StudentenordenStudentenorden waren geheime studentische Zusammenschlüsse zur Zeit der Aufklärung. GeschichteIm 18. Jahrhundert schlossen sich Studentengruppen zu sogenannten Orden zusammen. Die Vorläufer der studentischen Orden waren ältere bürgerliche und adelige Sozietäten sowie deutsche Logensysteme, die sich nach dem Westfälischen Frieden von 1648 entwickelt hatten und die Befriedigung eines Bedürfnisses nach Geselligkeit zum Zwecke hatten. Diese Gesellschaften entstanden vor allem in protestantischen Regionen und orientierten sich häufig an den Strukturen von Mönchsbruderschaften. Ein bedeutendes Beispiel hierfür ist die Großloge Indissolubilis, auch bekannt als der Orden der Unzertrennlichen, die ihre Aktivitäten ab 1671 entfaltete. Zusätzlich zu diesen Entwicklungen entstanden im späten 17. Jahrhundert Sprachgesellschaften und „literarische“ Sozietäten an deutschen Universitäten. Im Verlauf des 18. Jahrhunderts begannen diese studentischen Sozietäten, inspiriert von den Ideen der Aufklärung, äußere Merkmale von der Freimaurerei zu übernehmen, während gleichzeitig reguläre, von Studenten gegründete Freimaurerlogen entstanden. Der Übergang zwischen Orden und landsmannschaftlichen Kränzchen war häufig fließend und oft nicht zu differenzieren. Der ZN-Orden, der sich um 1772 als Sonderform aus dem irenischen Orden der Hoffnung oder Ordre de l'Esperance entwickelt hatte, stand gar in bewusstem Gegensatz zur Freimaurerei und verbot seinen Angehörigen die Mitgliedschaft in Freimaurerlogen ausdrücklich. Er verwischte den Gegensatz zwischen Lehrenden und Studierenden und stand unter der Leitung des Professors der Medizin Johann Friedrich Blumenbach, zuletzt 1784 als Senior. Der ZN-Orden übernahm aufgrund hochadliger Protektion bis etwa 1784 die Führung der Studentenschaft an der Universität Göttingen und spielte auch an der Universität Tübingen eine bedeutende Rolle. In Göttingen wurde 1784 durch die kurfürstliche Regierung in Hannover seine Fortsetzung untersagt. Wichtige Quellen für die Geschichte der Orden sind studentische Stammbücher. Wenn sich dort ein Ordensmitglied eintrug, gab er das bekannt, in dem er seinem Text eine entsprechende Abkürzung (etwa VC für Vivat Constantia) beifügte. Damit lässt sich zumindest feststellen, wann welche Orden an einer Universität vertreten waren und teilweise auch, wer dort Mitglied war. Die Orden waren die ersten studentischen Zusammenschlüsse, die eine lebenslange Zusammengehörigkeit der Mitglieder anstrebten. Sie halfen aber auch, die Verbindungen zu anderen Universitäten zu stärken, wenn ein Orden in mehreren Städten vertreten war. Studienplatzwechsler fanden in diesem Fall schneller Anschluss und stellten auch die Verbindung zwischen den „Ordensfilialen“ an verschiedenen Orten her. Die vier wichtigsten Orden waren die Amicisten, die Constantisten, die Unitisten und die Harmonisten. Freimaurer, Orden und alte LandsmannschaftenSchindelmeiser schreibt:[1]
– Siegfried Schindelmeiser Aus Jena ist ein Komment überliefert, der um 1790 von Orden und Landsmannschaften gemeinsam aufgestellt wurde. Er regelt Ehrenhändel zwischen den Verbundenen und den Profanen.[2]
Obwohl die Orden eher unpolitisch waren, wurden sie von der jeweiligen Obrigkeit misstrauisch beobachtet. Im Absolutismus galten Zusammenschlüsse von Menschen als potentiell gefährlich und dem Staatsinteresse schädlich. Im Zusammenhang mit der Französischen Revolution bekannte sich die Mehrheit der Orden zu deren Idealen. Deren Verbindungen zu anderen revolutionär gesinnten Kreisen – etwa Rosenkreuzern oder den Illuminaten – schärften ihre politischen Zielsetzungen und verleiteten sie zu präzisen politischen Projekten und Aktionen.[4] Anfang Juni 1792 erließ Herzog Karl August von Weimar das Conclusum Corporis Evangelicorum gegen die Orden. Im Juni 1793 verabschiedete der Reichstag in Regensburg das Reichsgutachten, welches alle studentischen Orden verbieten sollte. Dieses Reichsgutachten wurde vom Kaiser aber nie ratifiziert und erhielt somit keine Gültigkeit.[6] An vielen deutschen Universitäten wurden aber Verbote erlassen, welche sich an diesem Reichsgutachten orientierten.[7] Preußen hingegen legitimierte in seinem Allgemeinen Landrecht von 1794 in Artikel 137 Ziffer 12 studentische Gemeinschaftsformen, sofern diese das Placet der akademischen Obrigkeit besaßen und keine staatsfeindlichen Zwecke verfolgten. Wenngleich sich die staatliche Kritik darauf begründete, dass die Orden ihre Mitglieder vom Studium abhielten, zur Bummelei verführten, vielfach tumultuarische Zustände lieferten und Meineide anstifteten, so war doch vor allem die Angst vor jakobinischen Umtrieben, die bei jedem Ertönen der mit Begeisterung gesungenen Marseillaise die Staatsgewalt erschreckte, der eigentliche Grund für das Verbot.[8] Nach dem Untergang der Studentenorden zum Ende des 18. Jahrhunderts bildete sich aus den äußeren Elementen der alten Landsmannschaften und denen des Freimaurertums die ersten Verbindungen heutigen Typs. Diese neuen Verbindungen, von denen einige noch heute existieren, nannten sich später Corps, einige gründeten 1815 in Jena die erste Burschenschaft. In den USA entwickelten sich im 19. Jahrhundert aus den Studentenorden die Fraternities und Sororities mit ihren typischen Verbindungshäusern, die oft als Wohnheime im Campus integriert sind. Siehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Studentenorden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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