1969 erschien Fleischmanns erster abendfüllender Spielfilm Jagdszenen aus Niederbayern, basierend auf dem gleichnamigen gesellschaftskritischen Theaterstück von Martin Sperr, der auch die Hauptrolle übernahm. Der Film, der sich kritisch mit dem Umgang eines bayerischen Dorfes mit seinen Außenseitern, allen voran dem von Sperr verkörperten Homosexuellen, auseinandersetzt, erhielt mehrere Auszeichnungen wie das Filmband in Silber. Er wurde als deutscher Kandidat für den Oscar als Bester fremdsprachiger Film ins Rennen geschickt, wurde aber nicht nominiert.
Fleischmann galt seitdem als Repräsentant des Neuen Deutschen Films.[5] Zusammen mit Volker Schlöndorff gründete er 1969 die Filmproduktionsfirma Hallelujah Film. Auch Fleischmanns spätere Arbeiten kreisen in allegorischen Handlungen um das Problem der erzwungenen Anpassung des Einzelnen an eine verständnislose Umgebung. Immer wieder entpuppen sich dabei der vermeintlich Böse als gut und die vermeintlich Guten als böse. Das Unheil (1972), für den er gemeinsam mit Martin Walser das Drehbuch schrieb, prangerte Kleingeistigkeit in einer hessischen Kleinstadt an und thematisierte als einer der ersten Filme Umweltverschmutzung (in Cannes erhielt er den Prix Luis Buñuel)[6]; in Dorotheas Rache (1974) verarbeitete er die damalige Sexfilmwelle auf satirisch-provokante Weise.[7] Sein Film Die Hamburger Krankheit (1979) mit Helmut Griem über eine in Deutschland sich ausbreitende Seuche und die Frage, wie der öffentliche Umgang mit dieser sein sollte, erhielt im Zuge der COVID-19-Pandemie 2020 noch einmal Aufmerksamkeit.[8]
Im Gegensatz zu anderen Regisseuren des Neuen Deutschen Films erhielten Fleischmanns Filme zwar oft Respekt von Kritikern und anderen Regisseuren, selten aber die Aufmerksamkeit des Massenpublikums. Deshalb fiel ihm die Finanzierung größerer Projekte ab den 1980er-Jahren zunehmend schwer – Völker Schlöndorff beschrieb ihn in dieser Hinsicht als „Renaissance-Mensch, eine Art deutscher Orson Welles, der immer größer und weiter sah als andere, den viele auf seine ersten Filme reduzierten (...)“.[9] 1990 realisierte er Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein, eine mit viel Aufwand gedrehte Verfilmung des Science-Fiction-Romans der Brüder Arkadi und Boris Strugazki. Er blieb aber auch dem Dokumentarfilm treu und drehte im selben Jahr Deutschland. Deutschland, in dem mit einfachen Passanten aus Ost und West Gespräche über die Wende führte, die bereits zukünftige Schwierigkeiten erahnen ließen.[9] Im Jahr 2006 drehte er nach langer Pause den Film Mein Freund, der Mörder, eine Dokumentation über seinen Freund Bernhard Kimmel. Zuvor hatte er Kimmel bereits in Der Al Capone der Pfalz (1987) porträtiert. 2008 erschien sein Roman Die Zukunftsangst der Deutschen.[10] Zuletzt war er an der Restaurierung von mehreren seiner Filme beteiligt.[11]
In den 1990er-Jahren war Fleischmann an der Leitung der Babelsberg-Studios (früher UFA bzw. DEFA) beteiligt und kümmerte sich dabei maßgeblich um die Rettung der Studios, wozu er Investoren aus verschiedenen europäischen Ländern anwarb.[12][9] Peter Fleischmann gehörte 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie. Er lebte zuletzt in Werder bei Potsdam und starb im August 2021 im Alter von 84 Jahren an den Folgen eines Sturzes.[13]
Filmografie
Als Regisseur und Drehbuchautor
1957: Die Eintagsfliege (Kurzfilm)
1961: Geschichte einer Sandrose (Kurz-Dokumentarfilm)
1962: Brot der Wüste (Kurzfilm)
1963: Begegnung mit Fritz Lang (Kurz-Dokumentarfilm)
Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 16.