EinwohnerversammlungEine Einwohnerversammlung (in Bayern und Hessen: Bürgerversammlung) ist in der Mehrzahl der Länder Deutschlands eine festgelegte Form einer politischen Versammlung in der eigenen Gemeinde – sie hat das Ziel, die Einwohner über wichtige Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten und eine öffentliche Debatte zu ermöglichen; eine Einwohnerversammlung ist damit ein Instrument formeller Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene – auf Landkreis-Ebene hingegen sind Einwohnerversammlungen in keinem Bundesland vorgesehen. Einwohnerversammlungen sind in den jeweiligen Gemeindeordnungen von 14 der 16 deutschen Bundesländer geregelt, sodass bundesweit keine entsprechend einheitliche Form existiert; so unterscheiden sich die Ausgestaltungen sehr stark: Einige Gemeindeordnungen messen dieser politischen Beteiligungsform zur Meinungsbildung und Einflussnahme auf die Gestaltung und Form der Gemeinde eine höhere Bedeutung zu – sie ermöglichen beispielsweise eine Einberufung durch Unterschriftensammlung und bestimmen Behandlungspflichten der dort gemachten Vorschläge und Anregungen: In diesen Bundesländern können Einwohnerversammlungen eine wichtige beratende Funktion für die jeweilige Gemeindeverwaltung und -politik einnehmen. In anderen Bundesländern hingegen steht eine aktuelle Unterrichtung der Einwohnerschaft im Vordergrund. Österreich kennt keine Einwohnerversammlungen, wobei jedoch das österreichische Bundesland Kärnten und die Stadt Wien mit der „Bürgerversammlung“ ähnliche Versammlungsformen in ihrer Gemeindeordnung bzw. Stadtverfassung vorsehen. Die Schweiz kennt ebenfalls keine „Einwohnerversammlungen“: In vielen Gemeinden gibt es zwar „Gemeindeeinwohnerversammlungen“, welche jedoch eine unmittelbare Versammlung der „Stimmbürger“ darstellen und somit umfassende demokratische Rechte aufweisen; so können die Versammlungen hier verbindliche Beschlüsse zu allen Gemeindeangelegenheiten fassen. Rahmenbedingungen in den deutschen BundesländernDie Rechtsgrundlage für Einwohnerversammlungen bilden die gültigen Gemeindeordnungen der deutschen Bundesländer. Von 16 Bundesländern kennen 13 ein Instrument Einwohnerversammlung (bzw. Bürgerversammlung in Bayern und Hessen). Obgleich die Ausgestaltung sehr unterschiedlich ausfällt, sind Ähnlichkeiten erkennbar. So sehen Baden-Württemberg, Sachsen, Bayern und Hessen Einwohnerversammlungen (beziehungsweise in Bayern und Hessen: Bürgerversammlungen) als ein zentrales Instrument der Bürgerbeteiligung in den Kommunen vor. In Baden-Württemberg und Sachsen sollen, in Bayern und Hessen müssen diese mindestens einmal jährlich durchgeführt werden, um bedeutsame Themen der Gemeinde öffentlich zu erörtern. Diese Länder eröffnen auch der Einwohnerschaft die Möglichkeit, eine Einwohnerversammlung durch Sammlung von Unterschriften einzuberufen. Weiterhin sind Behandlungspflichten für die Vorschläge und Anregungen aus einer Einwohnerversammlung festgelegt. Etwas weicher ist die Regelung in Schleswig-Holstein formuliert, wo der Landesgesetzgeber keine Fristen für die Behandlung der Ergebnisse vorschreibt und es den Kommunen überlässt, ob sie die Einberufung einer Einwohnerversammlung durch die Einwohnerschaft in ihrer Satzung ermöglichen wollen. Eine weitere Gruppe von Bundesländern, bestehend aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen, nennt in ihren Gemeindeordnungen Einwohnerversammlungen ausdrücklich als zentrales Instrument der kommunalen Beteiligung. Zugleich überlassen diese Länder alle Details der Ausgestaltung jedoch den Kommunen, die dies per Satzung regeln sollen. Ähnlich ist es in Thüringen, wobei hiervon abweichend die Bürgermeister gesetzlich auf die Durchführung von mindestens einer jährlichen Einwohnerversammlung verpflichtet sind (Muss-Regelung). Eine weitere Gruppe von Bundesländern sieht Einwohnerversammlungen zwar vor, regelt diese jedoch sehr zurückhaltend. So werden diese als bloße Möglichkeit genannt (Kann-Regelung) und gibt es keine Vorgaben, wie mit den Ergebnissen zu verfahren ist. Am stärksten schränken das Saarland und Sachsen-Anhalt die Einwohnerversammlung ein, die das Recht auf deren Einberufung auf den Bürgermeister beschränken. Rheinland-Pfalz eröffnet zwar auch der Gemeindevertretung das Recht auf Einberufung, setzt hierfür jedoch die Mehrheit der Zahl seiner gesetzlichen Mitglieder (absolute Mehrheit) voraus. Ebenfalls einen Sonderweg geht das Land Berlin, das zwar in den Bezirken die Einberufung einer Einwohnerversammlung auf Antrag eines einzelnen Einwohners möglich macht, dies jedoch gleichzeitig an die Zustimmung eines Drittels der Bezirksverordnetenversammlung bindet. Die Bundesländer Bremen, Hamburg und Niedersachsen kennen die Einwohnerversammlung in ihren Gemeindeordnungen nicht. Zulässige Angelegenheiten und örtliche AbgrenzungBei einer Einwohnerversammlung sollen nur Angelegenheiten der Gemeinde behandelt werden. Diese Regelung dient der Verhinderung einer Instrumentalisierung der Versammlung zur Erörterung allgemeiner politischer Themen. Eine Einwohnerversammlung trifft jedoch keine bindenden Beschlüsse, sondern kann lediglich Empfehlungen und Anregungen aussprechen. Vor diesem Hintergrund sind Angelegenheiten, die die Gemeinde zwar betreffen, zu denen sie jedoch nicht selbst die Entscheidungshoheit hat, durchaus zulässig. So könnte beispielsweise ein Bauvorhaben des Landes auf dem Gemeindegebiet Thema einer Einwohnerversammlung sein, obwohl die Gemeinde das Vorhaben nicht selbst steuert. Letztlich dient die Einwohnerversammlung dem Ziel, die Einwohner über wichtige Angelegenheiten zu informieren und andersherum der Gemeindeverwaltung und -politik eine gewisse Orientierung über die Haltung der Einwohnerschaft zu diesen Angelegenheiten zu geben. Alle Gemeindeordnungen, die Einwohnerversammlungen kennen, sehen die Möglichkeit einer örtlichen Abgrenzung vor. Je größer eine Gemeinde ist, umso bedeutsamer ist dies. So kann eine Einwohnerversammlung beispielsweise auf ein großstädtisches Quartier oder ein eingemeindetes Dorf beschränkt werden. Hierdurch können Angelegenheiten von lokaler Bedeutung behandelt werden, auch wenn sie für die Gesamtgemeinde keinen besonderen Stellenwert haben. Üblicherweise wird die örtliche Abgrenzung auch auf die Zahl der zu sammelnden Unterschriften angewandt. Abgrenzung zur BürgerversammlungDie Einwohnerversammlung ist in der Mehrzahl der deutschen Bundesländer eine gesetzlich geregelte Form der Bürgerbeteiligung. In Bayern und Hessen wird für diese gesetzliche geregelte Beteiligungsform der bestimmte Rechtsbegriff Bürgerversammlung verwendet. Daneben ist in Deutschland im allgemeinen Sprachgebrauch der Ausdruck Bürgerversammlung häufig anzutreffen. Meist wird jedoch von einer Bürgerversammlung gesprochen, wenn die Verwaltung zu einer Veranstaltung einlädt und dort eine öffentliche Angelegenheit besprochen wird. Tabellarische Übersicht der Landesregelungen
Siehe auchEinzelnachweise
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