PanoramascheibeDie Bezeichnung Panoramascheibe wird historisch für eine besonders geformte und geschnittene Windschutzscheibe oder Heckscheibe im Automobil verwendet. Die Scheibenfläche ist an den Seiten um bis zu 90° zur Längsachse des Fahrzeugs gekrümmt. Die Scheibe ist außerdem so geschnitten, dass die unteren gerundeten Ecken jeweils einen spitzen Innenwinkel aufweisen. Die A-Säule ist daher auf Scheibenhöhe im Gegensatz zur üblichen Bauweise in Gegenrichtung geneigt. Die Tür-Seitenfenster gleichen diesen Maßunterschied gegebenenfalls mit einem vorderen Ausstellfenster aus, das unten kürzer als oben ist. Es gibt auch Modelle mit 90° Winkel bei der A-Säule. Bei einer Panoramascheibe im Heckfenster verläuft die seitliche Karosserieeinrahmung im Vergleich zu konventionellen Bauformen ebenfalls in umgekehrter Schrägrichtung.
Heute werden andere großzügig gestaltete, in den Dachbereich ragende Autoscheiben als „Panoramascheibe“ oder „Panorama-Windschutzscheibe“ bezeichnet.[1][2] Gelegentlich werden auch weit nach vorne gezogene Windschutzscheiben als solche bezeichnet.[3] Frühe Ausführungen einer PanoramasichtSeit den 1920er Jahren gab es Bemühungen, die Rundumsicht im Auto zu verbessern. Geschlossene Karosserien erhielten oft komplizierte Vorbauten mit mehrteiligen Scheiben, allerdings dürfte dabei eher die Unterstützung der primitiven Scheibenwischer im Vordergrund gestanden haben. Edmund Rumpler war der erste, der für Autoscheiben gebogenes Glas verwendete. Sein Rumpler-Tropfenwagen hatte eine senkrecht stehende Windschutzscheibe, die im Bogen in die auch gekrümmten Seitenfenster überging. Das ergab niedrigen Luftwiderstand bei guter Sicht. Einen anderen gestalterischen Ansatz verfolgten, unabhängig voneinander, Carrosserie Georges Gangloff in der Schweiz mit einem innovativen Türscharnier und Carrosserie Labourdette in Frankreich mit einer rahmenlosen Windschutzscheibe. Gangloffs Türsystem kam über den Designer Frank Spring (1893–1959) in die USA und hielt sich einige Jahre in einer verbesserten Version als Clear Vision, patentiert von der Walter M. Murphy Company in Pasadena (Kalifornien).[4] Mit Labourdettes patentiertem, „Vutotal“ (abgeleitet aus Vue totale, „Totale Sicht“) sollte ganz auf A-Säulen verzichtet werden. Eine Komponente dabei war extra dickes Glas, das die Konstruktion teilweise mit trug. Dennoch waren Eingriffe in die Konstruktion des Daches beziehungsweise Verdecks notwendig, und das System war sehr teuer.[5] In einer nächsten Phase wurde versucht, die A-Säule seitlich zurückzuversetzen, um so das Blickfeld nach schräg vorn zu verbessern. Das führte ab Mitte der 1930er Jahre bei zahlreichen Fahrzeugen zu zweigeteilten Windschutzscheiben. Die beiden Hälften wurden in einem leichten Winkel zueinander angebracht, was auch einen etwas geringeren Luftwiderstand mit sich brachte. Der Tatra 77 von 1934 und verschiedene Modelle von Panhard & Levassor (darunder X72 Panoramique, Dynamic ab 1936) hatten dreigeteilte Scheiben. Das geneigte Mittelteil rahmten zwei kleine Scheiben an den A-Säulen ein, die beim Tatra eben und bei Panhard & Levassor abgerundet waren. Panoramascheibe als DesignmodeDas erste Fahrzeug mit Panoramascheibe war die 1951 von General Motors vorgestellte Konzeptstudie „Le Sabre“.[6] Die Designstudie stammt von Harley Earl, damaliger Leiter der Entwicklungsabteilung von General Motors. Das Fahrzeug enthält Elemente des in der Architektur zeitgemäßen Googie Stils, wie z. B. Heckflossen und einen Kühlergrill, der Stilmerkmale eines Düsenjägers übernimmt. Die Panoramascheibe war ein weiteres Gestaltungsmerkmal. Die amerikanische Bezeichnung lautet „wrap-around windshield“ (herumgewickelte Windschutzscheibe). 1952 (für das Modelljahr 1953) erschien mit dem Cadillac Eldorado das vermutlich erste Serienfahrzeug mit Panoramascheibe.[7] In den Folgejahren wurde die Panoramascheibe ein Designmerkmal fast aller US-amerikanischen Personenwagen, insbesondere der Straßenkreuzer, sowie auch bei Pick-ups. In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre kam die Mode auch nach Europa. Sie fand bei dem deutschen Automobilhersteller Opel und dem britischen Hersteller Vauxhall sowie weiteren Herstellern Anklang. Auch Kleinwagen wurden mit Panoramascheiben ausgestattet. Die Idee von Labourdette wurde von Pininfarina weiterverfolgt. Der Designer stellte 1956 mit dem Ferrari Superfast eine Studie auf der Basis des Ferrari 410 Superamerica vor, die ganz ohne A-Säule konstruiert war. Das Fahrzeug musste nach Problemen mit der Steifigkeit jedoch umkonstruiert werden. Anfang der 1960er Jahre verschwanden Panoramascheiben wieder. NutzenDer praktische Nutzen der Panoramascheiben wird unterschiedlich eingeschätzt. Sie brachten insbesondere gegenüber der zuvor üblichen kleinen glattflächigen oder leicht gekrümmten Windschutzscheibe eine deutliche Verbesserung und Verbreiterung des Sichtfeldes nach vorne. Möglich wurde diese Erhöhung der Sicherheit durch weiterentwickelte Verfahren bei der Glasherstellung und -verarbeitung im Automobilbau. Die Werbung sprach von einer die Sicherheit erhöhenden, verbesserten Seitensicht. Der Verheißung einer Panoramasicht wurde sie aber nicht gerecht, da unverändert eine Fenstersäule vorhanden war. Es gab auch praktische Nachteile: Das Einsteigen vorn war durch die nach hinten ragende Scheibenecke mitunter behindert und durch die großen Glasflächen konnte sich der Innenraum stark aufheizen. Die A-Säule konnte im Crashfall wegen der geknickten Form nicht im gleichen Umfang Kräfte in den Dachbereich weiterleiten wie ein konventionelle A-Säule. Historische Beispiele der PanoramascheibeUnter anderem folgende Fahrzeuge waren mit Panoramascheiben ausgestattet:
Amerikanische Modelle
Deutsche Modelle
Sonstige europäische Modelle
Deutsche Modelle nur Heck-Panoramascheibe
Beispiele der heutigen Panorama-WindschutzscheibeUnter anderem folgende Fahrzeuge wurden oder werden laut eigener Werbeaussagen mit einer Panorama-Windschutzscheibe ausgestattet. Anders als bei den oben beschriebenen Panoramascheiben der 1950er und 1960er Jahre wird der Begriff verwendet, um weit in den Dachbereich hineingezogene Frontscheiben zu beschreiben:
Weitere Anmerkungen
Einzelnachweise
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