Gebaut wird der Motor in den Mercedes-Benz-Werken Stuttgart-Untertürkheim und bei der MDC Power GmbH in Kölleda. Die Produktion des Motors begann am 29. Juli 2011. Der Hersteller firmierte zu dieser Zeit als Daimler AG und hatte den Motor eigenständig entwickelt.[2]
Der Motor lässt sich sowohl quer als auch längs einbauen. In den kompakten frontgetriebenen Modellen A- und B-Klassen wird er quer eingebaut und heißt dort M 270, in den übrigen Modellen ist er längs angeordnet und wird hier als M 274 bezeichnet. Dies erfordert eine sehr kompakte Bauweise des Aggregats. Hierzu wurden die Nebenaggregate dicht angeordnet und der Zylinderabstand mit 90 mm eng ausgelegt. Ein weiteres Entwicklungsziel war die Gewichtsreduktion. Motorblock und Zylinderkopf des Motors bestehen aus einer Aluminiumlegierung und die Kurbelwelle ist hohlgegossen, wodurch sich mit der kompakten Bauweise das Gewicht in der Basisvariante auf 137 kg reduziert.
Alle Motoren dieser Baureihe werden durch einen Abgasturbolader aufgeladen. Trotz der Aufladung sind die Motoren mit einem Verhältnis von 10,3:1 hoch verdichtet. Zunächst wurde der Motor mit 1,6 l Hubraum (1595 cm³, Bohrung 83,0 mm, Hub 73,7 mm) gebaut. Im September 2012 folgte eine Variante mit 2,0 l Hubraum (1991 cm³, Bohrung 83,0 mm, Hub 92,0 mm) und 155 kW (211 PS) im Modell A 250 BlueEFFICIENCY.[3]
Der M 270 und der M 274 ist eng mit den BlueDIRECT-V‑Motoren M 276 und M 278 verwandt. Er hat dementsprechend Direkteinspritzung mit strahlgeführter Verbrennung dritter Generation, die über einen A-Düsen-Piezoinjektor realisiert wird. Neben der konventionellen, homogenen Gemischbildung haben die hubraumstarken Derivate auch Schichtladung, die es bisher bei aufgeladenen Motoren nicht gab.
Als Hochdruckpumpe wird eine Einstempelpumpe mit einem im Pumpenmodul integrierten Mengenregelventil eingesetzt. Sie erzeugt kennfeldgesteuert einen Arbeitsdruck von bis zu 200 bar. Der Kraftstoff wird je nach Lastzustand in bis zu fünf Teilmengen pro Arbeitstakt über Piezo-Injektoren in den Zylinder eingespritzt. Dort entzündet eine Multifunkenzündung das Luft-Kraftstoff-Gemisch.
Der Motor hat zwei obenliegende kettengetriebene Nockenwellen. Bei beiden Nockenwellen ist das Timing verstellbar.[4] Dies ermöglicht in Verbindung mit dem Turbolader das sogenannte Scavenging, bei dem sich die Öffnungszeiten von Einlass- und Auslassventil teilweise überschneiden. Hierbei spült die angesaugte kalte Frischluft das noch im Brennraum befindliche heiße Abgas in den Auspuffkrümmer, wodurch sich die Zylinderfüllung verbessert. Der Turbolader spricht durch den erhöhten Gasstrom im Abgasstrang vor allem bei niedrigen Drehzahlen deutlich schneller an. Somit wird ein Turboloch vermieden. Durch die Direkteinspritzung ist die Frischluft beim Einströmen in den Zylinder noch nicht mit Treibstoff vermischt, wodurch Spülverluste (Austreten unverbrannten Benzins in den Abgaskrümmer) vermieden werden.
Die 1,6-l-Motoren sind optional mit dem sogenannten Camtronic-System ausgestattet. Dieses kann bei Teillast auf einen kleineren Einlassnocken umschalten, was einen höheren Saugrohrdruck und damit ein Vermeiden von Drosselverlusten ermöglicht. In Verbindung mit der variablen Einlassnockenwelle lässt dies bei entsprechenden Lasten eine Laststeuerung mit der Nockenwelle zu. Bei den M-270- und M-274-Motoren ist somit beim Betrieb mit kleinem Einlassnocken eine dreistufige Laststeuerung verwirklicht: Bei sehr niedrigen Lasten wird ein verringerter Ventilhub gewählt, damit die Drosselklappe für dieselbe Luftmenge weiter geöffnet werden muss. Bei mittleren Lasten wird über auf die größeren Einlassnocken umgeschaltet, und bei höheren Lasten wird der Saugrohrdruck zusätzlich über den Turbolader erhöht.[5]
Die kompakte Bauweise des Motors und das Brennverfahren erfordern eine ausgeklügelte Motorkühlung. Das Kühlmittel fließt durch einen zweiteiligen Wassermantel mit Querstromkühlung und durch nur drei Millimeter starke Kühlkanäle zwischen Zündkerzen und Kraftstoffinjektoren an die wärmebelasteten Stellen. Um auch bei höheren Geschwindigkeiten einen akzeptablen Kraftstoffverbrauch zu gewährleisten, ist dank der effizienten Motorkühlung eine Volllastanreicherung zur Kühlung des Zylinderkopfs erst bei Geschwindigkeiten über 200 km/h erforderlich. Bei einem Kaltstart strömt dank einer bedarfsgesteuerten Wasserpumpe mit strömungsoptimiertem Kugelventil kein Kühlmittel durch den Motor. Das führt zu einem schnellen Erreichen der Betriebstemperatur und trägt damit zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch und besseren Verschleißverhalten bei. Der Fahrzeuginnenraum wird hierdurch ebenfalls schnellstmöglich erwärmt. Auch der Thermostat enthält ein strömungsoptimiertes Kugelventil. Es wird durch die Motorsteuerung in Abhängigkeit von Fahrweise und Umgebungsbedingungen elektronisch geregelt und stellt die optimale Kühlmitteltemperatur ein.
Mit einer bedarfsgerechten Steuerung wurde auch die Ölpumpe versehen, womit sie zu einer weiteren Kraftstoffersparnis beiträgt. Dies ist auch Ziel der ECO-Start-Stopp-Funktion, die den Motor bei kurzen Stopps, wie Staus oder rote Ampeln, selbstständig ausschaltet und verzögerungsfrei wieder startet. Sie ist das Ergebnis der gleichzeitigen Entwicklung von Motoren und Getriebe für den Quereinbau. So kommuniziert für ein möglichst gutes Ansprechverhalten beispielsweise das Steuergerät des Doppelkupplungsgetriebes 7G-DCT mit dem Motorsteuergerät.[6][7]
* Die Motorbezeichnung ist wie folgt verschlüsselt: M = Motor (Otto), Baureihe = 3-stellig, DE = Direkteinspritzung, Hubraum = Deziliter (gerundet), A = Abgasturbolader, L = Ladeluftkühlung, red. = leistungsreduziert
Literatur
Norbert Merdes, Christian Enderle, Guido Vent, Ralph Weller: Der neue Vierzylinder-Ottomotor mit Turboaufladung von Mercedes-Benz, in: MTZ – Motortechnische Zeitschrift 72 (2011), Nr. 12, S. 942–951, Springer Vieweg, Wiesbaden
Norbert Merdes, Reiner Pätzold, Nico Ramsperger, Hans-Georg Lehmann: Die neuen R4-Ottomotoren M270 mit Turboaufladung, in: ATZ extra – Die neue A-Klasse von Mercedes-Benz, S. 58–63, Springer Vieweg, Wiesbaden, September 2012
Mario Mürwald, Roland Kemmler, Anton Waltner, Fritz Kreitmann: Die neuen Vierzylinder-Ottomotoren von Mercedes-Benz, in: MTZ – Motortechnische Zeitschrift 74 (2013), Nr. 11, S. 832–841, Springer Vieweg, Wiesbaden