Personal Carbon TradingDas Personal carbon trading (PCT) ist ein Sammelbegriff für diejenigen Emissionshandelskonzepte, welche die Emissionen der Privathaushalte miteinbeziehen. Da diese Konzepte zunächst im englischen Sprachraum entwickelt und diskutiert wurden, gibt es bisher keine etablierten deutschen Begriffe dafür. Oft wird einfach von „Ausweitung des Emissionshandels“ gesprochen. Im Umlauf sind außerdem die Begriffe Kohlenstoff-Lizenz,[1] Privater CO2-Emissionshandel,[2] Pro-Kopf-Emissionsquote,[3] und Emissionshandelsrechte für Privathaushalte.[4] Bislang werden in der Europäischen Union ca. 45 % der CO2-Emissionen über den EU-Emissionshandel erfasst.[5] In dieses System sind Industrie, Energieerzeuger und die Luftfahrtunternehmen einbezogen. Neben einer Ausweitung des Emissionshandels in der gesamten EU erlauben es die geltenden EU-Vorschriften auch, den Emissionshandel landesspezifisch auf weitere Bereiche z. B. auf den Straßenverkehr auszuweiten.[6][7] DeutschlandVerkehrsteilnehmer-AnsatzNach der Logik des bereits etablierten EU-Emissionshandels kann CO2 nur im Austausch mit einer entsprechenden Menge an Zertifikaten ausgestoßen werden. Übertragen auf den Bereich der Endverbraucher bedeutet dies, dass jeder im Besitz von Zertifikaten sein muss, wenn er z. B. zum Tanken fahren will, und genau wie bislang bereits jeder in den Zertifikatshandel einbezogene Industriebetrieb würde auch jeder Konsument ein entsprechendes Zertifikate-Konto erhalten.[3] Konkret sieht die Idee vor, dass jeder Bürger am Monatsanfang kostenfrei Zertifikate bekommt – jeder Bürger gleich viele. Beim Tanken werden parallel zum Bezahlen des Kraftstoffs für das in der Folge ausgestoßene CO2 entsprechende Zertifikate abgegeben. Wer am Monatsende noch ungenutzte Zertifikate zur Verfügung hat, kann sie zum Kauf anbieten. Umgekehrt muss derjenige, der mit seinem Kontingent nicht auskommt, zusätzliche Zertifikate erwerben. Hauptvorteile dieses Systems: Wer das Klima schont wird finanziell belohnt. Der Verbraucher bekommt unmittelbar ein Gefühl für die Höhe seiner CO2-Emissionen. Kraftstoffbereitsteller-AnsatzUm den eben beschriebenen Nachteil zu umgehen, erwerben Raffinerien und Kraftstoffimporteure von Öl und Gas CO2-Zertifikate für die von ihnen an Verbraucher gelieferte Mengen und versuchen ihre so gestiegenen Kosten über Preisanpassungen an ihre Kunden weiterzugeben.[7] Hauptvorteile: Minimale Transaktionskosten, weniger CO2-Konten müssen verwaltet werden. Die Komplexität wird den Unternehmen aufgetragen, für den Verbraucher gibt es keine neuen Konten, die Zertifikate werden ohne sein Zutun im Hintergrund für ihn gehandelt. Kraftstoffbereitsteller-Ansatz mit sozialem AusgleichWie beim Verursacherprinzip erhalten zunächst alle Verbraucher kostenfrei Zertifikate, die sie jetzt aber sofort wieder zum aktuellen Börsen-Kurs an eine Art Bank verkaufen können. Raffinerien und Kraftstoffimporteure erwerben entsprechend ihre Zertifikate bei dieser Bank.[8][9] Vorteile:
siehe auch Klimadividende Unterschied zu einer SteuerIm Gegensatz zu einer Steuer, bei der der Preis pro Emission politisch festgelegt wird und die nachgefragte Menge über den Markt entschieden wird, werden bei der Variante mit Zertifikaten die Mengen festgelegt und der Preis über die Nachfrage geregelt. Beide Varianten wirken aus Sicht der Verbraucher verteuernd, tendenziell ist mit einer reduzierten Nachfrage zu rechnen.[10] Wenn so viele Zertifikate verteilt werden, dass es zu keiner Verhaltensänderung kommen muss, kann der Preis für Zertifikate gegen null sinken. Auswirkungen auf den KraftstoffpreisDer Liter Benzin würde sich um 7 Cent verteuern, wenn der Straßenverkehr bei einem Zertifikatepreis von 30 Euro pro Tonne CO2 in den Emissionshandel einbezogen würde.[11] Bei den derzeit gehandelten CO2-Preisen wäre es ein Mehrpreis von 1,4 Cent pro Liter Benzin.[12][13] Ausweitung auf weitere SektorenDieses Prinzip könnte im gesamten Verkehrssektor angewendet werden.[14][15] Eine Ausnahme müsste beim Flugverkehr auf Inner-EU-Flügen gemacht werden, weil hier bereits die Luftfahrtgesellschaften dem Emissionshandel unterliegen. Neben dem Verkehr könnten auch der Gebäudesektor und die Landwirtschaft einbezogen werden.[7] In der Schweiz wird mit der sogenannten Lenkungsabgabe neben CO2 u. a. auch Heizöl besteuert.
Ausweitung auf weitere Schadstoffe und knappe GüterNeben CO2 können auch alle anderen Treibhausgase berücksichtigt werden. Prinzipiell können auch weitere Stoffe, wie Nitrate, Ammoniak[16], Phosphor, Feinstaub, Quecksilber, seltene Erden bzw. alle aus dem Boden entnommene nicht nachwachsende Rohstoffe einbezogen werden[17] (siehe auch planetarische Leitplanken). Aktuelle EntwicklungEine Reihe von Fachleuten und Wirtschaftsvertretern hat sich für die Ausweitung des Emissions-Handels ausgesprochen. So hat sich u. a. Daimler und BMW für eine Einbeziehung des Straßenverkehrs ausgesprochen.[18] Auch Opel zeigt sich offen und die Experten der Deutschen Bank und der FAZ sprechen sich ebenfalls dafür aus.[19][20] DeutschlandBasierend auf dem Prinzip Cap, Personalize and Trade propagiert der Klimaschutzverein SaveClimate.Earth einen persönlichen Emissionshandel mittels der komplementären CO2e-Währung ECO (Earth Carbon Obligation).[21] Der ECO wird allen Bürgern monatlich und kostenlos in gleicher Höhe als ökologisches Grundeinkommen ausgezahlt, um damit den individuellen CO2-Konsum zu bezahlen. Alle Waren und Dienstleistungen erhalten ein separates ECO-Preisschild. Es gibt die Summe CO2 an, das entlang der kompletten Wertschöpfungskette entsteht. Durch die Angabe des ökologischen Fußabdrucks können Verbraucher die Klimaschädlichkeit von Produkten vergleichen und eine proaktive Kaufentscheidung für das Klima treffen. Der ECO ist das einzige CO2-Bepreisungssystem, das sämtliche Treibhausgas-Emissionen lückenlos erfasst, transparent abbildet und gerecht abrechnet (EU-ETS bildet nur ca. 45 % aller THG in der EU ab[22] bzw. die CO2-Steuer betrifft nur die Sektoren Wärme und Verkehr[23]). Der ECO stellt eine Klimagaswährung dar, die zunächst zur Abbildung und Abrechnung von CO2-Emissionen entwickelt wurde. Das Konzept lässt sich auch auf andere Treibhausgase (z. B. Methan CH4, Lachgas N2O) übertragen. SchweizBereits heute erhält jeder Bürger den gleichen Betrag aus den Einnahmen der Schweizer Lenkungsabgabe zurückerstattet. Es gibt Überlegungen, die Lenkungsabgabe auf alle Emissionen auszuweiten.[24] EnglandIm Englischen werden unter der generellen Idee des PCT verschiedene Konzepte diskutiert:
In England wurde die Einführung einer „Carbon Credit Card“ durch das Umweltministerium konkret angekündigt. Hier soll der Verbraucher neben dem Marktpreis für die Produkte zusätzlich mit „CO2-Punkten“ bezahlen, die ihm in jährlich geringer werdenden Mengen zugeteilt werden. Soweit die Punkte nicht ausreichen für seinen Verbrauch, kann er über eine Börse weitere Punkte von denen erwerben, welche, weil sie zum Beispiel kein Auto haben und in einem Nullenergiehaus wohnen, ihre Punkte nicht verbrauchen. 2008 hat die Britische Regierung beschlossen, das System vorerst nicht einzuführen.[3] Forschung und EntwicklungEine Studie in Nature Sustainability kommt zu dem Schluss, dass persönliche Emissionsgenehmigungen (PCAs) eine wirkungsvolle Komponente zur Eindämmung des Klimawandels sein könnten. Sie sind der Ansicht, dass die wirtschaftliche Erholung von COVID-19 und neue technische Kapazitäten ein günstiges Zeitfenster für erste Testläufe in geeigneten Regionen eröffnet haben. PCAs umfassen – etwa monetäre – Credit-Feedbacks und sinkende Mengen an standardmäßig erlaubten Emissionen pro Kopf. Die Studie nennt zudem einige Probleme, die für eine Umsetzung erforscht und gelöst werden könnten.[25][26] Weblinks
Einzelnachweise
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