Die Grundsteinlegung von Santa Croce soll einer Legende zufolge von dem hl. Franz von Assisi selbst vorgenommen worden sein.
Santa Croce wird auch als „Pantheon von Florenz“ bezeichnet. Dies liegt allerdings nicht an ihrer Architektur, sondern daran, dass sich hier die Grabmäler von Machiavelli, Michelangelo, Galileo Galilei und Gioachino Rossini sowie Gedenkstätten für viele andere berühmte Italiener wie zum Beispiel Guglielmo Marconi befinden. Im Übrigen ist die Kirche in ihrer Anlage zwar von der klassischen Einfachheit franziskanischer Kirchenbauten geprägt, die hier allerdings ins Monumentale gesteigert ist, und mit Fresken von Giotto, Taddeo Gaddi und anderen Meistern ausgestattet.
Im 16. Jahrhundert fing man mit dem Bau eines Campanile nach den Entwürfen von Francesco da Sangallo an. Der Turm wurde nie fertiggestellt, seine Reste wurden im Jahr 1854 abgebrochen. Die Arbeiten an den Fassaden beendete erst Nicola Matas im Jahr 1863.
Santa Croce ist die größte und eine der bedeutendsten Franziskanerkirchen Italiens. Im Gegensatz zu den Zisterziensern, die einsame Tallagen für ihre Klöster wählten, bevorzugten die Franziskaner ebenso wie andere Bettelorden eine Lage am Rand der jeweiligen Stadt. Sie wollten keine kontemplative religiöse Versenkung, sondern in die Bevölkerung hinein agieren. Deswegen erreichten die Kirchen der Bettelorden auch häufig beachtliche Größe. In ihnen bestattet zu werden, galt vielen als eine Garantie auf Erlösung von den Sünden, da hier die Mönche für sie beteten. Reiche Familien stifteten häufig große Kapellen und ließen sie prunkvoll ausstatten.
Zusammen mit dem Dom und Santa Maria Novella, der Kirche des Dominikanerordens in Florenz, bildet Santa Croce den großartigen Dreiklang gotischer Sakralarchitektur in Florenz, die sich – im Vergleich mit der Gotik in Frankreich – durch eine andere Raumauffassung auszeichnet: weite Arkadenöffnungen zu den Seitenschiffen, darüber eine niedrige Lichtgadenzone, die in Santa Croce allerdings nicht durch ein Steingewölbe, sondern – das Stilideal der franziskanischen Einfachheit mehr zitierend als ihm entsprechend – durch ein offenes Sparrendach abgeschlossen wird. Das durchlaufende kräftige Konsolgesims betont den Eindruck der Lagerung, obwohl die lichte Höhe des Mittelschiffs mit 34,5 Meter größer ist als die von Notre-Dame in Paris und fast so groß wie die von Chartres und Reims.
An das schmale dreischiffige Langhaus schließt sich ein Querhaus an und unmittelbar danach der schmale Chor, der von je fünf rechteckigen Seitenkapellen begleitet ist, die die Schmuckstücke der Kirche darstellen, da sie weitgehend mit Fresken ausgemalt sind.
Innocenzo Spinazzi, Grabmonument für Niccolò Machiavelli († 1527), 1787
Kenotaph von 1829 für Dante († 1321)
Rossinis Grab († 1868)
Ausstattung
In der Kirche befinden sich zahlreiche Meisterwerke italienischer Maler des 14. Jahrhunderts, wie ein Kruzifix, von Cimabue von Ende des 13. Jahrhunderts. Das Kruzifix wurde durch die Überschwemmung in Florenz 1966 beschädigt und trotz Restaurierung ist das Gesicht Christi verwischt. Giotto war 1317 für die Komposition und Ausführung der Fresken in der Peruzzikapelle (Szenen aus dem Leben des Evangelisten Johannes und Johannes des Täufers) und in der Bardikapelle (Szenen aus dem Leben des Heiligen Franziskus) verantwortlich. Die Szenen aus dem Marienleben in der Baroncellikapelle freskierte Taddeo Gaddi. Zum Ende des 14. Jahrhunderts malte sein Sohn Agnolo Gaddi in der Apsis den Zyklus der Legende vom Wahren Kreuz, auch die Heiligenszenen in der Castellanikapelle stammen von ihm und Gherardo Starnina. Donatello schuf sein erstes Kruzifix für die Kirche (1407–08, ursprünglich im nördlichen Seitenschiff, heute in der Kapelle Bardi di Vernio) und etwa um 1433–35 ein Hochrelief der Verkündigung aus Sandstein mit Terrakottaputten als Retabel für die Familie Cavalcanti. Das Retabel des ehemaligen Hochaltars von Ugolino di Nerio wurde entfernt und zerteilt. Seine Reste werden heute in verschiedenen Museen insbesondere der National Gallery in London[1] und der Gemäldegalerie in Berlin[2][3] aufbewahrt. Es wurde wenig später durch ein neues von Niccolò Gerini und Giovanni del Biondo ersetzt.
Taddeo Gaddi, Arbor vitae (um 1330–40 oder –60), Refektorium
Agnolo Gaddi, Legende vom Wahren Kreuz (1385–1387), Nordwand der Apsis
Agnolo Gaddi, Legende vom Wahren Kreuz (1385–1387), Südwand der Apsis
Hochaltar mit einer Madonna von Niccolò Gerini, und den Doktoren der Kirche von Giovanni del Biondo und einer unbekannten Hand (14. Jh.)
Donatello, Cavalcanti-Verkündung (um 1433–35)
Luca della Robbia, Thronende Madonna, um 1480, Medicikapelle
Giorgio Vasari, Kreuztragung Christi und Christus begegnet Veronika, 1568–72, Buonarrotialtar
Baroncelli-Kapelle und die Castellani-Kapelle
Auf den Wänden der Chorkapellen befindet sich einer der wichtigsten Freskenzyklen der italienischen mittelalterlichen Malerei. Die Kapellen umfassen die Hauptkapelle und die über zehn Seitenkapellen, die wesentlich niedriger sind. Zu den größeren Kapellen des rechten Querschiff gehören die Baroncelli-Kapelle und die Castellani-Kapelle. Die Fresken stammen von Taddeo Gaddi aus den Jahren 1332–1338 und schildern Szenen aus dem Marienleben. Gaddi war der engste Nachfolger Giottos. Diese Fresken sind noch zu Giottos Lebzeiten entstanden.
Bemerkenswert ist u. a. eine der oberen Szenen, die in der Verkündigung an die Hirten eines der ersten Nachtbilder der Kunstgeschichte zeigt. Auch sieht man, warum die Zeit des frühen 14. Jahrhunderts, also die Zeit Giottos, als Protorenaissance bezeichnet wird. Signifikant ist in der oberen und der unteren Szene, die Teile eines Kirchengebäudes zeigen, dass die Menschen zwischen den Säulen hindurch eine gemeinsame Handlung bilden, sich also von den Säulen nicht trennen lassen. Hier zeigt sich eine Entsprechung zur Architektur, die sich zu dieser Zeit auch schon um den Eindruck eines Einheitsraumes bemüht und nicht diese deutliche Einteilung in ein Mittelschiff und die Seitenschiffe betonte wie die nordeuropäische Gotik.[4]
Bardi- und die Peruzzi-Kapelle
Die beiden Kapellen liegen direkt rechts von der Hauptkapelle. Beide Familien, die der Bardi und der Peruzzi, waren Inhaber großer Bankhäuser in Florenz und konnten solch teuren Kapellenbauten finanzieren.
Die Fresken der Bardi-Kapelle schildern das Leben des hl. Franziskus, der den Orden gegründet hat. Sie stammen von Giotto und seiner Schule aus den Jahren 1315–20. Sie sind erst 1852 wiederentdeckt worden. Zur Zeit des Barock waren sie übertüncht und mit Grabmälern zugestellt. 1852 restaurierte man sie, allerdings so radikal, dass man auch fehlende Partien ergänzte. Diese wurden bei einer neuerlichen Restaurierung 1958 wieder entfernt, allerdings mit der Konsequenz, dass das Ganze jetzt sehr unfertig aussieht.
Am 19. Oktober2017 wurde ein spanischer Tourist von einem herabfallenden, ca. 15 mal 15 Zentimeter großen Stein erschlagen. Der Stein hatte sich in etwa 20 Metern Höhe von der Decke der Kirche gelöst und war dem Touristen unmittelbar auf den Kopf gefallen.[6] Die Kirche wurde daraufhin geschlossen, war aber seit November 2017[7] wieder für Besucher geöffnet.[8]
Literatur
nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet
August Rave: Christiformitas. Studien zur franziskanischen Ikonographie des florentiner Trecento am Beispiel des ehemaligen Sakristeischrankzyklus von Taddeo Gaddi in Santa Croce (= Manuskripte für Kunstwissenschaft in der Wernerschen Verlagsgesellschaft 2). Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1984, ISBN 978-3-88462-901-7
Gosbert Schüssler: Ein provozierendes Bildwerk der Passion: Donatellos Kruzifix von S. Croce. In: Karl Möseneder (Hrsg.): Streit um Bilder. Von Byzanz bis Duchamp. Reimer, Berlin 1997, ISBN 3-496-01169-6, S. 49–72.
Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance. Architektur – Skulptur – Malerei – Zeichnung. Könemann, Köln 1994. ISBN 3-89508-054-3
Klaus Zimmermanns: Florenz. Ein europäisches Zentrum der Kunst. Geschichte, Denkmäler, Sammlungen. DuMont, Köln 1984. ISBN 3-7701-1441-8. 6. Auflage: 1990.