Um das Jahr 1000 erbaute Frederunda von Oelsburg († 16. März 1020), Tochter des Grafen Altmann von Oelsburg († 1000/03), das Stift Steterburg auf dem Gelände der Stederburg, einer verfallenen Burganlage aus dem frühen 10. Jahrhundert. Graf Altmann war ohne männlichen Erben geblieben und verfügte, dass auf der Burganlage ein „Jungfrauenstift“ eingerichtet werden sollte. Als Schutzpatron wurde der heilige Christophorus gewählt.
Die Stiftsdamen lebten zunächst nicht in Klausur. Die Frauen trugen keinen Ordenshabit und kleideten sich weltlich. Privateigentum war erlaubt, Rückkehr in das weltliche Leben und Heirat waren möglich.
Im 12. Jahrhundert wurde das Stift zu einem Augustiner-Chorfrauenstift umgewandelt. Der Äbtissin wurde ein Propst als Leiter des Klosters vorgesetzt. Die Pröpste Gerhard von Riechenberg († 1150), Propst seit 1142, und Gerhard von Steterburg († 1209), der 1164 durch Bischof Hermann von Hildesheim in sein Amt eingeführt wurde, setzten die Regeln des Augustinerordens durch. Die Klausur wurde eingeführt und persönlicher Besitz abgeschafft.
Gerhard war der Verfasser der Steterburger Annalen, einer Gütergeschichte des Stifts Steterburg. Als Diplomat gehörte Gerhard wahrscheinlich zu der Gesandtschaft, welche Heinrich der Löwe 1191 an Heinrich VI. absandte.
Während des 14. und 15. Jahrhunderts setzte sich der Konvent mehrheitlich aus bürgerlichen Frauen zusammen, von denen viele aus Patrizierfamilien der Stadt Braunschweig stammten. Der Konvent orientierte sich an den Windesheimer Reformvorstellungen. 1515 kamen Chorfrauen aus dem Kloster Steterburg nach Lübeck, um beim Aufbau des neugegründeten St.-Annen-Klosters gemeinsam mit Lübecker Konventualinnen den Gründungskonvent zu bilden. Nach Einführung der Reformation in Lübeck und der Auflösung des Klosters kehrten sie 1532 zurück.[2]
In den Jahren von 1515 bis 1563 leitete Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg das Kloster zunächst als Priorin später als Domina (Äbtissin). Unter ihrer Leitung wurde 1519 Nikolaus Decius (* um 1485; † nach 1546), Kirchenlieddichter und späterer Reformator in Preußen, zum Propst des Stifts berufen.
Reformation
Die Umwandlung des Klosters in ein evangelisches Damenstift erfolgte im Jahr 1568. Erneut wurde auf das Gelübde der Ehelosigkeit verzichtet. Katholische Bücher und Kultgeräte wurden beseitigt und die Gottesdienste in deutscher Sprache gehalten. Die Abendmahls- und Taufgeräte, Leuchter und Posamente blieben in Gebrauch. Während des Dreißigjährigen Krieges ging ein großer Teil des Kirchenschatzes verloren.
Ende des Jahres 1627 wurden die Anlagen des Stifts während des Kampfes um Wolfenbüttel von den kaiserlichen Truppen unter General Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim zerstört. Die Stiftsdamen flüchteten nach Braunschweig. Im Jahr 1641 war Steterburg bei Kämpfen zwischen kaiserlichen Truppen und Schweden erneut Schauplatz des Krieges.[3] Erst Mitte des 17. Jahrhunderts begann der Wiederaufbau der Klostergebäude, die ab 1667 wieder von Damen bewohnt wurden.
Noch 1676 befanden sich bürgerliche Stiftsdamen im Kloster. Später wurden ausschließlich Adelige aufgenommen. 1691 erhoben die Herzöge Rudolf August und Anton Ulrich das Stift zu einem adligen Frauenstift.
Ende des 18. Jahrhunderts bestand das Stiftskapitel aus einer Äbtissin, dem Propst und elf Kanonissen, die, so ein Aufnahmekriterium, acht adelige Vorfahren aufweisen mussten. Der Propst wurde durch das Kapitel durch Mehrheit der Stimmen gewählt und dem Braunschweiger Landesherrn zur Bestätigung vorgeschlagen. Die Stelle der Äbtissin konnte durch die Herzogin mit einer der Stiftsdamen oder einer Prinzessin aus dem regierenden Haus nach Belieben besetzt werden.[4] Bis in das 19. Jahrhundert, befand sich keine Bürgerliche mehr im Konvent.
Auflösung des Stifts
Nach 1918 war das Stift Steterburg nur noch eine Einrichtung zur Versorgung unverheirateter Frauen aus dem niederen Landadel. 1938 wurde das Jungfrauenstift Steterburg aufgelöst und die Gebäude durch die Reichswerke Hermann Göring genutzt.
Zu dem ab 1954 in Salzgitter-Thiede an anderer Stelle errichteten Redemptoristenkloster Steterburg besteht keine historische Verbindung.
Bauwerke
Stiftskirche Steterburg: Die erste Kirche wurde 1070 fertiggestellt und geweiht. Bereits um das Jahr 1160 musste sie wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Der Bau der zweiten Kirche erfolgte ab 1165 unter Propst Gerhard im romanischen Stil. Nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges, wurde erst 1751 bis 1758 durch Herzog Karl I. (1735–1780) die heutige Barockkirche erbaut, nach Entwürfen des Braunschweiger Obristen und Architekten Anton Ulrich von Blum. Die Stiftskirche gehört heute zu den bedeutendsten Sakralbauten Salzgitters.
Wohnhaus der Äbtissin: Das Haus entstand 1691. Ein mit Tonnengewölbe überdeckter Gang verbindet das Äbtissinnenhaus mit der Kirche und den Konventsgebäuden.
Wolfgang Billig: Die Stiftskirche zu Steterburg (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte. Band 25). Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins, Braunschweig 1982.
Silvia Bunselmeyer: Das Stift Steterburg im Mittelalter (= Beihefte zum Braunschweigischen Jahrbuch. Band 2). Selbstverlag des Braunschweigischen Geschichtsvereins, Braunschweig 1983.
Ernst Andreas Friedrich: Die Steterburg in Salzgitter-Thiede. In: Wenn Steine reden könnten. Band III, Landbuch-Verlag, Hannover 1995, ISBN 3-7842-0515-1, S. 61–62.
Monika Geschermann-Scharff: Die Steterburger Urkunde von 1007 (= Braunschweigische Landschaft im Blick. Band 5). Braunschweig 2007.
Margot Ruhlender: Die Damen vom Stift Steterburg – 1000 Jahre Stift Steterburg (= Veröffentlichungen des Braunschweigischen Landesmuseums. Band 100). Verlag Meyer, Braunschweig 2003, ISBN 3-926701-54-4.
Gesine Schwarz: Die Rittersitze des alten Landes Braunschweig. MatrixMedia-Verlag, Göttingen 2008, ISBN 978-3-932313-27-1, S. 319–325.
Josef Dolle (Bearb.): Urkundenbuch des Stifts Steterburg (= Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Landesgeschichte. Band 55). Göttingen, Wallstein 2019, ISBN 978-3-8353-3456-4.
↑Heinrich Dormeier: Gründung und Frühgeschichte des Lübecker St. Annenklosters im Spiegel der testamentarischen Überlieferung. In: Zeitschrift für Lübeckische Geschichte. 91, 2011, S. 29–69 (Digitalisat PDF).