Umgeben von den Moränenhügeln Schlossberg, Kalvarienberg, Schnaidberg und Bühlach ist Peiting ein Ort, der sich trotz der Bevölkerungszunahme nach dem Zweiten Weltkrieg seinen bayerisch-dörflichen Charakter erhalten konnte. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe sind außerhalb des Ortskerns in verschiedenen Weilern angesiedelt. Der Ortsname leitet sich vermutlich von dem Adelsgeschlecht der Peutinger ab, das sich wohl schon im 6. Jahrhundert im Ortsgebiet ansiedelte.[2] Geschichtlich bedeutungsvoll ist der Ort als Stammsitz der hier einst ansässigen Welfen.
Zur Gemeinde Peiting gehört auch die Siedlung Herzogsägmühle, eine Einrichtung der Diakonie.
Peiting liegt in der Region Oberland östlich von Schongau nahe dem Ostufer des Lechs, an den das Gemeindegebiet aber nur südwestlich der Bundesstraße 17 auf unbesiedeltem Gebiet tatsächlich grenzt. Die Peitnach (in einigen Kartenwerken auch als Peitinger Mühlbach bezeichnet)[3] durchfließt das Ortsgebiet in nördlicher Richtung und mündet auf dem Gemeindegebiet in der Nähe der Lechstaustufe 7 in den Lech.
Im Gemeindegebiet gibt es die Gemarkungen Birkland und Peiting.[6]
Dialekt
Obwohl Peiting politisch zum Regierungsbezirk Oberbayern gehört, wird im Ort kein typisches (Mittel-)Bairisch gesprochen, sondern der Lechrainer Dialekt, der als Übergangsdialekt bairische und alemannische Sprachelemente verbindet und charakteristisch für das Gebiet unmittelbar östlich des Lechs ist.
Geschichte
Bis zur Gemeindegründung
Funde erster Besiedlung am Ostufer des Lechs reichen in das dritte vorchristliche Jahrtausend zurück.[7] Früheste Funde sind ein Steinbeil und Tonscherben.[8] Es gibt bronzezeitliche Gräber auf dem Bühlachberg, auch Kelten und Römer hinterließen Spuren.[7] Auf den „Neukirchwiesen“ war in der Römerzeit ein großer Gutshof mit vielen Nebengebäuden.[8] Nach den Römern besiedelten die Alemannen das Gebiet.[8]
Die erste urkundliche Erwähnung Peitings war 1055 als „neue“ Burg Peiting der hier ansässigen Welfen. Die Welfenburg befand sich auf dem Schlossberg und war Mittelpunkt aller Handlungen der Lechrainer Welfen. Diese Welfen nahmen u. a. auch an Kreuzzügen teil und gründeten die Klöster Rottenbuch und Steingaden. Die Peitinger Welfenlinie starb 1191 aus.[9] Der letzte dieser Linie war Welf VI.[10] Durch ein Erdbeben im Jahr 1348 stürzte die Welfenburg teilweise ein.[11] Im Jahre 1438 erhielt Peiting durch den bayerischen Herzog Ernst das Marktrecht. Die Stadt Schongau sah sich durch diese Herausstellung Peitings in „ihren Freiheiten beeinträchtigt“ und bat den Herzog, den Peitingern das Marktrecht wieder abzusprechen. Das Ersuchen wurde abgewiesen, und Herzog Albrecht bestätigte 1455 den Peitingern das Marktrecht erneut. 1490 wurde das Peitinger Marktgericht mit der Stadt Schongau vereinigt.[12] Im Dreißigjährigen Krieg, im Jahr 1632 wurde die Welfenburg von den Schweden vollständig zerstört.[11] Zur selben Zeit brach das „hitzige Fieber“ (vermutlich Flecktyphus) aus, an dem in Peiting im Jahre 1632 etwa 400 Menschen starben.[13] Sowohl im Spanischen Erbfolgekrieg als auch im Österreichischen Erbfolgekrieg fielen feindliche Truppen über Peiting her, brandschatzten und plünderten es.[14]
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde ein Kohlebergwerk in Peiting errichtet. Nach 1945 kamen 1500 Heimatvertriebene als Flüchtlinge nach Peiting. Im Jahre 1957 hatte das Kohlenbergwerk Peiting mit 882 Bergleuten und 47 Angestellten seinen höchsten Belegschaftsstand.[15] 1958 erhielt das damals größte Dorf Oberbayerns erneut das formelle Marktrecht.[11] 1968 wurde das Bergwerk geschlossen. Es folgte eine kurze wirtschaftliche Krise. Schnell siedelten sich neue Betriebe an.
Zwischen 1988 und 2019 wuchs der Markt von 10.316 auf 11.425 um 1.109 Einwohner bzw. um 10,8 %.
Jahr
Einwohner
1840
1.727
1900
2.361
1939
5.495
1961
8.385
1970
9.664
1987
10.319
1991
10.814
Jahr
Einwohner
1995
11.382
2000
11.834
2005
11.924
2010
11.848
2015
11.334
2018
11.439
2019
11.425
Konfessionsstatistik
Bei der Volkszählung 2011 gaben 67,5 % der Einwohner an, römisch-katholisch zu sein, 12,0 % evangelisch und 20,5 % waren konfessionslos, gehörten einer anderen Religionsgemeinschaft an oder machten keine Angabe.[17] Die Zahl der Protestanten und vor allem die der Katholiken ist seitdem gesunken. Ende 2019 hat Peiting 11.713 Einwohner, davon 59,7 % Katholiken, 10,5 % Protestanten und 29,7 % hatten entweder eine andere oder keine Religionszugehörigkeit.[18]
Bürgermeister war seit 1996 Michael Asam (SPD). Bei der Kommunalwahl 2014 wurde er mit 81,1 % der gültigen Stimmen zum wiederholten Mal im Amt bestätigt.
Ihm folgte 2020 Peter Ostenrieder (CSU), der in der Stichwahl am 29. März 2020 mit 56,1 % der gültigen Stimmen gewählt wurde. Seine Mitbewerberin Annette Luckner (SPD) erhielt 43,9 % der Stimmen.
Blasonierung: „Die bayerischen Rauten, überdeckt mit einem breiten roten Schräglinksbalken.“[24]
Im Jahre 1438 verlieh Herzog Ernst Peiting dem Ort ein eigenes Ortswappen, das wittelsbachischeRautenwappen mit einem schrägen, roten Querbalken. Es war erst die vierte Wappenverleihung in Bayern an einen Ort.
Die weiß-blauen Rauten weisen zum einen an die stete Zugehörigkeit zu Altbayern und zum anderen an die engen Beziehungen der Gemeinde zu dem Hause Wittelsbach hin.
Der rote Schräglinksbalken kann zur Unterscheidung vom landesherrlichen Rautenwappen dienlich gewesen sein. Die Gestaltung folgt der im Wappenprivileg von 1438 überlieferten Beschreibung.
Das Wappen wurde durch Herzog Ernst von Bayern verliehen, alsgleich die Marktfreiheit.
Durch ministerielle Erlaubnis durfte die Gemeinde das historische Wappen im Jahre 1836 wieder führen, dennoch geriet es wieder in Vergessenheit.
Man stützte sich fortan bei der Darstellung des Wappens auf eine Überlieferung an einem Glasfenster der Kapelle Maria Egg (Maria unter der Egg) sowie auf der Veteranenfahne.[25]
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am Wohnort gab es 1998 insgesamt 3674. Im verarbeitenden Gewerbe gab es keine, im Bauhauptgewerbe 14 Betriebe. Zudem bestanden im Jahr 1999 135 landwirtschaftliche Betriebe mit einer landwirtschaftlich genutzten Fläche von 3488 ha. Davon waren 185 ha Ackerfläche und 3293 ha Dauergrünfläche.
Öffentliche Einrichtungen
Es gibt folgende Einrichtungen (Stand: 2015):
Kindergärten: 388 Kindergartenplätze
Volksschulen: drei mit 45 Lehrern und 897 Schülern
Peitinger Wellenfreibad mit Volleyballplatz und Spielplatz
Verkehr
Peiting ist Knotenpunkt dreier Bundesstraßen. Die B 472 verläuft von Irschenberg über Bad Tölz nach Marktoberdorf in Ost-West-Richtung. Die B 17 verläuft von Augsburg nach Füssen in Nord-Süd-Richtung. Die B 23 ist die schnellste Verbindung von Peiting nach Garmisch-Partenkirchen und weiter zum Grenzübergang nach Scharnitz in Tirol.
Bis Anfang der 1990er Jahre litten die Anwohner unter Stau und Verkehrslärm, heute jedoch kann der Ortskern auf der gut ausgebauten Umgehungsstraße umfahren werden.
Auf dieser Strecke verkehren im Stundentakt Dieseltriebwagen der Bayerischen Regiobahn. Zu Bergbauzeiten hatte das Bergwerk einen eigenen Gleisanschluss, der nach Beendigung des Abbaus bis 2005 durch andere Firmen weiter genutzt wurde.[26] Außerdem gab es bis in die 1950er Jahre ab Peiting Ost eine Schmalspurbahn zum Torfwerk im Schwarzlaichmoor.[27]
Karl Fliegauf: Chronik der Gemeinde Peiting in fünf Bänden
Georg Urban Bucher: Urkundliche Beiträge zur Geschichte des Dorfes und der Pfarrei Peitingen. In: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte (Historischen Verein von Oberbayern, Hrsg.), Band 4, München 1843, S. 147–218 (online).
Weblinks
Commons: Peiting – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
↑Vgl. Das Geschlecht der Peutinger - Ministrale der Welfen. In: Karl Fliegauf: Chronik der Gemeinde Peiting. Band 1, Seite 159 ff.
↑Christoph Peters: Wenn Google Maps in die Irre führt: Alles Peitnach oder was? In: merkur.de. 22. Februar 2022, abgerufen am 22. Februar 2022 (laut diesem Zeitungsbericht verwendet das zuständige Landesamt ab Februar 2022 offiziell den im Ort gängigen Namen „Peitnach“ und hat die Änderung der einschlägigen Karten veranlasst).
↑Gemarkungs- und Gemeindeverzeichnis. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, 17. Februar 2022, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. Februar 2021; abgerufen am 2. Juli 2022.Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ldbv.bayern.de
↑ abGeorg Paula, Stefanie Berg-Hobohm: Landkreis Weilheim-Schongau: Denkmäler in Bayern. Karl M. Lipp Verlag, München 2003, Band 1, Seite 238
↑ abcMarkt Peiting. In: Der Landkreis Weilheim-Schongau. Herausgeber: Landratsamt Weilheim-Schongau 2010, Texte: Max Biller (Kreisarchivpfleger), Helmut Schmidbauer (Kreisheimatpfleger), Seite 65 bis 69
↑Peiting und Schongau (Altenstadt) unter den Welfen (1050–1200), Historischer Verein von und für Oberbayern, München 1920, Seite 4
↑Peiting und Schongau (Altenstadt) unter den Welfen (1050–1200), Historischer Verein von und für Oberbayern, München 1920, Seite 8 f.
↑ abcGeorg Paula, Stefanie Berg-Hobohm: Landkreis Weilheim-Schongau: Denkmäler in Bayern. Karl M. Lipp Verlag, München 2003, Band 1, Seite 239
↑Wappen- und Marktprivileg vom 28. Mai 1438; Ministerialentschließung vom 24. April 1836; Otto Hupp: Die Wappen und Siegel der deutschen Städte, Flecken und Dörfer. Frankfurt am Main 1912, S. 57 Klemens Stadler: Deutsche Wappen. Bd. 6, Bremen 1968, S. 39 Unser Landkreis Weilheim-Schongau, Bamberg 1986, S. 146 f.
↑Peter Rasch: Die Nebenbahnen zwischen Ammersee, Lech und Wertach. Mit Ammerseebahn, Pfaffenwinkelbahn & Co rund um den Bayerischen Rigi. EOS Verlag, St. Ottilien 2011, ISBN 978-3-8306-7455-9, S.196–199.
↑Peter Rasch: Die Nebenbahnen zwischen Ammersee, Lech und Wertach. Mit Ammerseebahn, Pfaffenwinkelbahn & Co rund um den Bayerischen Rigi. EOS Verlag, St. Ottilien 2011, ISBN 978-3-8306-7455-9, S.184–189.