Die Mittelinsel des Rondells ist begrünt, mit Bänken, Bäumen, Blumenbeeten und einem Springbrunnen gestaltet. Sie kann unterirdisch über die U-Bahn-Station erreicht werden. Die meisten Besucher der vom Verkehr umfahrenen Mitte des Rondells nehmen allerdings den kurzen Weg quer über die Fahrspuren.[1]
Geschichte des Platzes
Zwischen dem Berliner Stadtschloss und dem vor den Toren der Stadt gelegenen Schloss Charlottenburg verlief ein Fahrweg über die Charlottenburger Chaussee (seit 1953: Straße des 17. Juni) und – ab Stadtgrenze Charlottenburg am Landwehrkanal – die damalige Berliner Straße. Diese knickte beim Ernst-Reuter-Platz nach Nordwesten in die Otto-Suhr-Allee ab. Der Knick hieß zunächst Umschweif und ab 1831 Am Knie.
Zu jener Zeit gingen von dem Platz sechs Straßen ab. Der Verkehr floss jedoch im Wesentlichen nach Nordwesten Richtung Spandau und zur im Aufbau befindlichen Siemensstadt. Ab 1905 sollte daher – als Verlängerung von Charlottenburger Chaussee / Berliner Straße – die damals noch schmale Bismarckstraße eine Verbindung nach Westen schaffen und zu einer Prachtstraße und Paradeweg ausgebaut werden. Dazu wurde über mehr als zehn Kilometer eine breite Schneise durch die gerade erst gebauten Stadtteile geschlagen; das Vorbild waren die Boulevards (genauer: Avenuen) von Paris.
Der vom Knie nach Osten führende Abschnitt der Berliner Straße erhielt am 22. Juni 1953 seinen heutigen Namen Straße des 17. Juni, der Platz selbst am 3. Oktober 1953 den Namen nach Ernst Reuter und der nach Nordwesten führende Straßenzug wurde am 3. September 1957 zur Otto-Suhr-Allee.
Der Berliner Senat ließ nach der Trümmerbeseitigung an Stelle des alten Knies ein großzügiges Rondell anlegen. Die Idee einer Verkehrsinsel umzingelt von lose gruppierten Einzelbauten, anstatt einer geschlossenen Platzwand, stammt von Ludwig Mies von der Rohe. Dies sollte einen Eindruck von Leichte und Unbeschwertheit erzeugen.[1] Von Mitte der 1950er bis in die 1970er Jahre hinein entstanden die Gebäude, die im 21. Jahrhundert von Fakultäten der TU Berlin und Unternehmen wie der Deutschen Telekom und der Teles AG genutzt werden. In den 1960er Jahren diente der Platz oft als Vorzeigeobjekt des Neuen Berlin.[3]
Charakteristika
Aufgrund starker Kriegszerstörungen wurde 1955 ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt. Über seine genauen Hintergründe ist wenig bekannt. Die fundiertesten Forschungen lieferte Dagmar Gausmann, der zufolge neben dem Siegerprojekt von Bernhard Hermkes ein weiteres Modell von Willy Kreuer Eingang in die tatsächlich vorgenommene Gestaltung fand.
Der Ernst-Reuter-Platz mit einer lichten Weite zwischen 180 und 230 Metern und einer ihn umgebenden Hochhausbebauung in lockerer Bauweise wird geprägt von einem Kreisverkehr mit gestalteter grüner Mittelinsel, in die zunächst noch die Gleise der Straßenbahn integriert waren, die bis 1967 über den Platz verkehrte. Er gilt neben dem Hansaviertel als eines der prägnantesten Beispiele des Städtebaus der Nachkriegsmoderne im damaligen West-Berlin, insbesondere des Postulats der „autogerechten Stadt“, sowie als Gegenpol zum stärker geschlossenen Strausberger Platz in Ost-Berlin.
Die ursprünglich spitzwinkligen Anschlüsse der Otto-Suhr-Allee, Hardenbergstraße und Marchstraße wurden so verschwenkt, dass sie rechtwinklig in die Kreisbahn einliefen. Die Hertzallee (vormals: Kurfürsten-Allee) störte das Konzept und wurde durch das von 1955 bis 1959 als erstes Gebäude am neu entstandenen Platz errichtete Institut für Bergbau und Hüttenwesen der TU Berlin des TU-Professors Willy Kreuer abgeriegelt, ihr durch das TU-Gelände führender Abschnitt wurde bis zur Fasanenstraße entwidmet. Das TU-Hochhaus (Ernst-Reuter-Platz Nr. 1) zwang Hermkes, der mit Kreuer in Fehde lag, seine Planungen darauf abzustimmen. Alle weiteren Bauten entstanden bis in die 1970er Jahre hinein nach Hermkes’ städtebaulichen Vorgaben und stehen seit den 1980er Jahren zusammen mit der Mittelinsel unter Denkmalschutz.
Ein Denkmal des Bildhauers Bernhard Heiliger für Ernst Reuter, das heute vor dem Anbau des Architekturgebäudes der TU steht, entstand 1962/1963 mit dem Titel Die Flamme.[4] Die Einweihung der Skulptur erfolgte am 28. September 1963 durch den Regierenden Bürgermeister Willy Brandt, der in seiner Rede folgendes ausführte: „Das Aufwärtsstrebende dieser Skulptur ‚Flammzeichen‘ soll Sinnbild sein für das Leben und das Werk Ernst Reuters und für den immerwährenden Kampf um die Freiheit der Menschen.“[5] Anlässlich des 50. Todestages von Ernst Reuter 2003 wurden in den Platz 16 Scheinwerfer eingelassen, die die Baumkronen in der Dunkelheit anleuchten. Zur Einweihung war unter anderem Edzard Reuter anwesend.[6]
Brunnenanlage
Mit der Namensgebung des Platzes ließ das Bezirksamt in dessen Zentrum eine Springbrunnenanlage installieren, die bereits in den Architekturentwürfen von Hermkes enthalten war. Detailplanungen führte Werner Düttmann aus. Die Anlage besitzt zwei rechteckige Betonbecken, das westlich auf dem Platz gelegene ist mit 19 Meter Seitenlänge fast quadratisch, das östliche ist 30 Meter breit und 40 Meter lang.[7]
In jedem Becken sprudeln mehr als 20 Wasserfontänen von ein bis zwei Meter Höhe. Sie kommen aus rotierenden Metallplatten, sodass die Wasserstrahlen sich tänzelnd umeinander drehen. Im größeren Becken steigt aus fünf Einzeldüsen das Wasser einer Fontänengruppe bis zu acht Meter hoch. Anfang der 1990er Jahre stellte das Bezirksamt das Wasser der Brunnen ab. Die Becken waren unsauber, die Teile der Pumpenanlage marode. Die gesamte Grünfläche wurde nicht mehr gepflegt – „kein Geld in der Kasse“ lautete die lapidare Begründung. Die Inhaberin einer Pension in der Bleibtreustraße, Isolde Josipovici, wollte diesen Zustand nicht hinnehmen und schaffte es, Edzard Reuter zu kontaktieren. Dieser war in den 1990er Jahren Vorstandsmitglied bei der Daimler-Benz AG, gleichzeitig derjenige, der die Namensrechte seines Vaters für den Platz vergeben hatte. Reuter erreichte über die Drohung, die Namensrechte zu entziehen, beim seinerzeitigen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, dass der damalige Bezirk Charlottenburg das Geld zur Sanierung der gesamten Platzanlage einschließlich des Brunnensystems erhielt. An den Sanierungskosten beteiligten sich zusätzlich die Berliner Wasserbetriebe. Die Pensionswirtin erreichte außerdem, dass die Wall AG seitdem die Betriebskosten der Fontänen übernimmt (Stand: 2014). Isolde Josipovici, die wegen sinkender Nachfrage ihre Herberge im Sommer 2014 schließen musste, bleibt den Anwohnern rund um den Ernst-Reuter-Platz damit als Brunnenretterin in Erinnerung.[1]
Literatur
Dagmar Gausmann: Der Ernst-Reuter-Platz in Berlin. Hamburg/Münster 1992, ISBN 3-88660-774-7.
↑ abcPetra Ahne: Eine Weile aus der Welt. In: Berliner Zeitung, 23. Juli 2014, S. 3.
↑Reinhard Bollmus: Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem. Stuttgart 1970, S. 252 und 265.
↑Ernst-Reuter-Platz. Portal „Landschaftsarchitektur heute“ vom bdla, abgerufen am 25. März 2014.