Wie die Alten den Tod gebildetWie die Alten den Tod gebildet ist der Titel einer Streitschrift von Gotthold Ephraim Lessing, erstveröffentlicht 1769, die eine Reihe weiterer Untersuchungen unter dem Titel anregte, insbesondere die Johann Gottfried Herders aus dem Jahre 1786. Gotthold Ephraim Lessings Schrift von 1769Lessing führt seine Schrift ausdrücklich als Streitschrift ein und eröffnet sie mit einem Lob der Gattung. Die Ausführungen hierzu sind mindestens so bedeutend, wie die nachmaligen Thesen zu Todesdarstellungen in der Antike: Wir verdanken dem Medium der Streitschrift die Aufklärung wichtiger Fragen, da hier die Verschönerungen entfallen und hart zu Sache gesprochen wird – ein klares Plädoyer für eine Kultur, die Kontroversen nicht als Problem, sondern als Chance ansieht:
– Gotthold Ephraim Lessing: Wie die Alten den Tod gebildet (1769)[1] Die nachfolgende Darlegung rekurriert auf einen Angriff Christian Adolph Klotzes, der ihm, Lessing, unterstellte, er habe behauptet, die Alten hätten den Tod nicht als Gerippe dargestellt. Klotze kann hier zwar antike Darstellungen von Gerippen heranziehen und Lessing vorwerfen, er habe sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Lessing kontert jedoch: er habe nicht bestritten, dass es antike Darstellungen von Skeletten und Gerippen gebe. Er habe lediglich behauptet, dass sie nicht den Tod ikonographisch darstellten. Die eigentliche Darlegung gilt bis Seite 50 der Erstausgabe der Frage, wie die Alten – Griechen und Römer – den Tod darstellten: nach Homer als Zwillingsbruder des Schlafes, genauer: als Jüngling mit überkreuzten Beinen und Flügeln, Amor zum Verwechseln ähnlich. In der Hand halte er eine nach unten gerichtete verloschene Fackel. Zuweilen sei er zudem mit einem Kranz oder Schmetterling ausgestattet. Mit dem Kranz hätten die alten Griechen ihre Toten geehrt, der Schmetterling stehe für die Seele des Verstorbenen. Mehrere Kupferstiche belegen die These. Johann Joachim Winckelmann steht in den Diskussionen von Kunstwerken als Autorität im Raum. Der zweite Teil der Abhandlung gilt den überlieferten Darstellungen von Gerippen und ihrer Bedeutung, wenn sie denn keine Darstellungen des Todes sein sollen. Von Interesse ist dabei, dass die antiken Griechen überhaupt den Leichnam für unrein erachtet hätten, und ihn in der Folge den Darstellungen entzogen. Johann Gottfried Herders Schrift von 1786Herder lobt im ersten Brief Lessings Arbeit, zumal sie uns angenehm sein müsse, da wir mit ihr einen neuen Blick auf den Tod als eine den Schrecken verlierende Gestalt bekommen hätten. Im zweiten Brief dekonstruiert er die einfache Ikonographie Lessings: Wir verfügen über Bilder, die ihr entsprechen, aber nachweislich, folgen wir antiken Quellen, nicht den Tod (sondern Amor) darstellen. Die Problemlösung ist eine Differenzierung: Götter werden standardisiert dargestellt, Abstrakta wie der Tod erlauben verschiedene künstlerische Angebote. Brief 3 löst die von Lessing vorgeschlagene Einheit des gesamten Phänomens auf – unter der Prämisse, dass Lessing hier eine Kultur dachte, in der der Tod natürlich ein bildlich repräsentierbarer Akteur war, nur eben nicht das Gerippe mit der Sense, sondern ein annehmlicher Jüngling. Die Antike habe der Schicksalsgöttin die Macht gegeben einzugreifen und bei Visualisierungen verschiedenste bildliche Zeichen des Todes und des Sterbens gehabt. Brief 4 geht in der Destruktion Lessings einen Schritt weiter, knüpft jedoch an Lessing an, der bereits feststellte, dass der Leichnam den Griechen als unrein galt. Thanatos, der Tod, sei den Griechen ein Schrecknis bis zur Tabuisierung gewesen – hinfällig wird hier die Eröffnung, die Antike habe ein so viel freundlicheres Bild gehabt als das Mittelalter und die Neuzeit. Stattdessen werden die Optionen nun vielfältig. Der fünfte Brief interpretiert verschiedene Grabmale, in denen die Psyche eine Rolle spielt. Zum Ende des sechsten Briefs hin kritisiert Herder Lessing offen, er habe schlicht von den Alten gesprochen und sich dabei vor allem bei spätrömischen Bildnissen aufgehalten. Der siebte Brief setzt die Dekonstruktion fort, indem er selbst die Hebräer zeitlich auseinanderdividiert und die Frage aufwirft, woher die Christen ihre Bilder hätten – aus dem Orient so die polemische Eröffnungsfrage, nachdem es momentan Mode sei, alles aus dem Orient herzuleiten? Das frühe Christentum wird mit einem vielfältigen antiken Symbolrepertoire ausgestattet. In der weiteren Historie bricht es jedoch mit den Traditionen:
– Johann Gottfried Herder: Wie die Alten den Tod gebildet (1786)[2] Ausgaben
Literatur
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