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Restaurant Vincenz Richter

Restaurant Vincenz Richter 2012
Das Restaurant 1910

Das Restaurant Vincenz Richter ist eine Gaststätte in Meißen. Es befindet sich in einem mit 1523 datierten, unter Denkmalschutz stehenden Haus,[1] als Teil der Platzrandbebauung direkt gegenüber der Nordfassade der Frauenkirche. Diese war nach einem zerstörerischen Stadtbrand von 1450 bis 1520 als repräsentativer Bau der Spätgotik neu errichtet worden.

Gebäude

Das Gebäude unter der Adresse An der Frauenkirche 12 ist eines der wenigen Fachwerkhäuser in der Meißner Altstadt. Es wurde 1523 im Stil der Renaissance durch Meister Valentin als Zunfthaus der Tuchmacher erbaut.[2] Als solches diente es über drei Jahrhunderte. 1838 erwarb es der Herbergsvater und Küster der Frauenkirche. Als Schenke bekam es das Branntwein- und Braurecht.

Das Türmchen an der Vorderseite stammt aus dem Jahr 1921, das Seitengebäude wurde zwischen 1924 und 1926 errichtet, das Hintergebäude ist mit 1925 bezeichnet. Das Hofgebäude wurde 1970 von einem anderen Ort transloziert.

Restaurant

Büste Vincenz Anton Richters I.
Das Restaurant 1929 mit Dachturm. Links die Frauenkirche

Der Meißner Vincenz Anton Richter (* 14. Juni 1845 in Aussig; † 4. Oktober 1903 in Meißen) war Gastwirt, Fleischer und Oberst der kaiserlichen Armee. Seine Eltern betrieben das Gasthaus „Zur Krone“. Sein Bruder Emanuel kaufte 1873 das Haus an der Frauenkirche und verpachtete es an Vincenz Anton.[3] Dieser übernahm das Braurecht des Tuchmacherzunfthauses, wie auch zahlreiche Humpen und Krüge verschiedener Zünfte.[3] Vincenz Anton Richter war Mitbegründer des 1. Deutschen Hotel- und Gastwirtbundes.

Sein gleichnamiger Sohn Vincenz Anton Richter (* 4. Januar 1878[2]) war von Beruf Gastwirt und Böttchermeister. Er übernahm die Gaststätte 1903[3] und bekam die Erlaubnis zum Ausschank von Wein und Bier. Außerdem ließ er eine Weinpresse und einen Weinkeller erbauen. Bei den Erweiterungen kamen Kulturgegenstände aus frühdeutscher Zeit zum Vorschein.[3]

Kelterei im Hof des Restaurants 1930

Vincenz Richter III. († 1985) betrieb Weinbau mit eigenen Weinbergen. Er erweiterte 1928 denkmalgerecht das Restaurant um einen den historischen Weinhof anlässlich der 1000-Jahrfeier Meißens.[2] Der Hof gilt als ältester erhaltener Weinhof Sachsens.[4] Dort und im Keller des Restaurants wurden die Trauben der eigenen Weinberge zu Wein verarbeitet. Ab dem 25. Januar 1943 führten Vincenz Richter III. und seine Frau Ilse das Gastgewerbe in den schwierigen Folgejahren fort. Sie kämpften erfolgreich gegen die sozialistische Enteignung und erwarben 1954 den Weinberg „Löwenstein“.[5] Richters erhielten am 4. Juni 1945 vom Oberbürgermeister der Stadt Meißen den Bescheid, dass alle historischen Waffen in der Weinstube verbleiben durften, obwohl mit Kriegsende alle Bürger die Waffen abgegeben mussten. Bedingung aber war, dass die Läufe aller Waffen zugeschweißt oder angebohrt wurden.

Helga, die Tochter von Ilse und Vincenz Anton Richter und ihr Mann Gottfried Herrlich führten in vierter Generation 1988, noch vor der Wende, eine komplexe Rekonstruktion des Hauses durch.[6] Sie etablierten 1990 eine zeitgemäße Restaurantkultur unter dem Motto „Sehen, Erleben, Genießen“. 1992 wurde das Restaurant erstes Mitglied in den neuen Bundesländern bei der internationalen Vereinigung von „Romantik Hotels & Restaurants“.[2] 1990 wurde das heutige Weingut Vincenz Richter gegründet.

Ende April 2024 haben Helga und Gottfried Herrlich das Restaurant als Altersgründen schließen müssen. Es wird ein neuer Betreiber gesucht. Zum Erhalt der Raritäten und Antiquitäten besteht der Gedanke, eine Stiftung zu gründen.[7]

Im Restaurant wurde unter anderem für die Serien Siebzehn Augenblicke des Frühlings und Pfarrer Braun gedreht.

Die Reihe Brockhaus-Souvenir mit Landschafts- und Bildbänden wurde im Juni 1985 erstmals im Restaurant Vincenz Richter präsentiert.[8]

Sammlung

Sammlungsgegenstände 1935

Den großen Teil der umfangreichen Sammlung trug bereits Vincenz Anton Richter I. zusammen. Dazu gehören unter anderem Beile aus dem Bauernkrieg, Rüstungen und Hellebarden aus dem Revolutionsjahr 1848, Helme der Meißner Stadtwache, Gewehre und vieles mehr.[6] Darüber hinaus befinden sich in der Sammlung Folterwerkzeuge, die das Meißner Gericht zum Einschmelzen geben wollte, als sich die Rechtslage geändert hatte. So enthält der Restaurantkeller eine der größten Sammlungen von Hand-, Fuß- und anderen Schellen Mitteleuropas.[3] Auch das Beil von Friedrich August Kentsch zählt zu der Sammlung. Dieser stellte am 17. Juli 1841 die Freiwillige Feuerwehr Meißen auf, die erste deutsche Freiwillige Feuerwehr nach heutigem Verständnis.[9] Auch Kuriositäten wie ein fußballgroßer Meteorit und eine Ofenplatte aus dem 16. Jahrhundert gehören zum Bestand des Museums.[3]

2014 wurde die Waffensammlung restauriert. Die Ausstellungsgegenstände sind derzeit noch nicht inventarisiert.

Galerie

Commons: Restaurant Vincenz Richter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Sachsen zur Denkmal-ID 09265695 (PDF, inklusive Kartenausschnitt) – Weinstube »Vincenz Richter«; Tuchmacherinnungshaus (ehem.). Abgerufen am 25. November 2021.
  2. a b c d Hauschronik des Restaurants (Memento vom 22. Juli 2016 im Internet Archive)
  3. a b c d e f Carola Schütze: Dreimal Vincenz, nun eine Frau. In: Neue Zeit. 7. Mai 1986 (online [abgerufen am 23. November 2021]).
  4. Ganz in Familie. In: Sächsische Zeitung. 19. April 2006 (kostenpflichtig online [abgerufen am 24. November 2021]).
  5. Geschichte und Geschichten. Restaurant Vincenz Richter, abgerufen am 23. November 2021.
  6. a b Peter Anderson: Meißner Weinlokal Vincenz Richter aufpoliert. In: Sächsische Zeitung. 28. Februar 2014 (kostenpflichtig online [abgerufen am 23. November 2021]).
  7. Harald Daßler: Wie geht es weiter bei „Vincenz Richter“? In: Sächsische Zeitung. 19. Juni 2024 (kostenpflichtig online [abgerufen am 21. Juni 2024]).
  8. Eine preiswerte neue Reihe bei Brockhaus. In: Neues Deutschland. 29. Juni 1985 (online [abgerufen am 23. November 2021]).
  9. Paul Arthur Frank: Das Deutsche Feuerwehrbuch. 1. Auflage. Bechtermünzverlag, Dresden, Wien 1929, S. 15–16.

Koordinaten: 51° 9′ 46,5″ N, 13° 28′ 11,4″ O

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