Walter Schiller (* 18. März 1920 in Hamburg; † 7. August 2008) war ein deutscher Grafikdesigner und Typograf.
Studium, Weltkrieg und Professur
Die Prüfung zum Abitur bestand er im Jahre 1938. Danach begann er ein Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien. Davor hatte er erste praktische Erfahrungen als Volontär in einer graphischen Kunstanstalt gesammelt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im Jahre 1939 endete sein Studium im Dezember des gleichen Jahres mit der Einberufung zum Militärdienst.
Nach dem Kriege nahm er 1947 ein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) auf, das er 1951 beendete. Von 1952 bis 1955 arbeitete er dort als Aspirant. Nachdem Albert Kapr am 1. September 1955 an der HGB das Institut für Buchgestaltung (seit 1990 „Institut für Buchkunst“) gegründet hatte, wurde Schiller als Sekretär von Kapr beschäftigt. Nachdem er dort mehrere Jahre als Assistent, Oberassistent und Dozent angestellt war, erfolgte im Jahre 1964 die Ernennung zum Professor für Typografie an der HGB.
Buchgestaltung und Lehre der Typografie
Von 1968 bis 1973 leitete er die Abteilung für Buchgestaltung an der HGB. Von 1983 bis seiner Emeritierung im Jahre 1985 führte er das Institut für Buchgestaltung. Danach konnte er noch einige Meisterschüler fachlich begleiten. Bei mehr als 50 Büchern, die in der DDR als Schönstes Buch ausgezeichnet wurden, arbeitete er die typografische Gestaltung aus. Seine Beiträge waren so herausragend, dass er oft als Autor mit genannt wurde.
Im Jahre 1973 gab er mit Albert Kapr das Buch Gestalt und Funktion der Typografie heraus, welches zum Standard- und Lehrwerk für Schriftsetzer und Typografen an der HGB wurde. Seiner Arbeitsweise, mit Schere und Bleistiftzeichnung zu entwerfen, blieb er bis zuletzt treu, wenn auch inzwischen andere technische Mittel zur Verfügung standen. Er sah in der Gestaltung von Büchern einen Bereich des Künstlerischen. So formulierte er diese Bestimmung mit Kapr in seinem Standardwerk:
Die Einführung neuer Setztechniken und moderner Druckverfahren wird an dieser Tatsache nichts ändern. Eher wird sich durch die leistungsstarke Technik die Verantwortung des Typografen erhöhen, die Verantwortlichkeit für die ästhetische und zweckmäßige Anwendung der Typografie.
Arbeitsweise und Ehrungen
Neben der Gestaltung von Büchern arbeitete er auch bei dem Entwurf für Plakate mit, so z. B. für den Solidaritätsbasar Leipziger Künstler. Anneliese Hübscher nannte als Ausweise für sein erfolgreiches Wirken eine unvorstellbare Arbeitsintensität und ein unbestechliches Qualitätsgefühl. Damit habe Schiller der HGB wieder zu einem guten Ruf verholfen, eine herausragende Schule für die die Buchkunst und Grafik zu werden.
Den Gutenberg-Preis der Stadt Leipzig erhielt er im Jahre 1968. Im Jahre 1976 wurde ihm der Nationalpreis der DDR verliehen. In Brünn wurde er mit dem Preis der Biennale geehrt. Schiller war auf einer Vielzahl von Ausstellungen in der DDR und im Ausland vertreten, u. a. von 1958 bis 1988 auf allen Deutschen Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellungen der DDR in Dresden. Unter dem Titel Typografie: Walter Schiller widmete ihm und die HGB die Badische Landesbibliothek vom 21. Februar bis 30. April 1991 eine Ausstellung. Auf den Leipziger TypoTagen 2005 trat er nochmals als Gastvortragender auf. Sein Nachlass ist im Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Leipzig zugänglich.[1]
Darstellung Schillers in der bildenden Kunst
Schriften
- Eng verbunden mit den Forderungen der Zeit. In: Bildende Kunst, Berlin, 1971, S. 93–99
- Gestalt und Funktion der Typografie, mit Albert Kapr, Leipzig 1973
Gestaltete Werke (Auswahl)
- Heinrich Heine. Deutschland – ein Wintermärchen, Leipzig 1958
- 1764–1964 – Zweihundert Jahre Hochschule für Buchkunst Leipzig, Leipzig 1964
- 7. Kunstausstellung 1965 des VBKD, Bezirk Leipzig: Malerei, Grafik, Plastik, Handzeichnungen und Studien, Illustrationen und Buchkunst, Gebrauchsgrafik, Werkkunst, Formgestaltung: 2. Oktober–10. November 1965 im Messehaus am Markt, Leipzig 1965
- DDR: farbige Impressionen aus der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1974
- Franz Fühmann: Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel. Der Kinderbuchverlag Berlin, 1978
- Helmut Scherf: Thüringer Porzellan unter besonderer Berücksichtigung der Erzeugnisse des 18. u. frühen 19. Jahrhunderts. Leipzig 1980
- Heiner Vogel, Bilderbogen, Papiersoldat, Würfelspiel und Lebensrad – Volkstümliche Graphik für Kinder aus fünf Jahrhunderten, Leipzig 1981
- Fünf Fabeln von Christian Fürchtegott Gellert und Abraham Gotthelf Kästner in fünf typographischen Bildern, Leipzig 1989
- Leipziger Schule – Malerei/Grafik/Fotografie: Lehrer und Absolventen der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig – eine Ausstellung der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, Leipzig 1990
Literatur
- Magdalena George: Einfühlsam dem Werke dienend. Zum Schaffen des Buchgestalters, Typografen und Hochschullehrers Walter Schiller. In: Bildende Kunst, Berlin, 1976, S. 502–504
- Anneliese Hübscher: Walter Schiller und die Tradition der Buchkunst an der Leipziger Hochschule für Grafik und Gestaltung (= Vorträge Badische Landesbibliothek 31). Karlsruhe 1991
- Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. 1945–1990. Band 2: Maassen – Zylla. K. G. Saur, München 1997, ISBN 3-598-11177-0.
- Martin Z. Schröder: Stiller Buchkünstler – Zum Tod des Schriftsetzers und Typographen Walter Schiller. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. August 2008
- Schiller, Walter. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 826/827
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vor- und Nachlässe. Website der Deutschen Nationalbibliothek. Zugriff am 22. Juli 2024.
- ↑ Der Buchgestalter Prof. Schiller | Bernhard Heisig | Bildindex der Kunst & Architektur - Bildindex der Kunst & Architektur - Startseite Bildindex. Abgerufen am 10. Juli 2022.