PrämedikationDie Prämedikation ist die Gabe von Medikamenten vor einem medizinischen Eingriff, meist vor Durchführung einer Anästhesie (Narkose) im Rahmen einer Operation. Darüber hinaus wird der Begriff Prämedikation für bestimmte Arzneimittel verwendet, die Teil eines onkologischen Therapieplans sein können. BegriffsklärungDie Prämedikation wird häufig von Anästhesisten bei der präoperativen Visite, der sogenannten Prämedikationsvisite, verordnet. Dadurch hat sich im Jargon der Ausdruck Prämedikation als Bezeichnung der Visite übertragen. Die präoperative Anästhesievisite besteht aber im Wesentlichen in der Risikoeinschätzung, Patientenaufklärung und Festlegung der Anästhesie-Maßnahmen für den geplanten Eingriff. Sie muss keine Verordnung einer Prämedikation beinhalten. Die Gleichsetzung des Begriffs Prämedikation mit der präoperativen Visite ist historisch-semantisch ein Kuriosum, da sich die präoperative Visite, etwa im Rahmen der Vorbereitung zur Anästhesie,[1] weder auf die Anordnung einer Prämedikation (als präoperative Medikation) beschränkt noch aus ihr entstand. Während die Gabe eines Antibiotikums zur Endokarditisprophylaxe häufig mit zur Prämedikation gezählt wird, ist dies bei der perioperativen Antibiotikaprophylaxe[2] meist nicht so. Zweck der PrämedikationDie Prämedikation diente früher eher der Vorbeugung von Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente sowie Verbesserung der Bedingungen für die Operation bzw. Durchführung der Anästhesie (Narkose). Dazu kommen Medikamente zur Dämpfung und Angstminderung der Patienten. Dies ermöglicht einen geringeren Bedarf an Anästhesiemedikamenten und senkt die Nebenwirkungen wie postoperative Übelkeit und Erbrechen (PONV). Heutzutage unterziehen sich immer mehr Menschen mit Vorerkrankungen und medikamentösen Dauertherapien medizinischen Eingriffen. Deshalb beinhaltet die Prämedikation vermehrt ein optimiertes Management der gesamten medikamentösen Therapie, vor allem im Hinblick auf Bluthochdruck- oder gerinnungshemmende Medikamente wie auch die Therapie des Diabetes mellitus. So müssen manche Medikamente abgesetzt, durch andere – meist kurzwirksamere – Alternativen überbrückt („gebridgt“)[3] oder zusätzliche Medikamente gegeben werden. GeschichteDas 1902 von Emil Fischer synthetisierte erste Barbiturat Veronal (Barbital) wurde als starkes Beruhigungsmittel (Sedativum) früher bei der Prämedikation angewandt.[4] Der Londoner Anästhesist Michael D. Nosworthy (1902–1980) definierte 1935 in seinem Buch The theory and practice of anaesthesia: „The term 'premedication' covers the use of any drug which is prescribed beforehand to smooth the subsequent anesthesia“ („Der Begriff ,Prämedikation’ umfasst den Gebrauch jeglichen Medikaments, das im Vorfeld verschrieben wurde, um die anschließende Narkose zu erleichtern“). Bei den früher durchgeführten Narkosen mit Äther wurde Scopolamin verabreicht. Damit sollte der vermehrte Speichelfluss (Hypersalivation) und damit verbundene Lungenentzündungen vermieden werden. Prämedikation diente auch zur Verminderung des Exzitationsstadiums bei der früher üblichen Einleitung mit der Schimmelbuschmaske. Prämedikation bei KindernDie früher, vor allem auch bei Kindern, sehr gebräuchliche intramuskuläre Prämedikation mit einer Medikamentenmischung (Neuroleptanalgesie) wird heute kaum mehr verwendet. Eine typische Mischung zur intramuskulären Prämedikation bestand zum Beispiel aus dem Opioid Pethidin, dem niederpotenten Neuroleptikum Promethazin (oder Chlorprothixen[5])[6] und dem Vagolytikum Atropin. Ebenso selten verwendet wird die rektale Prämedikation mit Barbituraten. Stattdessen wird die orale Prämedikation[7] mit angesüßtem Midazolam-Saft bevorzugt. Dieses Benzodiazepin kann auch rektal[8] oder nasal angewendet werden. Heutzutage bekommen Kinder, bei denen zur Narkoseeinleitung eine Kanüle gelegt wird, häufig eine Salbe mit den Wirkstoffen Lidocain und Prilocain (Lokalanästhetika) auf den Handrücken. Diese Salbe kann auch an ein Pflaster gebunden appliziert werden. Dadurch wird die Haut betäubt und der Stich der Kanüle von den Kindern besser toleriert. Zeitpunkt der PrämedikationEs gibt keinen festen Zeitpunkt für die Medikamentengabe. Diese richtet sich nach den Wirkstoffen. Langwirksame Beruhigungsmittel und Säureblocker können am Vorabend gegeben werden. Antibiotika müssen in einem festen Zeitintervall vor der Operation gegeben werden, um optimale Wirkspiegel zu erreichen. Steroide zur Vorbeugung der postoperativen Übelkeit können zur Narkoseeinleitung oder noch danach gegeben werden. Verwendete MedikamenteFolgende Medikamente werden heute alleine oder in Kombination zur Prämedikation verwendet:
Prämedikation in der OnkologieIm onkologischen Bereich wird der Begriff Prämedikation für Arzneimittel verwendet, die vor einer onkologischen Therapie, etwa einer Infusion von Zytostatika oder bestimmten monoklonalen Antikörpern, verabreicht werden. Die Prämedikation kann ein fester Bestandteil von Therapieplänen oder Vorgabe der Arzneimittelfachinformation eines Präparates sein, sie kann jedoch unter Umständen auch eine Bedarfsmedikation sein (z. B. nach Auftreten von Nebenwirkungen bei vorherigen Therapien). Zweck der Prämedikation ist es zumeist, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Nebenwirkungen zu reduzieren. Begriffliche Überschneidungen gibt es mit dem Begriff Supportivtherapie.
Einzelnachweise
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