Neue Gepanzerte PlattformUnter der Bezeichnung Neue Gepanzerte Plattform, kurz NGP, wurde in Deutschland von der Bundeswehr und den deutschen Rüstungsherstellern ein gemeinsames gepanzertes Fahrgestell entwickelt, auf dem Schützenpanzer, Kampfpanzer und Kampfunterstützungsfahrzeuge aufbauen sollten. Auf Erkenntnissen dieser Entwicklung basiert der neue Schützenpanzer Puma. Geschichte und EntwicklungNachdem erkennbar war, dass die in den 1970er-Jahren eingeführten Systeme (Leopard 2, Marder, Gepard usw.) nach 2010 am Ende ihrer sinnvoll nutzbaren Lebensdauer sein würden, wurde 1995 die Kampfwertsteigerung III des Leopard 2 gestrichen und an ihrer Stelle das Projekt Neue Gepanzerte Plattform gestartet. Das Projekt sollte die Kosten und den Entwicklungszeitraum für eine neue Generation von Gefechtsfahrzeugen senken, indem die verschiedenen Plattformen auf einem gemeinsamen gepanzerten Fahrgestell aufbauen sollten. Überlebensfähigkeit, Beweglichkeit und Einsatzfähigkeit wären somit identisch. So wurde seit dem Beginn der Planungen auf eine modular aufgebaute Fahrzeugfamilie mit drei Plattformen gesetzt:
Gemäß diesen Anforderungen wurde in den ersten Überlegungen von einem raumoptimierten Kampfraum ausgegangen. Mit nur zwei Mann Kernbesatzung war eine hohe Automatisierung der Systeme notwendig. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass Antrieb und Laufwerk die Beweglichkeit des Leopard 2A4 besitzen müssen. Die geforderte Führungs- und Reaktionsfähigkeit wurde mit einem Führungs- und Waffeneinsatzsystem gelöst, das mit anderen Systemen der Bundeswehr kompatibel ist und über eine Freund-Feind-Erkennung verfügte. Untersucht wurden ebenfalls die Verwendung und Machbarkeit von diesel-elektrischen Antrieben, von abstandsaktiven Schutzmaßnahmen (Hard- und Softkill), eines digitalen Bordnetzes, eines wirksamen Minen- und Bombletschutzes sowie von Hochleistungspulver- oder elektro-thermisch-chemischen Kanonen im Kaliber 140 Millimeter. Durch diese ersten Ansätze gliederte sich die Zeitplanung wie folgt:
Gemäß dieser Zeitplanung legten 1996 – ein Jahr nachdem das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) die Industrie beauftragt hatte – die damaligen Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei, Wegmann & Co., MaK Systemgesellschaft mbH und Henschel-Wehrtechnik mit der KUKA Wehrtechnik GmbH ihre Konzepte vor. Neben der klassischen Bauweise mit Front- sowie Heckmotor wurden ebenfalls Vorschläge vorgelegt, die sowohl für Kampf- als auch für Schützenpanzer optimiert waren. So setzte das Konzept von MaK auf ein einheitliches Fahrmodul und ein Missionsmodul, das zum Einbau in das Heck vorgesehen war. Wegmann & Co. konstruierte dagegen ein System mit einem in das rechte Wannenheck verlegten Motor. Die Gewichtsbandbreite der Konzepte schwankte beim Kampfpanzer zwischen 55 und 77 Tonnen und beim Schützenpanzer zwischen 55 und 71,9 Tonnen. Nach dem Abschluss des Ideenwettbewerbs wurde erkennbar, dass die Technologiebereiche 2-Mann-Kompaktkampfraum, abstandsaktiver Schutz, dieselelektrischer Antrieb, Vetronics und Waffenanlage einer weitergehenderen Untersuchung bedürfen. Diese erfolgte in den Jahren 1997 bis 2002. So wurde unter anderem ein 2-Mann-Kampfraumsimulator in ein Kettenfahrzeug verbaut (Technologieträger Kette, TTK), und Ende 1999 im Ausbildungszentrum Panzertruppen in Munster getestet. Durch die angespannte Haushaltslage zeigte sich bereits 1998, dass eine parallele Entwicklung von drei Systemen nicht realisierbar wäre. So wurde am 26. Februar 1998 die Weiterentwicklung des Schützenpanzers beschlossen und das taktische Konzept Neuer Schützenpanzer (NeSPz) genehmigt. Die sicherheitspolitischen Vorgaben der NATO aus dem Jahr 2001, in dem Streitkräfte mit Fähigkeit zur Luftverlegbarkeit bevorzugt wurden, wandelten auch dieses Konzept und das Vorhaben „NGP“ wurde endgültig eingestellt. Technik und KonzepteNachdem das Vorhaben NGP 1995 in den Bundeswehrplan aufgenommen worden war, wurden die Anforderungen an die Industrie formuliert, welche daraufhin 1996 in einem Ideenwettbewerb ihre Konzepte einreichte. Von den Einsendern wurde verlangt die Varianten NGP-KPz und NGP-SPz konzeptionell darzustellen. Die Anforderungen an die Fahrzeuge waren:
Als besonders anspruchsvoll erwies sich die Forderung, das Basisfahrzeug sowohl auf die Anforderungen eines Kampfpanzers als auch diejenigen eines Schützenpanzers abzustimmen. So galt der Heckausstieg für einen Schützenpanzer als unabdingbar. Gleichzeitig kollidierte dieses Erfordernis jedoch mit der Funktionsoptimierung eines Kampfpanzers und der dort üblichen Triebwerksplatzierung im Heckbereich. Letztlich kristallisierten sich die Konzepte von Wegmann (heute KMW) und MaK (heute Rheinmetall) heraus, die im Folgenden näher betrachtet werden. Henschel und KUKA spielten praktisch nur Außenseiterrollen: Die MaK System Gesellschaft gehörte bereits seit 1990 zu 60 % zum Rheinmetall-Konzern und 1999 wurde auch Henschels Wehrtechniksparte übernommen. Krauss-Maffei und Wegmann fusionierten ebenfalls 1999, also nur zwei Jahre nach dem Ideenwettbewerb.
BewertungDas NGP-Projekt wurde wie das zuvor laufende ASM-Programm der US-Armee aus politischen Gründen abgebrochen. Beide Programme zielten darauf ab, eine Familie von modernen Panzerfahrzeugen zu schaffen, um die Logistik zu vereinfachen und die Unterhaltskosten zu reduzieren. Beide Programme hatten das Ziel, dem Schützenpanzer dasselbe Schutzniveau wie dem Kampfpanzer zukommen zu lassen, da beide Fahrzeuge inzwischen derselben Bedrohungslage ausgesetzt sind. Um das Schutzniveau zu verbessern, setzten beide Programme auf unbemannte Türme bzw. Scheitellafetten und einen vergleichbaren passiven Panzerschutz an der Wannenfront. Der grundlegende Unterschied lag darin, dass die US-Armee mit dem Vehicle Integrated Defense System (VIDS) stärker auf aktiven Schutz setzte, während die Bundeswehr an raumoptimierten Konzepten mit Zwei-Mann-Besatzung arbeitete. Für das Nachfolgeprojekt SPz Puma wurden das MUSS und die Idee eines unbemannten Turmes übernommen. Durch den damaligen Bedarf an leichteren, luftverladbaren Fahrzeugen (z. B. FCS) entwickelte MTU die 890-Motorenserie, die sich durch exzessives Downsizing auszeichnet und vom Hersteller als High-Power-Density-Motoren bezeichnet werden. Wenig überraschend stellte sich bei den Puma-Mobilitätsversuchfahrzeugen heraus, dass eine Hubraumvergrößerung notwendig war. Die Gewichtsbeschränkungen beim Puma führten nicht nur zu einem wesentlich geringeren frontalen Schutzniveau, sondern auch zur Wahl einer MK 30 als Hauptbewaffnung. Problematisch ist hier, dass gemäß einer Untersuchung der TNO die 30-mm-APFSDS-Munition nicht in Lage ist, die Front eines BMP-3 mit Zusatzpanzerung zu durchschlagen. Ferner wird zur Neutralisierung der Optiken eines T-80 mit 35-mm-KETF nur die halbe Munitionsmenge benötigt, als wenn 30-mm-KETF verschossen wird. Da die 35-mm-Munition auch gegen Mi-24 und Infanterie besser wirkt, entschied sich das niederländische Heer für eine 35-mm-Bewaffnung beim CV9035NL.[3] Das zweite Problem bei der Wahl der MK 30 ist die Tatsache, dass es sich im Gegensatz zur Rh 503 um einen Gasdrucklader handelt. Fehlzünder müssen so durch automatisches, externes Durchladen entfernt werden, da der Turm unbemannt ist. Durch den Fremdantrieb der Rh 503 wären Fehlzünder beim Schießen einfach ausgeworfen worden. Ein weiterer Unterschied beim SPz Puma zu den NGP-Fahrzeugen ist das entkoppelte hydropneumatische Stützrollenlaufwerk, das von der Experimentalwanne Gesamtschutz (EGS) abgeleitet wurde. Das gesamte Fahrwerk wird hier nur über Gummielemente mit der Fahrzeugwanne verbunden, was den Körperschallpegel im Fahrzeug verringert. Nachteilig ist allerdings der große Raumbedarf, der durch die Laufwerksträger entsteht. Da das Fahrzeug nicht beliebig breit gemacht werden kann (Bahnverlademaß), muss die Wanne schmaler gestaltet werden. Obwohl der CV9035NL schmaler (3,1 zu 3,4 m) und kürzer ist (6,5 zu 7,6 m) und einen vollwertigen Turmkorb in der Wanne hat, können 8 Panzergrenadiere im Fahrzeug sitzen, während der Puma nur 6 aufnehmen kann. Andere Hersteller verbauten entkoppelte Laufwerke deshalb nur bei Prototypen (z. B. SEP), in der Serie wird und wurde darauf verzichtet (z. B. CV90, FCS, GCV, FRES). Literatur
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Einzelnachweise
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