Troelstra wuchs in Stiens, einem Ortsteil von Leeuwarderadeel, auf. Schon während seiner Zeit auf dem Gymnasium zeigten sich bei ihm erste Ansätze seiner späteren Laufbahn. Zeitgenossen beschrieben seine „Kämpfernatur“ und sein Talent als Organisator und als Literat. Er kam schon früh mit den Schriftstellern Tsjalling Halbertsma und Onno Systra in Kontakt. Mit letzterem redigierte er 1881 das Gedichtebündel It jonge Fyslân (Das junge Friesland). Mit Oebele Stelingwerf gründete er die Theatergruppe Gysbert Japiks.
Nach seinem Schulabschluss studierte er von 1882 bis 1888 Jura an der Reichsuniversität Groningen. Seine literarischen Aktivitäten führte er weiter. Er arbeitete in der Redaktion der Literaturzeitschrift For hûs en hiem (Für Haus und Heim) und für das Nij Frysk lieteboek (Neues Friesisches Liedbuch), welches 1886 erschien. Außerdem arbeitete Troelstra weiter an seiner Karriere zum politischen Führer, sowohl in der Friesischen als auch der sozialistischen Bewegung.
1888 heiratete Troelstra Sjoukje Bokma de Boer (sie wurde unter dem Pseudonym ‘Nienke van Hichtum’ als Kinderbuchautorin bekannt). Mit ihr zusammen bekam er zwei Kinder, Dieuwke die später den Architekt, Bildhauer, Innenarchitekt und Anthroposoph Paul Bay heiratete und Jelle (später ein bekannter Zeichner).
Nach seinem Studium ließ sich Pieter Jelles Troelstra als Anwalt in Leeuwarden nieder. Hier wurde er 1890 Mitglied der Friese Volkspartij (Friesischen Volkspartei), beschloss aber, nach langem Zweifel seine politische Arbeit völlig auf die sozialistische Bewegung zu konzentrieren.
1892, bei einem Besuch der Regentin Emma und der zwölfjährigen Königin Wilhelmina in Leeuwarden, kam es als Antwort auf die Demonstrationen der Sozialisten zu antisozialistischen Aufständen. Troelstra verteidigte als Anwalt seine Parteigenossen, deren Wohnung von Königsgetreuen geplündert worden war. Daraufhin ging es mit seiner Anwaltskanzlei bergab.
Nachdem Troelstra einige Zeit in Utrecht gearbeitet hatte, zog er 1893 nach Amsterdam um. Im Jahr 1894 war er Mitbegründer der Sociaal Democratische Arbeiders Partij – SDAP (Sozialdemokratischen Arbeiterpartei) und 1897 wurde er für den Wahlbezirk Tytsjerksteradiel in die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments gewählt. Dort präsentierte er sich vor allem als überzeugter Antimonarchist. Er weigerte sich beim Prinsjesdag, der Eröffnung des Parlaments, anwesend zu sein und organisierte stattdessen Demonstrationen in Den Haag.
Neben seiner politischen Aktivität arbeitete er noch immer als Rechtsanwalt. So erlangte er eine gewisse Bekanntheit durch die Vertretung der Gebrüder Hogerhuis. Der Prozess gegen die drei, des Raubs beschuldigten, Brüder, die stets ihre Unschuld beteuerten, erhielt viel Aufmerksamkeit und wurde von der sozialistischen Bewegung benutzt, um das Rechtssystem in Frage zu stellen. Im Zusammenhang mit diesem Fall musste Troelstra aber wegen Missachtung des Gerichts eine einmonatige Gefängnisstrafe absitzen.[1]
Als die Partei 1900 mit finanzieller Unterstützung der deutschen Schwesterpartei SPD die Tageszeitung Het Volk (Das Volk) gründete, wurde Troelstra Chefredakteur. Aber schon 1903 wurde er vom Parteivorstand durch den Journalisten Pieter Lodewijk Tak ausgewechselt.
Bei den Wahlen von 1901 kam die SDAP von zwei auf sechs Sitze. Troelstra konnte sich in seinem eigenen Wahlbezirk Tytsjerksteradiel allerdings nicht durchsetzen und musste das Parlament kurzzeitig verlassen. Bei zwischenzeitlichen Wahlen im Distrikt Amsterdam gelang Pieter Jelles der Wiedereinzug ins Parlament, wo er bis 1925 blieb.
Troelstra hoffte auf das Aussterben der Monarchie mit Wilhelmina, da es so aussah, als würde die Ehe der Königin mit dem Prinzen Hendrik kinderlos bleiben. Als Ministerpräsident Heemskerk am 22. Dezember 1908 die zu erwartende Geburt einer Thronfolgerin bekannt gab und dem Königspaar unter lautem Jubel des Parlaments Glückwünsche aussprach, ergriff Troelstra das Wort und erklärte, dass die Glückwünsche nicht im Namen aller Mitglieder des Parlaments ausgesprochen worden waren. Das erregte nicht nur bei den Abgeordneten und der Bevölkerung, sondern sogar in der eigenen Fraktion Missbilligung. Die erwarteten Gewinne bei den folgenden Wahlen blieben aus.
Die Ehe von Troelstra und Sjoukje Bokma de Boer war nach seinem Umzug nach Amsterdam, durch seine ständige Abwesenheiten und auch einem außerehelichen Verhältnis zu der Haushälterin, instabil geworden und wurde 1907 offiziell geschieden. Troelstra heiratete kurz nach dieser Scheidung Sjoukje Osterbaan.
Toelstra begann wieder sich mehr der Literatur zu widmen. Er publizierte 1908 seinen berühmt gewordenen Gedichtband Rispinge (Ernte), ein Werk, das in einer Zeit moralisierender Dichtkunst durch seine Offenheit und den persönlichen Charakter der Gedichte auffiel. In der SDAP fanden inzwischen schwere Richtungskämpfe statt, die letztendlich zur Abspaltung des linken Flügels der Partei und zur Gründung der Communistische Partij van Nederland (CPN) (Kommunistische Partei der Niederlande) führte. Troelstra blieb aber weiterhin Mitglied der SDAP.
Nach dem Ausbruch der Novemberrevolution in Deutschland sah Troelstra seine Chance, die niederländische Bevölkerung 1918 zu einer sozialistischen Revolution aufzurufen. Seinen Aufrufen wurde allerdings kaum Gehör geschenkt. Das war für Troelstra eine große Enttäuschung. Er begann sich allmählich aus der Politik zurückzuziehen. In den letzten Jahren seines Lebens schrieb er unter dem Titel „Gedenkschriften“ seine Memoiren. Pieter Jelles Troelstra starb am 12. Mai 1930 in Den Haag.
1973 ehrte die Gemeinde Leeuwarden Troelstra mit der Stiftung eines neuen Literaturpreises, dem ‚Piter Jelle Preis’.
Die Zeit seiner Ehe mit Nienke van Hichtum (friesischNynke fan Hichtum) wurde in dem Film Nynke, mit Jeroen Willems als Troelstra und Monic Hendrickx als Nienke unter der Regie von Pieter Verhoeff, verfilmt.
Werke
1881: Fryske Brilloftswille
1881: Oan 'e Sédyk
1881: Wiersizzer fan âlde Foekje fan Heech
1881: It jonge Fryslân
1885: Fij, Lútsen!
1886: Nei de Stoarm
1886: Nij Frysk Lieteboek
1909: Rispinge
1910: Fen Liet en Libben
1930: Gedenkschriften
Literatur
Eintrag im Biografisch Woordenboek van Nederland (niederländisch)
Piet Hagen: Politicus uit hartstocht. Biografie van Pieter Jelles Troelstra. Arbeiderspers, Amsterdam 2010, ISBN 978-90-295-7216-3.
Ernest Hueting, Frits de Jong, Rob Neij: Ik moet, het is mijn roeping. Een politieke biografie van Pieter Jelles Troelstra. Bakker, Amsterdam 1981, ISBN 90-6019-835-2.