Der Mehrjährige Bertram (Anacyclus pyrethrum(L.) Link), oder der Römische,Spanische Bertram, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Ringblumen oder Bertram (Anacyclus) und damit der Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Der Mehrjährige Bertram ist eine kurzlebige ausdauernde, krautige Pflanze, die niederliegend ist und damit nur Wuchshöhen von 2 bis 5 Zentimeter bei einer Breite von bis zu 40 Zentimetern erreicht. Möglicherweise bildet die Art eine spindelförmige Pfahlwurzel. Die Laubblätter sind rosettig und gestielt, jung graugrün, zweifach fiederschnittig mit schmalen Abschnitten, an den Boden angedrückt und bis zu 10 Zentimeter lang. Die kleinen Stängelblätter sind sitzend. Der lange, flaumige Blütenstängel mit endständigem Köpfchen ist niederliegend und strahlenförmig ausgebreitet. Es ist ein mehrreihiger Hüllkelch. Es sind spitze Spreublätter vorhanden. Die randlichen, meist weiblichen Strahlenblüten sind oberseits weiß, ihre Unterseite ist purpurn gestreift. Die zwittrigen Röhrenblüten sind gelb.
Die Früchte, Achänen, sind stark zusammengedrückt, keil-, eiförmig und mehr oder weniger geflügelt, teils geöhrt, sowie manchmal mit kleinem Pappus.
Die Blütezeit reicht von Mai bis August.
Vorkommen
Der Mehrjährige Bertram kommt in Südost-Spanien, Nord-Marokko und -Algerien auf Waldlichtungen und Weiden in Höhenlagen von 400 bis 3100 Meter vor.
Systematik
Die Art ist formenreich, es wurden zwei Varietäten beschrieben:
Römischer Bertram (Anacyclus pyrethrum var. pyrethrum): Die Hülle hat einen Durchmesser von 13 bis 22 Millimeter.
Marokko-Bertram (Anacyclus pyrethrum var. depressus(Ball) Maire): Die Hülle hat einen Durchmesser von 7 bis 12 Millimeter. Diese Form kommt nur in Marokko im Atlas-Gebirge vor.
Der nur in Kultur bekannte Deutsche Bertram (Anacyclus officinarumHayne) war möglicherweise ein annueller Abkömmling des Mehrjährigen Bertram.
Der Mehrjährige Bertram wird zerstreut als Zierpflanze für Steingärten genutzt. In Deutschland wurde er früher auch als Heilpflanze und Likörgewürz verwendet. Sie ist seit spätestens 1930 in Kultur.
Die Wurzel wird gelegentlich gemahlen als Gewürz genutzt und gilt als Heilkraut.
Etymologie
Die Bezeichnung von Anacyclus pyrethrum bzw. Anacyclus officinarum als „Bertram“ (frühneuhochdeutsch berchtram, von mittelhochdeutsch berhtram/bertram) ist unter Angleichung an den althochdeutschen Männernamen Berhtram abgeleitet vom lateinischen Pflanzennamen pyrethrum (von griechisch pýrethron, von pyr „Feuer“), der sich auf den brennenden Geschmack der Wurzel dieser Pflanze(n), genannt auch „Feuerwurzel“, bezieht.[2]
Trivialnamen
Für den Mehrjährigen Bertram sind oder waren, zum Teil nur regional, auch die Bezeichnungen Beertrain (niederdeutsch), Berchthram (mittelhochdeutsch), Berdram (mittelniederdeutsch), Bertrankrut (mittelniederdeutsch), Bertram, Bertrum, Brecht, Füerwöttel (Mecklenburg), Geiferwurz, St. Johanniswurz, spanisch Magdblum, spanisch Meter, Metteren, Muterkraut, Perchtram, Perthram, Pertrem (mittelhochdeutsch), Pertren (mittelhochdeutsch), Perichtrawem (althochdeutsch), Ringblume, Speichelwurz und Zahnwurz gebräuchlich.[3]
Marokko-Bertram (Anacyclus pyrethrum var. depressus)
Marokko-Bertram (Anacyclus pyrethrum var. depressus) mit geschlossenen Blütenköpfen
Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Rothmaler Exkursionsflora von Deutschland. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8.
↑Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 25, online.
↑Pedanios Dioskurides, 1. Jh., De Medicinali Materia libri quinque. Übersetzung. Julius Berendes. Des Pedanius Dioskurides Arzneimittellehre in 5 Büchern. Enke, Stuttgart 1902, S. 311 (Buch III, Kapitel 78): Pyrethron(Digitalisat)
↑Galen, 2. Jh., De simplicium medicamentorum temperamentis ac facultatibus., Buch VIII, Kapitel XVI/41 (nach Kühn 1826, Bd. XII, S. 110): Pyrethrum(Digitalisat)
↑Pseudo-Macer 11. Jh. Ausgabe Ludwig Choulant. Macer floridus de virtutibus herbarum … Leipzig 1832, Kapitel 67: Pyrethrum(Digitalisat)
↑Deutscher Macer 13. Jh. Ausgabe Schnell / Crossgrove 2003, Kapitel 79. Cpg 226, Elsass, 1459–1469, Blatt 204r: .lxxvj. Pjretrum heißet berthram der ist heiß vnd drucken in dem vierden grade / Wann das zan fleisch wee düt von bosem blut der kuwe bertram vnd halt die spechel lang in dem münd das vertribt das blüt / Es ist auch gut wider vil sucht in dem munde / Berthram den kinden an den halß gehangen hilfft vor die fallend sucht / der rauch dauon hilfft sie auch / er ist auch genuczt mit honig getempert / Bertram jn oley gesotten hilfft den der das kalt hat mit bestrichen ee es jne an geet / Die salb vertribt den lenden jr vngemach mit bestrichen / Wer gern swicz der bestrich sich mit der salbe er wirt schwiczen / Das selb hilfft vor manig sucht / es bewart den menschen vor bosem frost / Es hilfft auch vor die gegicht mit bestrichen / Man bußt auch mit bestrichen vnd genuczt die sucht die da heißet tetanus das sin die senadren wann sie sich sere strengen das man den halß nit mag gekeren (Digitalisat)
↑Hildegard von Bingen. 12. Jh. Physica, Buch I, Kapitel 18: Bertram. Edition. Charles Victor Daremberg und Friedrich Anton Reuß (1810–1868). S. Hildegardis Abbatissae Subtilitatum Diversarum Naturarum Creaturarum Libri Novem. Migne, Paris 1855. Sp. 1138 (Digitalisat). Übersetzung Portmann: Vom Bertram. Der Bertram ist von gemäßigter und etwas trockener Wärme, und diese rechte Mischung ist rein und erhält gute Frische. Denn für einen gesunden Menschen ist er gut zu essen, weil er die Fäulnis in ihm mindert und das gute Blut in ihm vermehrt und einen klaren Verstand im Menschen bereitet. Aber auch den Kranken, der schon fast in seinem Körper gestorben ist, bringt er wieder zu Kräften, und im Menschen schickt er nichts unverdaut heraus, sondern bereitet ihm eine gute Verdauung. Und einem Menschen, der viel Schleim im Kopf hat und (Bertram) häufig isst, dem mindert er den Schleim in seinem Kopf. Aber auch häufig genossen vertreibt er die Brustfellentzün-dung aus dem Menschen, und er bereitet reine Säfte im Menschen und macht seine Augen klar. Und auf welche Weise immer er gegessen wird, trocken oder in einer Speise, ist er nützlich und gut sowohl für den kranken wie auch den gesunden Menschen. Denn wenn ein Mensch ihn oft isst, vertreibt er von ihm die Krankheit und verhindert, dass er krank wird. Dass er beim Essen im Mund die Feuchtigkeit und den Speichel hervorruft, kommt daher, dass er die üblen Säfte herauszieht und die Gesundheit zurückgibt.
↑Nicolas Lémery. Dictionnaire universel des drogues simples. Laurent d'Houry, Paris, 1699, S. 635–636: Pyrethrum(Digitalisat). Übersetzung. Vollständiges Materialien-Lexicon. Zu erst in Frantzösischer Sprache entworffen, nunmehro aber nach der dritten, um ein grosses vermehreten Edition [...] ins Hochteutsche übersetzt / Von Christoph Friedrich Richtern, [...]. Leipzig: Johann Friedrich Braun, 1721, Sp. 930–931 (Digitalisat)
↑Albrecht von Haller (Herausgeber). Onomatologia medica completa oder Medicinisches Lexicon das alle Benennungen und Kunstwörter welche der Arzneywissenschaft und Apoteckerkunst eigen sind deutlich und vollständig erkläret [...]. Gaumische Handlung, Ulm/ Frankfurt am Main/ Leipzig 1755, Sp. 1162: Pyrethrum(Digitalisat)
↑Jean-Louis Alibert. Nouveaux éléments de thérapeutique et de matière médicale. Crapart, Paris 1804/05 (XIII), Bd. II, S. 597–598: Pyrèthre(Digitalisat)
↑Jean-Louis Alibert. Nouveaux éléments de thérapeutique et de matière médicale. Crapart, Paris 5. Auflage 1826, Band II, S. 244–245 Pyrèthre(Digitalisat)
↑Jonathan Pereira’s Handbuch der Heilmittellehre. Nach dem Standpunkte der deutschen Medicin bearbeitet von Rudolf Buchheim. Leopold Voß, Leipzig Band II, 1848, S. 420–421: Anacyclus pyrethrum, Bertramwurzel(Digitalisat)
↑August Husemann, Theodor Husemann: Die Pflanzenstoffe in chemischer, physiologischer, pharmakologischer und toxikologischer Hinsicht. Für Aerzte, Apotheker, Chemiker und Pharmakologen. Springer, Berlin 1871, S. 947: Pyrethrumcampher(Digitalisat); S. 1146: Pyrethrum, das ätherische Oel(Digitalisat)
↑Theodor Husemann. Handbuch der gesammten Arzneimittellehre. Springer, Berlin 2. Auflage 1883, S. 217–218: Schmarotzermittel, Antiparasitica(Digitalisat); S. 563–564: Reizende Arzneimittel(Digitalisat)
↑Hagers Handbuch der pharmaceutischen Praxis für Apotheker, Ärzte, Drogisten und Medicinalbeamte. Springer Berlin, 1902, Band II, S. 702–705 (Digitalisat)
↑Wolfgang Schneider: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte. Sachwörterbuch zur Geschichte der pharmazeutischen Botanik, Chemie, Mineralogie, Pharmakologie, Zoologie. Govi-Verlag, Frankfurt a. M. Band 5/1 (1974), S. 86–87: Anacylus(Digitalisat)
↑Herba piretri. In: Abdul ibn Butlan. Tacuinum sanitatis in medicina. 13. Jh., Codex Vindobon. Ser. Nova 2644, Blatt 29v. Übersetzung des Textes durch Franz Unterkircher. Tacuinum sanitatis ... Graz 2004, S. 72: Bertramkraut: Komplexion warm und trocken am Ende des ersten Grades. Vorzuziehen: im Garten gewachsen, frisch und zart. Nutzen: es würzt kalte Gerichte. Schaden: es erzeugt Durst und liegt lange im Magen. Verhütung des Schadens: durch Sellerie. Was es erzeugt: scharfe Nährstoffe. Zuträglich für Menschen mit kalter Komplexion, für Greise, im Winter und in kalten Gegenden.