Sérgio Mendes erhielt am Konservatorium in Niterói eine Ausbildung als klassischer Pianist, interessierte sich jedoch schon früh für Jazz. Anfang der 1960er Jahre wurde er der Leiter des „Sexteto Bossa Rio“, dem Paulo Moura am Saxophon, Pedro Paulo an der Trompete, Durval Ferreira an der Gitarre, Octávio Bailly am Kontrabass und Dom Um Romão am Schlagzeug angehörten. Sein Debütalbum, mit ausschließlich Instrumentalstücken, Dance moderno, brachte er 1961 in Brasilien bei Philips heraus. Mit ihm zusammen spielten darauf Bebeto Castilho (Saxophon, Flöte, Kontrabass), Durval Ferreira (Gitarre) sowie Edson Maciel (Posaune).
Mendes trat 1963 auf Jazz-Festivals in Frankreich und Italien auf, war 1964 auf Tournee in Japan und ließ sich anschließend in Los Angeles nieder, als in seinem Heimatland die Militärdiktatur begann. In einem Interview erklärte er später:
„I immediately liked it. […] I liked it because of the climate. It was so much less stressful than New York; it was relaxed. It had more to do with me. […] Things happen really spontaneously here. All of that has to do with Hollywood, with the music industry, and the wonderful place that is Los Angeles.“
„Es hat mir sofort gefallen. […] Ich mochte es wegen des Klimas. Es war so viel weniger stressig als New York, es war entspannt. Es hatte mehr mit mir zu tun. […] Die Dinge passieren hier wirklich spontan. All das hat mit Hollywood zu tun, mit der Musikindustrie und dem wunderbaren Ort Los Angeles.“[7]
In den USA gründete er das Ensemble „Sérgio Mendes & Brasil ’66“ und unterschrieb einen Vertrag bei Herb Alperts Plattenfirma A&M Records. Als Sängerin verpflichtete Mendes unter anderem Alperts spätere Ehefrau Lani Hall. Im Jahr 1966 arrangierte er die Komposition Mas, que nada von Jorge Ben neu und nahm sie mit seinem Ensemble für eine Schallplatte auf. Es wurde einer seiner größten Erfolge. Ähnlich erfolgreich wurden die Coverversionen von Burt BacharachsThe Look of Love und The Fool on the Hill von den Beatles, die er 1968 aufnahm.
Sérgio Mendes tauschte 1971 die Mitglieder seines Ensembles aus und nannte es „Sérgio Mendes & Brasil ’77“. Er wechselte 1973 für die LP Love Music von A&M zur Plattenfirma Bell Records. Für eine weitere LP bei diesem Plattenlabel, Vintage ’74, nahm er drei Songs von Stevie Wonder auf. Nach mehreren weniger erfolgreichen Jahren erlebte Mendes 1983 – ohne „Brasil ’77“ – mit der poppigen Ballade Never Gonna Let You Go (gesungen von Joe Pizzulo und Leeza Miller) ein Comeback in den USA (der Song erreichte Platz 4 der Musik-Charts). Für die dazugehörige LP, Sergio Mendes, unterschrieb er erneut einen Vertrag mit A&M. Mendes wurde 1992 erstmals mit dem Grammy ausgezeichnet, sein Werk Brasileiro erhielt die Ehrung als „Best World Music Album“.[8]
Mendes spielte mit vielen bekannten Jazzmusikern zusammen. Seine Musik erreichte in Brasilien, den USA, Europa und Japan große Popularität. Einer seiner Songs, So Many Stars (von ihm komponiert, mit einem Text von Alan & Marilyn Bergman), wurde von vielen Interpreten der internationalen Jazzszene interpretiert. Er zählt heute zu den Jazzstandards.
Im Februar 2006 erschien Mendes’ Album Timeless. Die erste daraus ausgekoppelte Single, eine Neuauflage von Mas, que nada mit der Hip-Hop-Gruppe Black Eyed Peas, wurde ein internationaler Hitparadenerfolg. Das gesamte Album wurde von Will.i.am von „Black Eyed Peas“ produziert, der dafür viele der alten Hits von Sérgio Mendes neu arrangierte und einige neue Lieder schrieb (in der Schweiz wurde das Album unter dem Titel Sérgio Mendes feat. Black Eyed Peas veröffentlicht). Weitere Songs auf diesem Album sind u. a. in Zusammenarbeit mit den Musikern Stevie Wonder, Erykah Badu, John Legend und Justin Timberlake entstanden. In Deutschland schaffte es das Album an die Spitze der Jazzcharts.[9] Mendes erhielt für Timeless eine Grammy-Nominierung und setzte sein Comeback mit den Alben Encanto (2008) und Bom Tempo (2010) fort.
Sérgio Mendes heiratete 1970 die brasilianische Sängerin Gracinha Leporace (* 1949), die seit 1969 zu seinem Ensemble gehörte. Ein Jahr zuvor hatte sie ihr einziges Soloalbum veröffentlicht, das ihren Namen als Titel hat. Seither ist sie auf vielen Alben von Mendes zu hören.
↑dpa: Musik: Rios Sound für die Welt: Jazzlegende Sérgio Mendes gestorben. In: Die Zeit. 6. September 2024, ISSN0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 4. Oktober 2024]).