Allensbach liegt zwischen Konstanz und Radolfzell. Der Kernort liegt direkt am Ufer des Gnadensee genannten Teils des Bodensees gegenüber der Insel Reichenau. Die Gesamtgemeinde erstreckt sich vom Gnadensee über den Bodanrück bis zum Überlinger See in einer Höhe von 397 bis ca. 580 m ü. NHN.
Gemeindegliederung
Zur Gemeinde Allensbach mit den früher selbstständigen Gemeinden Hegne, Kaltbrunn und Langenrain gehören 16 Dörfer, Weiler, Höfe und Häuser. Die eingegliederten ehemaligen Gemeinden bilden die Ortschaften im Sinne der baden-württembergischen GemeindeordnungHegne, Kaltbrunn und Langenrain-Freudental.
Zur Gemeinde Allensbach in den Grenzen von 1973 gehört nur das Dorf Allensbach. Zur ehemaligen Gemeinde Hegne gehören das Dorf Hegne, Schloss Hegne und die Häuser Adelheiden, Bahnstation Hegne an der Strecke Singen–Konstanz und Wochenendhaus am See. Zur ehemaligen Gemeinde Kaltbrunn gehören das Dorf Kaltbrunn, die Höfe Gemeinmerk, Türrainhöfe, Waldburgahöfe und das Haus Fischerhaus. Zur ehemaligen Gemeinde Langenrain zählten die Dörfer Langenrain und Freudental sowie die Höfe Höfen, Kargegg und Stöckenhof.
In der Gemeinde Allensbach befinden sich mit Stand von 1973 die Wüstungen Azenhausen, Buchenhausen, Eigenhofen, Kappel, Pfahlstetten und Weildorf. Im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kaltbrunn liegt der abgegangene Hof Hinter Honberg. Der Storkenhof im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Langenrain ist in Langenrain aufgegangen.[2]
Im Winterhalbjahr 2002/2003 wurde der Bauplatz eines neuen Gebäudes auf dem Allensbacher Campingplatz von Archäologen der Arbeitsstelle für Unterwasser- und Feuchtbodenarchäologie in Hemmenhofen untersucht. Etwa 1,5 m unter der heutigen Oberfläche stieß man auf Reste einer Pfahlbausiedlung, die an dieser Stelle gegründet worden war.
Das dort geborgene Fundmaterial hielt mehrere Überraschungen bereit, vor allem einen langen, perfekt gearbeiteten Feuersteindolch mit vollständig erhaltenem Holzgriff aus Holunderholz. Bis heute hat man nur bei der Ausrüstung des „Ötzi“, der berühmten Gletschermumie vom Tisenjoch, einen ähnlichen Dolch samt erhaltener Schäftung gefunden. Wie der Dolch des „Ötzi“ ist auch die Allensbacher Dolchklinge nicht aus einheimischem Rohmaterial, sondern aus qualitätvollem oberitalienischem Feuerstein hergestellt. Die Feuersteinklinge belegt zusammen mit anderen Importfunden, dass die Pfahlbautenbewohner vom Bodensee schon vor rund 5000 Jahren regelmäßige Kontakte zum südlichen Alpenraum nach Norditalien pflegten.
Alemannen und Mittelalter
Allensbach ist als alemannisches Dorf spätestens im 4. Jahrhundert entstanden. Benannt wurde es nach einem alemannischen Stammesführer namens Alahol, der mit seiner Sippe am – vermutlich – heutigen Mühlenbach lebte.[9]
Erstmals als Alaspach erwähnt wird das Dorf 724 in der Gründungsurkunde des Klosters Reichenau, zu dessen Erstausstattung es gehörte. Als Anlegestelle der Reichenaufähre und als Marktflecken nahm es eine Sonderstellung ein. Der Allensbacher Markt gehört neben dem Konstanzer und dem Rorschacher zu den ältesten nachweisbaren im Bodenseegebiet.[10] Im Mittelalter besaß es Stadtrechte und eine Stadtmauer.
Neuzeit und Gegenwart
Im 16. Jahrhundert kam Allensbach in den Besitz des Fürstbistums Konstanz, das zum Schwäbischen Reichskreis gehörte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Allensbach wiederholt besetzt, geplündert und angezündet. Die früher einmal belegten Stadtrechte gingen in den Kriegswirren unter. Bis heute ruhen die Stadtrechte – weder wurden sie aberkannt noch wieder anerkannt.
Eine Hinrichtungsstätte aus der frühen Neuzeit (16.–18. Jahrhundert) wurde 2020 bei Straßenbauarbeiten zwischen Allensbach und Hegne entdeckt und archäologisch dokumentiert.
1803 erlebte Allensbach den letzten Besitzerwechsel und kam zum Großherzogtum Baden.
Die heutige Gemeinde Allensbach entstand am 1. Januar 1975 durch Vereinigung der Gemeinden Allensbach und Hegne. Bereits am 1. Juli 1974 wurden die Gemeinden Kaltbrunn und Langenrain nach Allensbach eingemeindet.[11] Die ehemalige Gemeinde Freudental wurde bereits 1938 mit Langenrain vereinigt.
Religionen
Aufgrund der Zugehörigkeit zum Hochstift Konstanz ist die Reformation an Allensbach vorbeigegangen. So ist auch heute noch die Mehrheit der Bewohner katholisch, und im Kernort sowie in Hegne gibt es römisch-katholische Kirchen. Seit 1955 gibt es auch eine evangelische Kirche im Ort.
In Hegne befindet sich das Kloster Hegne der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz und der Sitz der Ordensprovinz Baden-Württemberg dieser Kongregation. Die Schwestern betreiben das Tagungs- und Gästehaus St. Elisabeth, die Schule Marianum und das Altenpflegeheim Maria Hilf.
In Allensbach wird der Gemeinderat nach dem Verfahren der unechten Teilortswahl gewählt. Dabei kann sich die Zahl der Gemeinderäte durch Überhangmandate verändern. Der Gemeinderat besteht aus den 19 gewählten ehrenamtlichen Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. Der Bürgermeister ist im Gemeinderat stimmberechtigt.
Bürgermeister von Allensbach ist Stefan Friedrich. Er hat das Amt seit dem 8. Juli 2015 inne, nachdem er am 19. April 2015 mit 79 Prozent der Stimmen gewählt wurde.[13][14] Er wurde am 23. April 2023 mit 74,2 Prozent der Stimmen für eine zweite Amtszeit wiedergewählt.[15]
seit 2015: Stefan Friedrich (als Parteiloser kandidiert, später der CDU beigetreten)
Wappen
Blasonierung: „Von Rot und Blau geviert durch ein mit einem goldenen (gelben) Ring beheftetes goldenes (gelbes) Kreuz, in Feld 1 und 2 je ein schräg auf die Schildmitte zuschwimmender, auf dem unteren Kreuzbalken ein pfahlweis gestellter silberner (weißer) Fisch, mit den Köpfen den Außenrand des Ringes berührend.“[17][18]
Wappenbegründung: Das Kreuz im Allensbacher Wappen deutet auf die frühere Zugehörigkeit zum Kloster Reichenau hin, der Ring entstammt dem Wappen des AbtesMarkus von Knöringen. Die Fische, die auf den Ring zuschwimmen, sollen auf den bedeutsamen Fischfang hinweisen. Wappensage: Die Allensbacher Wappensage berichtet, Karl Martell habe, um einen Namen für Allensbach zu finden, einen Reif in den Bach legen lassen. Der Ort sollte nach dem ersten durchschwimmenden Fisch benannt werden. Dies war ein Alet aus der Familie der Karpfen und der Ort hieß fortan Aletbach.[19]
Das Heimatmuseum am Rathausplatz ist eine vom Heimatgeschichtsverein Arbeitsgemeinschaft Allensbach e. V. öffentlich gemachte Sammlung, die einen Überblick von der Jungsteinzeit (Funde im heutigen Strandbad) bis ins 20. Jahrhundert zeigt.
Das Mühlenwegmuseum informiert über den Schriftsteller und Asienreisenden Fritz Mühlenweg, der lange in Allensbach gelebt hat.
Bauwerke
Die barocke katholische Nikolauskirche mit ihrem 1698 erbauten Zwiebelturm und dem von 1732 bis 1735 erbauten Langschiff ist das Wahrzeichen von Allensbach. Im Inneren der Kirche befinden sich ein 1804 gefertigter Hochaltar und zwei Rokoko-Seitenaltäre aus der Zeit um 1750.
Das Schloss Freudental im Ortsteil Freudental ist ein 1698 erbautes Barockschloss mit Giebelfassade, das als Seminar- und Tagungsstätte und als Unterkunft für Feriengäste genutzt wird.
Die evangelische Gnadenkirche (1955 erbaut, 1997 erweitert), das Strandbad (2004) und die Seegartenbühne (2020) sind Beispiele moderner bzw. neuerer Architektur, die schon Architektur-Auszeichnungen bekommen haben.
Das Schloss Hegne liegt an der B33 beim Allensbacher Ortsteil Hegne. Im Jahr 1570 erstmals schriftlich erwähnt, war es zwischen 1591 und 1803 Sommerresidenz der Konstanzer Bischöfe. Von 1879 bis 1882 von Werner de Weerth aus Neuwied im Stil der Neorenaissance erheblich umgebaut, ist es heute Bestandteil eines Gebäudekomplexes, der neben dem Kloster der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz auch verschiedene schulische und karitative Einrichtungen beherbergt (siehe auch Abschnitte „Religionen“ und „Bildungseinrichtungen“). Für die Schulen wurden im frühen 21. Jahrhundert sehenswerte Neubauten errichtet (Architekten Lederer Ragnarsdóttir Oei, 2009 bis 2022).
Skulpturen
Am Seeufer bei der Schiffslände befindet sich eine (Fasnachts-)Figurengruppe in einer Rotunde, weitere weiter östlich in der Uferanlage.
Alljährlich von Juli bis Oktober finden im Seegarten oder (bei Regen) im Gemeindesaal der katholischen Kirche in Allensbach die Konzerte der Reihe „JAZZ am See“ und einmal im Jahr für ein Wochenende das Seetorfest statt.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Allensbach liegt an der Hochrheinbahn und wird von der Nahverkehrslinie Seehas im Halbstundentakt bedient, welche Konstanz mit Engen verbindet. Auch Regional-Express-Züge der Schwarzwaldbahn von Karlsruhe nach Konstanz verkehren im Stundentakt. Zudem bestehen einzelne Regional-Express-Verbindungen von Konstanz nach Stuttgart. Neben dem Bahnhof Allensbach gibt es noch einen weiteren Bahnhaltepunkt bei Hegne, an dem die Seehas-Züge halten. Allensbach gehört dem Verkehrsverbund Hegau-Bodensee an.
Im Sommerhalbjahr besteht eine Personenschifffahrtsverbindung zur Insel Reichenau.
Allensbach ist an die Bundesstraße 33 angebunden, die als Umgehungsstraße am Ort vorbeiführt.
In Allensbach selbst und im Ortsteil Hegne gibt es jeweils eine Grundschule. Außerdem gibt es drei kommunale Kindergärten und einen römisch-katholischen Kindergarten.
Im Marianum der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz in Hegne sind sieben private Bildungseinrichtungen zusammengefasst: eine Realschule, ein sozialwissenschaftliches Gymnasium (SG), eine zweijährige Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Ernährung (2BFS), ein Berufskolleg für Praktikanten (1BKSP), eine Fachschule für Sozialpädagogik (2BKSP), eine Fachschule für Organisation und Führung (FOF) und eine Berufsfachschule zum Erwerb von Zusatzqualifikationen (BFQ-E).
Die nach Allensbach benannte private Allensbach Hochschule hat ihren Sitz in Konstanz.
Gallus Zembroth (1589–1662), Weinbauer, Kommunalpolitiker und Chronist
Andere Persönlichkeiten
Hermann Dietrich (1879–1954), Politiker der Deutschen Demokratischen Partei sowie Minister und Vizekanzler in der Weimarer Republik, lebte nach 1945 in Allensbach
Otto Marquard (1881–1969), Maler, Künstler und Widerstandskämpfer, lebte in Allensbach[20]
Ilna Ewers-Wunderwald (1885–1975), Illustratorin, Übersetzerin, Modedesignerin, Zeichnerin und Malerin des Jugendstils, ab 1941 bis zu ihrem Tod in Allensbach
Kilian Weber (1887–1954), Heimatforscher, 1939/40 Lehrer in Allensbach
Fritz Mühlenweg (1898–1961), Maler und Schriftsteller, lebte und starb in Allensbach
Elisabeth Mühlenweg (1910–1961), Malerin und Illustratorin, lebte und starb in Allensbach
Walter Tilgner (* 1934), Biologe, Naturfotograf und Tontechniker, lebt mit seiner Frau Heidrun in Allensbach
Gaby Hauptmann (* 1957), Schriftstellerin, lebt in Allensbach
Julius Boltze: Altes und immer junges Allensbach am Bodensee. Landschaft, Geschichte, Volkskunde. 2., durchges. u. erw. Aufl. Verlag des Südkurier, Konstanz 1983, ISBN 978-3-87799-007-0.
Wolfgang Kramer (Red.): Allensbach am Bodensee. Die Geschichte der Gemeinde von den Anfängen bis heute (Hegau-Bibliothek, Band 137). Allensbach 2010, S. 197 f. ISBN 978-3-942058-01-8.
Wilhelm Wartmann: Zum Wappen von Allensbach. In: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 37. Jg. 1908, S. 172–175 (Digitalisat)
↑Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band VI: Regierungsbezirk Freiburg. Kohlhammer, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007174-2. S. 755–758.
↑Rolf Dehn, Gerhard Fingerlin: Ausgrabungen der archäologischen Denkmalpflege Freiburg im Jahre 1979. In: Archäologische Nachrichten aus Baden. Heft 24. Freiburg im Breisgau 1980.
↑Jörg Aufdermauer: Spuren vor- und frühgeschichtlicher Besiedlung des Mindelseegebiets. In: Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg Institut für Ökologie und Naturschutz (Hrsg.): Der Mindelsee bei Radolfzell – Monographie eines Naturschutzgebietes auf dem Bodanrück. Karlsruhe 1983. S. 17–28; hier S. 26 f.
↑Fundberichte aus Baden-Württemberg. Band 10: 1985. Hrsg. v. Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, 1986, S. 523.
↑Eric Breuer: Heimatkundliche Schriften des Kulturvereins Eriskirch e. V. Band 3: Römer am nördlichen Bodensee: Eriskirch und Umgebung in römischer Zeit. Hrsg. v. Kulturfreunde Eriskirch, 2001, S. 36.
↑Jürgen Hald: Von der Steinzeit bis zu den Alamannen – archäologische Funde in Radolfzell und den Ortsteilen. In: Stadt Radolfzell am Bodensee, Abteilung Stadtgeschichte (Hildegard Bibby, Katharina Maier) (Hrsg.): Radolfzell am Bodensee – Die Chronik. Stadler, Konstanz 2017, ISBN 978-3-7977-0723-9. S. 12–26.
↑Quelle: Vorarlberger Landesmuseum Bregenz, in: Aufgelistet! Funde von Pfahlbauten am Untersee In: Südkurier vom 9. September 2011.