Der UMAM-Hangar während der Ausstellung „In Praise of Lebanese Fusion“, Beirut 2018
Lokman Slim zog selber 1982 nach Frankreich, wo er sechs Jahre lang lebte, um an der Sorbonne ein Studium der Philosophie zu absolvieren. Er gründete nach seiner Rückkehr in den Libanon 1990 den unabhängigen libanesischen Verlag Dar Al Jadeed, der arabische Literatur und Artikel veröffentlichte, die landesweit Kontroversen hervorriefen. 2004 war er Mitbegründer des Dokumentations- und Forschungszentrums UMAM, über das er einen großen Teil der Ressourcen für die Aufzeichnung, Zusammenstellung, Erhaltung und Förderung der libanesischen Geschichte bereitstellte. Slim hat mehrere historische Dokumente und Werke über Kunst veröffentlicht. Einige Bücher seines Verlags wurden vom libanesischen Nachrichtendienst Direction Générale de la Sûreté Générale (DGSG) zensiert und verboten, darunter die ersten arabischen Übersetzungen der Schriften des ehemaligen iranischen Reformpräsidenten Mohammad Chātami. Besonders dieser Fall sorgte in der schiitischen Gemeinschaft des Libanon für große Kontroversen.[3]
Nach der Teilnahme an einer Gesprächsrunde auf dem Märtyrer-Platz zum Konzept außenpolitischer Neutralität im Dezember 2019 erhielt der Hisbollah-Kritiker Todesdrohungen, er wurde als „Verräter“ beleidigt, sein Haus wurde belagert.[15] In einer Stellungnahme erklärte Slim, nicht nur er selbst, sondern auch seine Frau sei diesen Drohungen durch die Hisbollah ausgesetzt. Slim war während einer Rückreise nach Beirut am Abend des 3. Februar 2021 verschwunden.[16][3] Der Aktivist wurde schließlich in der Nähe des Dorfes Zahrani im Südlibanon tot aufgefunden. Er war durch vier Kopfschüsse und einen Schuss in den Rücken getötet worden.[17] Sein Telefon wurde einige Kilometer entfernt in Niha im Süden gefunden, einer anderen Region unter der Kontrolle der militanten Gruppe.[18]
Reaktionen
Kurz nach den ersten Nachrichten vom Mord twitterte Dschawad Nasrallah, ein Sohn von Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah: „Was für manche Leute ein Verlust bedeutet, ist in Wirklichkeit ein Gewinn und eine unerwartete Güte #KeineReue“. Später löschte er den Tweet und erklärte, nicht Lokman Slim gemeint zu haben.[19]
Najat Rochdi, stellvertretende Sonderkoordinatorin der Vereinten Nationen und UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Libanon, äußerte sich nach dem Auffinden Slims schockiert über die Ermordung des libanesischen Anti-Hisbollah-Aktivisten und Publizisten. Die Ermordung eines mutigen und engagierten Intellektuellen sei ein Verlust für das gesamte libanesische Volk. Rochdi forderte ein gründliches, schnelles und transparentes Ermittlungs- und Gerichtsverfahren, um alle Verantwortlichen für diese „unerhörte Tat“ vor Gericht zu stellen.[20]
Zusammen mit dem Verlag Dar Al Jadeed wurde Lokman Slim 2021 postum mit dem Prix Voltaire ausgezeichnet.[21][22]
↑ abLara Deeb, Mona Harb: Lokman Slim. In: Leisurely Islam: Negotiating Geography and Morality in Shi‘ite South Beirut, S. 232.Princeton University Press, 27. Oktober 2013, abgerufen am 5. Februar 2021.