SprechbriefUnter dem Sprechbrief versteht man eine Schallplatte, auf die mittels eines Mikrofons eine Grußbotschaft aufgesprochen und vom Empfänger auf einem Grammophon abgehört werden konnte. Der Sprechbrief war in der Regel eine Minute lang, enthielt zwischen 130 und 140 Wörter und galt in den 1930er Jahren als gängige, wenn auch teure Alternative zu Telegramm und Postkarte. Im Kriegszusammenhang der frühen 1940er Jahre hieß er Sprechender Feldpostbrief. Der international gebräuchliche Begriff ist die Fonopost. GeschichteEin Vorläufer des Sprechbriefs war das Post-Phonogramm des amerikanischen Erfinders Thomas Alva Edison. Im Jahr 1877 besprach Edison zwei seiner Folienwalzen (Edisonwalzen) – die eine mit einem Gruß an seinen Geschäftspartner in London, die andere mit einer Werbenachricht an das englische Publikum. Auf der Berliner Funkausstellung 1931 stellte der deutsche Elektrokonzern AEG einen Sprechbriefautomaten vor, bei dem nach Einwurf einer Münze eine Schallplatte besprochen und anschließend als „sprechender Brief“ per Post versandt werden konnte.[1] Dies war technisch möglich geworden, weil in der Zeit Heimgeräte zur Aufnahme von Schallplatten auf den Markt kamen und den Kunden erstmals die Möglichkeit boten, selbst Töne aufzunehmen. Allerdings waren diese bis zum Jahr 1935 auch in kompakter Form hergestellten Tonfolienschneider für den Privathaushalt mit rund 1000 Reichsmark zu teuer[2] und setzten sich nicht durch. Erster Sprechbrief der ReichspostAnfang August 1938 führte die Reichspost in Zusammenarbeit mit dem Hersteller von Unterhaltungselektrik C. Lorenz den Sprechbrief als postalischen Nachrichtenträger offiziell ein. In den technischen Hausmitteilungen, den „Lorenz-Berichten“, vom Dezember 1938 wird das Verfahren beschrieben:
Das Postamt 1 in Berlin-Charlottenburg stellte die erste Sprechbrief-Box auf. Dieser Post-Dienst fand vor allem Interessenten, die Sprechbriefe nach Übersee verschickten. Die Aufnahme geschah technisch auf einer Metallophon- oder Decelithplatte; der finale Tonträger wies laut Lorenz eine besondere Unempfindlichkeit gegen Witterungseinflüsse auf und sei „daher auch tropenfest“.[4] Typischer Inhalt eines SprechbriefsDer oben abgebildete Umschlag enthält eine Schallplatte mit der Aufschrift: „Zur Erinnerung an den Dezember 1938 bzw. an Mutter und Vater 8.12.1938“. Der auf die Schallplatte aufgesprochene Text lautet:
Geräusche und Stimmen im Hintergrund beschließen die Aufnahme. Bei der Schallplatte handelt es sich um eine Silberschneidefolie mit der Aufschrift „unzerbrechlich und tropenfest“. Der Sprechbrief als Tonvariante der FeldpostDer Sprechbrief im Zweiten Weltkrieg war in der Regel länger, bis zu ca. 5 Minuten. Er spielte da eine, wenn auch nicht wichtige Rolle, unter anderem als Instrument der Propagandakompanien, die sich „tönende Kompaniearchive“ mit aufgesprochenen Tapferkeits- und Erfolgsgeschichten vorstellten, zu denen es jedoch nie kam. Auch das Deutsche Rote Kreuz DRK bediente sich der Sprechbriefe – wegen ihrer Ähnlichkeit zur geschriebenen Feldpost meist „Sprechende Feldpost“ genannt. Diese Aufnahmen tragen einen stärker persönlichen Charakter. Außer einigen, meist vor Weihnachten von Soldaten an die zuhause gebliebenen Angehörigen verschickten Exemplaren sind nur wenige Sprechbriefe erhalten. Das größte Konvolut befindet sich im Deutschen Rundfunkarchiv. Hier der Erschließungstext eines typischen Sprechbriefs des DRK:
Fonopost und spätere SprechbriefvariantenAls „Fonopost“ war der Sprechbrief unter anderem in Südamerika (Argentinien), aber auch den Niederlanden und in Japan bekannt. Die New York Times berichtete 1939 in ihrer Philatelie-Rubrik über drei von der argentinischen Post angekündigte Briefmarken, genannt „fono-post stamps“ im Wert von 4, 5 und 6 Pesos, die die Kosten für das Aufnehmen und Verschicken „flexibler Phonographen-Schallplatten“ decken sollten:
In den 1970er Jahren erlebte die selbst aufgesprochene Privatnachricht eine kurze Renaissance in Form des Cassetten-Briefs. Das Aufnahmemedium dafür war die Compact Cassette. Der Sprechbrief ist nicht zu verwechseln mit dem Spruchbrief, dem offiziellen Urteilsschreiben eines Richters an einen privaten Empfänger. In Wörterbüchern vor 1900 ist „Sprechbrief“ manchmal zu finden, stets mit Verweis auf „Spruchbrief“. Literatur
WeblinksEinzelnachweise
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