Stöhrer wuchs, kriegsbedingt, an verschiedenen Orten des Schwarzwalds auf, bis sich die Familie in Karlsruhe niederließ. Schon früh stand für Stöhrer fest: „lch will Maler werden“.[1] Da er für die Akademie noch zu jung war, machte er von 1952 bis 1954 eine Lehre als Gebrauchsgrafiker bei der Firma Werbe-Blum in Karlsruhe. Anschließend studierte er zwischen 1956 und 1959 an der Kunstakademie Karlsruhe. Nach zwei Semestern in der Gebrauchsgrafik-Klasse bei Hans Gaensslen wechselte er an die Klasse für freie Kunst bei HAP Grieshaber. Er gehörte zu einer Gruppe von Malern mit eigenständigen, individuellen Profilen, wie Hans Baschang, Dieter Krieg, Horst Antes und Heinz Schanz. Stöhrer lebte ab 1959 in Berlin. Er wurde Mitglied des Deutschen Künstlerbundes, an dessen Jahresausstellungen er 1964 (in Berlin) und 1971 (in Stuttgart) teilnahm.[2] Nach einer viersemestrigen Gastprofessur an der Hochschule der Künste in Berlin erhielt er 1986 den Ruf auf eine ordentliche Professur. In den vorlesungsfreien Zeiten lebte er in Scholderup bei Schleswig. Von 1984 an war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Noch zu Lebzeiten des Künstlers wurde 1999 die Walter-Stöhrer-Stiftung mit Archiv und Sammlung in Scholderup gegründet.
Werk
Bereits während seines Studiums gehörte er zu den prägenden Künstlern der Neuen Figuration in Deutschland. In der Folgezeit hat er seine meist großformatigen Gemälde unbeeinflusst von Pop Art, Minimal- oder Konzeptkunst, in Auseinandersetzung mit der freien malerischen Geste des abstrakten Expressionismus weiterentwickelt. Eine Nähe gibt es zwar zum deutschen Informel, doch dessen Lyrik geht Stöhrers Malerei wiederum ab. Dominieren fast regelmäßig die Grundfarben Rot, Gelb, Blau seine Bilder (mit oft großen Flächen des weißen Malgrundes) und tauchen immer wieder Versatzstücke aus der realen Welt auf, so gibt es gleichermaßen Parallelen zur kritzelnden Zeichnung und Figuration der COBRA-Künstler, den chiffrierten Bildzeichen der Art brut sowie den künstlerischen Verfahrenstechniken des Surrealismus.
Zudem reflektiert sein Werk, das oft in inhaltlich-thematischen Gruppen entstand, die Auseinandersetzung mit visuell aufgeladener Literatur, unter anderen von Antonin Artaud, André Breton, Rolf Dieter Brinkmann und Unica Zürn. Gleichrangig neben dem malerischen Werk steht Stöhrers druckgraphisches Schaffen, insbesondere das der Radierungen. Stöhrers Werk ist singulär in der Kunst des 20. Jahrhunderts und blieb nicht ohne Einfluss auf ihre Entwicklung.
Werke, exemplarische Auswahl
1964: Caspar I, (Wkvz. 64.8), Kunstsammlung Deutsche Bank
Hermann Wiesler: Walter Stöhrer. Arbeiten aus Sina Lunga. Edition Galerie Georg Nothelfer, 1981, ISBN 3-87329-901-1.
Walter Stöhrer. Arbeiten 1962 bis 1983. Ausstellungskatalog der Galerie Georg Nothelfer 15.10. – 16.11.1983. Edition Galerie Georg Nothelfer, ISBN 3-87329-907-0.
Dieter Honisch (Vorw.): 1945-1985. Kunst in der Bundesrepublik Deutschland. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1985, ISBN 3-87584-158-1.
Günter Bose, Erich Brinkmann, Juliana Schaart (Hrsg.): Walter Stöhrer. Bilder 1961–1988. 2 Bände. 1989, ISBN 3-922660-40-1.
Gerd Presler: Walter Stöhrer. Werkverzeichnis der Skizzenbücher. Hrsg. Walter Stöhrer-Stiftung Scholderup. Edition Brinkmann und Bose, 2012, ISBN 978-3-940048-12-7.
Roman Zieglgänsberger: Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann? Leben Figuren, Dynamiken im abstrakten Werk von Walter Stöhrer. In: Black Man – Das Jahr 1977 im Werk von Walter Stöhrer. Wienand, Köln 2016, ISBN 978-3-86832-338-2, S. 14–39.