Dieser Artikel behandelt das Körperglied. Siehe auch: Der Ringfinger, Erzählung.
Der Ringfinger (lateinischDigitus anularis), früher auch Goldfinger und Herzfinger genannt, ist der vierte Finger der Hand (Digitus manus quartus) und befindet sich zwischen dem Mittelfinger und dem kleinen Finger. Er wird von drei Fingergliedknochen gestützt.
Der Name Ringfinger ist darauf zurückzuführen, dass an diesem Finger besonders häufig Ringe (lateinischanulus für „Ring“) getragen werden. In Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern werden der Verlobungsring am linken Ringfinger und der Trauring später am rechten Ringfinger getragen, in der Schweiz und Italien umgekehrt. Im Altertum und in der Antike galt der Glaube, dass eine Ader, die als Vena amoris bezeichnet wird, vom linken Ringfinger direkt zum Herzen und damit zur Liebe führt, weshalb sowohl Ägypter als auch Römer den Trauring an diesem Finger trugen („… nervum quendam tenuissimum ab eo uno digito, de quo diximus, ad cor hominis pergere ac pervenire“, Aulus Gellius, Noctes Atticae X,10).[3][4][5]
Der (rechte) Ringfinger hat vom Mittelfinger die Funktion des Digitus medicinalis übernommen und wird daher auch Arztfinger genannt.[6][7] Ursprünglich nutzten die Ärzte den Mittelfinger zum Auftragen von Salben, gleichzeitig war dieser jedoch als Stinkefinger (Digitus impudicus) bekannt. Vermutlich sollte mit dem Wechsel des Arztfingers zum Ringfinger die heilende Hand des Arztes vom Hauch des Obszönen befreit werden.[8][9]
Obwohl die motorische Steuerung der Hand im Gehirn eine große Region einnimmt, ist der Ringfinger im Vergleich zu den anderen Fingern nur eingeschränkt beweglich.[10]Evolutionsbiologisch hat der Ringfinger hauptsächlich eine unterstützende Funktion beim Greifen und praktisch keine eigenen Aufgaben.[10] Daher wird der Ringfinger von allen Fingern am wenigsten allein, sondern meist zusammen mit seinen Nachbarfingern eingesetzt. Beim Spielen von Musikinstrumenten (Fingersatz) oder beim Maschinenschreiben übernimmt der Finger eigenständige Aufgaben.
Der angehende Pianist und spätere Komponist Robert Schumann hängte sich Gewichte an die Ringfinger, um sie zu stärken. Er erlitt Sehnenscheidenentzündungen und seine Ringfinger wurden dauerhaft geschädigt. Seine Aussicht, Konzertpianist zu werden, wurde zwar zerstört, aber seine Karriere als Komponist begann.
László A. Magyar: Digitus Medicinalis – the Etymology of the Name. In: Actes du Congr. Intern. d’Hist. de Med. XXXII. Antwerpen 1990, S.175–179 (geocities.com (Memento vom 29. Juli 2009 im Internet Archive)).
↑S. Lutchmaya, S. Baron-Cohen, P. Raggatt, R. Knickmeyer, J. T. Manning: 2nd to 4th digit ratios, fetal testosterone and estradiol. In: Early Human Development. 77, 2004, S. 23–28, doi:10.1016/j.earlhumdev.2003.12.002.
↑Thomas Gleinser: Anna von Diesbachs Berner ‚Arzneibüchlein‘ in der Erlacher Fassung Daniel von Werdts (1658), Teil II: Glossar. (Medizinische Dissertation Würzburg), jetzt bei Königshausen & Neumann, Würzburg 1989 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 46), S. 39 (artzet finger).
↑Ludwig Klages: Charakterkunde II. In: Sämtliche Werke. 1. Auflage. Band5. Bouvier, Bonn 1979, ISBN 3-416-01364-6, S.458.