company, mit der er fünf erfolgreiche Spielzeiten am Old Vic Theatre absolvierte. So reüssierte er als Richard III.; als ein darstellerischer Höhepunkt wurde auch seine Verkörperung von Sophokles’ Ödipus und die des Mister Puff in Sheridans Komödie Der Kritiker an einem Theaterabend angesehen. Seine Liebe für Shakespeares Dramen brachte er als Schauspieler und Regisseur auch durch einige Filme zum Ausdruck, bei denen er zum Teil auch als Produzent fungierte: 1944 drehte er seinen ersten Shakespeare-Film, Heinrich V., es folgten die Verfilmungen Hamlet 1948 und Richard III. 1955. In allen diesen Filmen spielte er jeweils auch die Titelrolle und erhielt exzellente Kritiken.
Die Bühnenproduktion von Othello 1964 war 1965 auch als Film ein weiterer Erfolg. Olivier war einer der Mitbegründer des National Theatre und längere Zeit dessen Intendant. Ab 1967 litt er zunehmend unter gesundheitlichen Problemen, unter anderem erkrankte er an Dermatomyositis. Als Filmregisseur trat er mit Drei Schwestern nach Tschechow 1970 das letzte Mal in Erscheinung; seinen letzten Bühnenauftritt erlebte er im März 1974 als John Tagg in Trevor Griffiths’ The Party. Bis 1985 wirkte er in Filmen von unterschiedlicher Qualität mit, zumeist jedoch nur mehr in kürzeren Auftritten, da die Versicherungen ob seiner abnehmenden Gesundheit das Risiko einer größeren Rolle nicht mehr akzeptieren wollten. Oliviers deutscher Stammsprecher war Wilhelm Borchert, der zuweilen von Siegmar Schneider, Friedrich Schoenfelder und Siegfried Schürenberg vertreten wurde.[2] Fünfzehn Jahre nach seinem Tod wurden für den Film Sky Captain and the World of Tomorrow alte Aufnahmen von ihm digitalisiert, die für die Rolle des Doktor Totenkopf Verwendung fanden.
Während seiner langen Karriere war er insgesamt 11-mal für einen Oscar nominiert. 1947 wurde er zum Ritter (Knight Bachelor) geschlagen und am 5. März 1971 zum Life Peer als Baron Olivier, of Brighton in the County of Sussex, erhoben. Trotz all dieser Erfolge und auch nach seiner Erhebung in den Adelsstand bestand er darauf, schlicht als „Larry“ angesprochen zu werden. Nach ihm ist der alljährlich vergebene Laurence Olivier Award für Theater- und Musicalproduktionen im Londoner West End benannt.
Mit dem Baronstitel war ein Sitz im House of Lords verbunden, in das er am 24. März 1971 formell eingeführt wurde.[3] Im Hansard ist keine Parlamentsrede von ihm verzeichnet.[4]
Privatleben
Olivier war von 1930 bis 1940 in erster Ehe mit der Schauspielerin Jill Esmond verheiratet. Mit ihr hatte er einen Sohn namens Tarquin (Regisseur).
Schon 1938 begann er jedoch eine Beziehung mit der Schauspielerin Vivien Leigh, die seinetwegen ihren Ehemann verließ und ihn 1940 heiratete. Die Ehe hielt offiziell bis 1960.
In dritter Ehe war er ab 1961 mit der Schauspielerin Joan Plowright verheiratet, die er 1958 während der Dreharbeiten zu Der Komödiant kennengelernt hatte, in dem er die Titelrolle verkörperte und sie als seine Tochter auftrat. Miteinander hatten sie drei Kinder: Richard (Regisseur), Tamsin und Julie-Kate Olivier (beide Schauspielerinnen).
Laurence Olivier starb im Alter von 82 Jahren in seinem Haus an Nierenversagen. Nach der Einäscherung wurde seine Urne in der Poets’ Corner der LondonerWestminster Abbey beigesetzt – eine Ehre, die nur sehr wenigen Schauspielern zuteilwurde.[5][6]
Filmografie
Als Schauspieler
1930: Too Many Crooks (Kurzfilm)
1930: The Temporary Widow (engl. Vers. des dt. Films Hokuspokus)
1931: Friends and Lovers
1931: The Yellow Ticket
1931: Potiphar's Wife
1932: Westward Passage
1933: Perfect Understanding
1933: No Funny Business
1935: Moscow Nights
1936: Wie es Euch gefällt (As You Like It)
1936: The Conquest of the Air (Conquest of the Air)
1979: Ehrenpreis für „seine ausfüllende Arbeit, die einzigartigen Leistungen seiner ganzen Karriere und seinen Beitrag zur Kunstform des Films als Lebenswerk“
1949: Bodil in der Kategorie Bester europäischer Film für Hamlet
1949: Kinema-Jumpō-Preis in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film für Heinrich V.
1950: Italienischer Filmkritikerpreis der Filmfestspiele von Venedig für Hamlet
1950: Nastro d’Argento des Italienischen Nationalverbands der Filmjournalisten in der Kategorie Bester Regisseur eines ausländischen Films für Heinrich V.
1956: Internationaler Preis der Berlinale für Richard III.
1957: Jussi in der Kategorie Bester ausländischer Schauspieler für Richard III.
Laurence Olivier: Confessions of an Actor. Simon & Schuster 1982, ISBN 0-671-41701-0. / deutsch: Bekenntnisse eines Schauspielers aus d. Engl. von Gerhard Beckmann u. Irene Rumler (Anh.). Bertelsmann, München 1985, ISBN 3-570-00896-7.
Robert L. Daniels: Laurence Olivier : Cinema and Theatre. A.S. Barnes/Tantivy Press, 1980, ISBN 0-498-02287-0.
Donald Spoto: Sir Laurence Olivier. Eine Biographie. (OT: Laurence Olivier. A Biography). Heyne, München 1992, ISBN 3-453-05596-9.
Jerry Vermilye: The Complete Films of Laurence Olivier. Carol, 1992, ISBN 0-8065-1302-0.