Adriano in Siria(Hadrian in Syrien) ist ein Opern-Libretto, ein Dramma per musica in drei Akten von Pietro Metastasio, einem italienischen Dichter und Librettisten, der am Wiener Kaiserhof Karls VI. wirkte. Es wurde von zahlreichen Komponisten vertont. Die erste Vertonung durch Antonio Caldara wurde am 9. November 1732 am Wiener Hoftheater zum Namenstag des Kaisers uraufgeführt.[1][2]
Eine deutsche Übersetzung des Librettos von Johann Anton Koch erschien 1769 unter dem Namen Hadrianus in Syrien im ersten Band seiner unvollendet gebliebenen Gesamtausgabe Des Herrn Abt Peter Metastasio Kayserl. Königl. Hofpoetens Dramatische Gedichte.[Digitalisat 1] Die Übersetzung einer anderen Libretto-Fassung veröffentlichte er 1776 unter dem Namen Hadrianus in Syrien, abgeändert im achten Band.[Digitalisat 2]
Die Handlung spielt um 117 n. Chr. in der Stadt Antiochia. Kaiser Adriano (Hadrian), ist verlobt mit Sabina, der Großnichte seines Vorgängers im Amt, des römischen Kaisers Trajan. Sabina wird jedoch von Adrianos Vertrautem Aquilio begehrt. Kaiser Adriano hatte die Parther besiegt und deren Hauptstadt besetzt. Unter den zahlreichen Gefangenen befindet sich Prinzessin Emirena, die Tochter des Partherkönigs Osroa (Osroes I.). Deren Verlobter Farnaspe ist zu Verhandlungen angereist. In seinem Gefolge befindet sich unerkannt auch König Osroa selbst. Kaiser Adriano verliebt sich in die schöne Prinzessin Emirena. Osroa unternimmt einige erfolglose Attentate gegen Adriano.
Der Kaiser muss sich entscheiden zwischen der Treue zu seiner Verlobten oder der Ehe mit der Partherprinzessin, die einen dauerhaften Frieden beider Völker verspricht. Die Intrigen kulminieren. Die Tugend siegt über die Leidenschaft. Bewegt von der Großmut Emirenas, die um des Friedens willen bereit ist, auf Farnaspe zu verzichten, entlässt der gute Herrscher alle Gefangenen in die Freiheit und verzichtet auf die geliebte Emirena, deren Glück mit Farnaspe nun nichts mehr im Wege steht.
„Adrianus ware in Antiochien, und hatte die Parther schon besieget, da er auf den Kayserlichen Thron erhoben wurde. Da befande sich auch unter anderen Gefangenen, die Princeßin Emirena, eine Tochter des überwundenen Königs, vor deren Schönheit der neue Kayser sein Hertz übel beschützet, obwohlen er lange Zeit vorhero mit Sabina, einer Nichte seines gutthätigen Vorfahrers, verlobet gewesen. Der Kayserlichen Macht gebrauchte er sich zum erstenmahl, um denen überwundenen Völckeren einen großmüthigen Frieden zuzustehen, und alle Asiatische Fürsten nacher Antiochien einzuladen, besonders aber den Osroas, Vatter der schönen Emirena. Er verlangte inbrünstiglich sich mit ihr zu vermählen, und hätte gewunschen, daß ein jeder solches für ein nothwendiges Band, eine immerwährende Freundschafft zwischen Rom und Asien, aufzurichten, gehalten hätte. Vielleicht hielte er es selbsten auch dafür, indem es ja ein nur allzugemeiner Irrthum, durch veränderten Nahmen der Sachen, sich das jenige als ein lobwürdiges Ziel vorzustellen, das doch nur ein Mittel ist, die selbst eigene Begierd zu stillen. Der Barbarische König aber, ein unversöhnlicher Feind des Römischen Nahmen, wiewohlen flüchtig, und geschlagen, verachtete die freundliche Einladung, und begabe sich unbekannt nacher Antiochien, unter dem Gefolge des Farnaspes, eines ihme zinnßbaren Fürsten, welchen er beständig antriebe, die Gefangene Tochter, so ihme schon zur Ehe versprochen, durch Bitten, und durch Schanckungen frey zu machen; damit hernach, wann ein so liebes Pfand aus des Feindes Händen entrissen, er jene seinem verzweiffleten Grimm gemässe Rache desto freyer auszuüben, trachten könnte. Sabina unterdessen, da sie die Erwählung ihres Adriani auf den Kayserlichen Thron vernohmen, und von seiner neuen Liebe noch nichts wissend, lieffe höchst begierig von Rom in Syrien, ihme dorten zu finden, und die gewünschte Vermählung mit ihme zu vollziehen. Das im Zweiffel stehende Gemüth des Kaysers, zwischen der, gegen die Parthische Princeßin tragender Liebe, und der Gewaltsamkeit der Verpflichtung, die ihne zur Sabina zuruck ruffet: Die Tugend-volle Ubertragung dieser : des Osroas heimliche Nachstellungen, dessen Schuld auf den unschuldigen Farnaspes fallet : und die Rasereyen der Emirena, bald wegen ihres Vatters, bald wegen ihres Liebhabers, und bald wegen ihrer selbst eigenen Gefahr, seynd die Triebe, unter welchen die eingeschläfferte Tugend des Adriani, sich nach und nach wieder ermunteret; welcher endlich ein Sieger über seine Liebe, dem Feind das Reich; die Gemahlin dem Mitbuhler; sein Hertz der Sabina, sich selbsten aber seine erste Glori wieder giebet.“
– Vorwort aus dem Libretto der Vertonung von Andrea Bernasconi, München 1755[Digitalisat 3]
Die folgende Inhaltsangabe basiert auf dem Libretto der 1734 in Neapel aufgeführten Vertonung von Giovanni Battista Pergolesi.[3]
Erster Akt
Adriano fährt mit seinem Vertrauten Aquilio in seinem Triumphwagen auf dem großen Platz von Antiochien vor. Die besiegten Parther Farnaspe und Osroa überreichen Geschenke. Farnaspe schwört Adriano Gefolgschaft und bittet ihn, gemeinsam mit seiner Verlobten, Osroas Tochter Emirena, abreisen zu dürfen. Adriano erlaubt es unter der Bedingung, dass Emirena einverstanden ist.
Adrianos Vertrauter Aquilio liebt dessen Verlobte Sabina. Daher ist es für ihn von Vorteil, wenn Adriano Emirena heiratet. Er rät Emirena, ihre Gefühle für Farnaspe vor Adriano zu verbergen, um seine Eifersucht nicht zu wecken. Farnaspe fühlt sich dadurch von ihr zurückgestoßen. Adrianos Hoffnungen auf Emirena werden jedoch gestärkt.
Als Sabina unerwartet aus Rom eintrifft, ist Adriano verwirrt und weiß nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten soll. Aquilio verrät ihr, dass Adriano sich in Emirena verliebt hat.
Osroa hat den Palast in Brand gesteckt. Farnaspe versucht, Emirena zu retten und wird fälschlicherweise für den Brandstifter gehalten. Er und Emirena versichern sich ihrer Liebe.
Zweiter Akt
Sabina wirft Emirena ihr Verhältnis mit Adriano vor. Diese weist das zurück und überzeugt sie davon, dass ihre echte Liebe Farnaspe gilt. Sabina verspricht, ihr bei der Flucht mit Aquilio zu helfen. Sie will die beiden am nächsten Morgen an einer Quelle im königlichen Garten erwarten.
Adriano gesteht Sabina sein Verhältnis mit Emirena. Sie ist empört und macht ihm Vorwürfe. Er verspricht, zu ihr zurückzukehren. Aquilio kommt hinzu und bittet für Emirena.
An der Quelle im Garten erwartet Emirena Farnaspe und Sabina. Sabina erklärt ihnen den Fluchtweg und verlässt sie. Farnaspe und Emirena versichern sich ihrer Liebe. Bevor sie sich jedoch auf den Weg machen können, hören sie Waffenlärm. Emirena versteckt sich. Osroa kommt mit einem blutigen Schwert in der Hand. Er erzählt Farnaspe, wie er Adriano getötet hat und versteckt sich ebenfalls. Dabei wird er von Emirena beobachtet, die ihren Vater jedoch nicht erkannt hat. Da kommt Adriano, der unverletzt geblieben ist, und beschuldigt nun Farnaspe des versuchten Königsmords. Emirena verrät ihm das Versteck des echten Schuldigen. Da dieser keine Reue zeigt, lasst der wütende Adriano Osroa, Farnaspe und Emirena festnehmen. Emirena bittet ihren Vater um Verzeihung, die dieser ihr gewährt. Die drei werden einzeln abgeführt.
Dritter Akt
Aquilio berichtet Sabina, dass Adriano von ihrer Mithilfe bei der Flucht Emirenas und Farnaspes weiß. Er habe sie zur Strafe verbannt und sie solle sofort mit dem Schiff abreisen. Aquilio bittet sie, dem Befehl zu gehorchen und ihm zu vertrauen, da er noch einmal mit Adriano sprechen möchte.
Als Aquilio mit Adriano spricht, sucht dieser nach einem geeigneten Grund, Sabina zurückzuhalten, kann aber keinen finden. Aquilio rät ihm, Osroa um Emirenas Hand zu bitten, diesen im Gegenzug freizulassen und ihm sein Reich zurückzugeben. Osroa ist scheinbar einverstanden. Adriano lässt ihm daher die Ketten abnehmen und Emirena holen. Osroa zeigt sich nun jedoch unversöhnlich und befiehlt seiner Tochter, den Kaiser abzuweisen. Adriano fühlt sich verspottet und geht. Osroa bittet nun seine Tochter um einen Beweis ihrer Treue. Sie soll den Kaiser töten. Dies jedoch weist sie entschieden zurück.
Der verzweifelte Farnaspe bittet Emirena, dem Kaiser nachzugeben. Nur so könne sie noch ihren Vater und ihr Heimatland retten.
Am Hafen wird Sabina von Adriano aufgehalten. Er fragt sie, warum sie so plötzlich ohne Abschied abreisen möchte. Sie weist ihn darauf hin, dass doch er es war, der sie verbannt hatte. So wird Aquilios Intrige aufgedeckt. Emirena und Farnaspe kommen hinzu und bitten Adriano um Gnade für Osroa. Emirena ist nun einverstanden, ihn zu heiraten, falls er das noch möchte. Beeindruckt von so viel Opferbereitschaft lässt Adriano Osroa frei, verzeiht Aquilio, nimmt Sabina wieder an und vereint Farnaspe und Emirena.[1][4][5]
Geschichte
Adriano in Siria war das dritte Libretto des im Frühsommer 1730 nach Wien umgesiedelten Metastasio für das kaiserliche Wien, aufgeführt zur traditionellen Eröffnung der Wintersaison und anlässlich des Namenstages Karls VI. Erstdruck war von Johann Peter van Ghelen in Wien 1732. Die Erstaufführung als Oper des HofkapellmeistersAntonio Caldara fand am 9. November 1732 am Wiener Hoftheater unter der Leitung des Komponisten statt. Das Bühnenbild schuf Antonio Galli da Bibiena.
Als Quellen für das Libretto nannte Metastasio den Geschichtsschreiber Dione Cassio und die Hadrian-Vita des Spartanius: Dion. Cass. lib. 19. Spart. in vit. Hadr. Cesar.:
eine Ausgabe der Historia Augusta, in der als Mitautor ein Aelius Spartanius genannt ist, die ab 1603 von Casaubonus herausgegeben wurde als Historiae Avgvstae Scriptores Sex. Aelius Spartianus, Iulius Capitolinus, Aelius Lampridius, Vulcatius Gallicanus, Trebellius Pollio, & Flauius Vopiscus. Isaacvs Casavbonvs ex vett. libris recensuit : idemque librum adiecit emendationvm ac notarvm, Paris, Drouart, 1603.
1754 wurde in Wien eine deutschsprachige Übersetzung dieses Librettos von Johann Georg Heubel unter dem Namen Adrianus in Syrien als Schauspiel aufgeführt.[Digitalisat 4]
Vertonungen
Folgende Komponisten legten dieses Libretto einer Oper zugrunde:
weitere Aufführungen anonymer Vertonungen oder Pasticci 1737 im Herzoglichen Theater in Stuttgart; Karneval 1740 im Teatro Grande in Siena; am 20. Januar 1741 im Teatro Bonacossi in Ferrara; 1743 im Teatro Privilegiato in Wien; am 20. Januar 1745 in Görz; Karneval 1746 im Teatro San Sebastiano in Livorno; Karneval 1746 im Teatro de’ Nobili in Perugia; Karneval 1752 im Teatro in Cremona; Frühling 1769 im Teatro Falcone in Genua; um den 25. Dezember 1780 im Teatro di Santa Cecilia in Palermo
zweite Fassung; auch am 10. Juli 1759 im Teatro San Carlo in Neapel; am 14. Mai 1760 im Teatro San Salvatore in Venedig; im Herbst 1761 im Teatro di Santa Cecilia in Palermo; Karneval 1763 im Teatro della Racchetta in Udine
Verzierungen und Kadenzen von Wolfgang Amadeus Mozart KV 293e; die Aufführung 1765 in London galt als Misserfolg. Stimmlagen: Hadrian (Alt), Sabina (Sopran), Barsene (Sopran), Aquilio (Tenor), Osroa (Tenor), Emirena (Sopran), Farnaspes (Alt)
4. Juni 1799, Opéra, revidierte Fassung: 26. Dezember 1801, Paris[91][92]
Paris
Libretto bearbeitet in französischer Sprache als Adrien von François-Benoît Hoffman; revidiert am 26. Dezember 1801 in Paris; ursprüngliche Fassung: Adrien, empereur de Rome, 1790–1791, Aufführungsverbot; einzige Aufführung in Deutschland 1801 in Rheinsberg
↑Metastasio, Pietro in Die Musik in Geschichte und Gegenwart, S. 50861 ff (vgl. MGG Bd. 9, S. 229 ff.) Bärenreiter-Verlag 1986 (Digitale Bibliothek Band 60).
↑Bach, Johann Christian – „Hadrian in Syrien“, in: Heinz Wagner: Das große Handbuch der Oper, 2. Auflage, Florian Noetzel Verlag Wilhelmshaven 1995, ISBN 3-930656-14-0, S. 32.
↑Pergolesi, Giovanni Battista – „Hadrian in Syrien“, in: Heinz Wagner: Das große Handbuch der Oper, 2. Auflage, Florian Noetzel Verlag Wilhelmshaven 1995, ISBN 3-930656-14-0, S. 545.
↑Rainer Kleinertz: Grundzüge des spanischen Musiktheaters im 18. Jahrhundert, Band 2, Reichenberger 2003, ISBN 3-935004-74-5, S. 102 (online bei Google Books).
↑Eleanor Selfridge-Field: A New Chronology of Venetian Opera and Related Genres, 1660–1760. Stanford University Press, Stanford, California 2007, ISBN 978-0-8047-4437-9, S. 511 (Online bei Google Books).
↑Udo Badelt: Barberina tanzt. Rezension der Oper von Carl Heinrich Graun in Potsdam 2024. In: Opernwelt. Ausgabe August 2024, S. 55 (eingeschränkte Vorschau; Abonnement für den vollständigen Text erforderlich).