Göstling an der Ybbs liegt im Mostviertel in der niederösterreichischen Eisenwurzen in Niederösterreich. Die Fläche der Marktgemeinde umfasst 143,55 Quadratkilometer. 84,7 Prozent der Fläche sind bewaldet.
Im Altertum war das Gebiet Teil der Provinz Noricum.
Göstling wird erstmals 1305 im Freisinger Urbar erwähnt. 1316 wird ein Eisenhammer genannt. Das Eisen wurde ursprünglich vom Dürrenberg bezogen, später vom steirischen Erzberg. Der Ausbau der Dreimärktestraße durch das Mendlingtal 1544 bis 1561 führte zum wirtschaftlicher Aufschwung des Ortes durch die Eisenverarbeitung und den Lebensmittelhandel. Von der Dreimärktestraße wurde der Erzberg mit Lebensmitteln versorgt; im Gegenzug wurde das Roheisen weiterverarbeitet. Das letzte originale Straßenstück der historischen Eisenstraße befindet sich in Lassing.[2]
Nach dem Niedergang der Eisenproduktion im 19. Jahrhundert wurde die Holzwirtschaft zum wichtigsten Wirtschaftszweig. Im Mendlingtal bei Göstling steht eine der letzten Holztriftanlagen Mitteleuropas. Heute führt dort ein Themenweg durch Schluchten, über Triftwege und über Brücken ("Erlebniswelt Mendlingtal").[2]
Laut Adressbuch von Österreich waren im Jahr 1938 in der Ortsgemeinde Göstling ein Arzt, ein Taxiunternehmer, zwei Bäcker, ein Binder, ein Branntweinhändler, ein Fellhändler, ein Friseur, ein Fuhrwerker, fünf Gastwirte, sechs Gemischtwarenhändler, ein Glaser, eine Hebamme, ein Hutmacher, ein Konsumverein, ein Korbflechter, drei Gerätehersteller, ein Lebzelter, ein Fotograf, zwei Sattler, ein Schlosser, drei Schmiede, drei Schneider und sechs Schneiderinnen, vier Schuster, zwei Sägewerke, ein Sodawassererzeuger, eine Sparkasse, vier Tischler, zwei Uhrmacher, ein Weinhändler, zwei Wagner, ein Zimmermeister, zwei Zuckerbäcker und einige Landwirte ansässig.[3]
Zwischen Juli 1944 und April 1945 wurden ungarische Juden (23 Männer, 42 Frauen und 11 Kinder) als Zwangsarbeiter im Straßenbau eingesetzt.[4] Von Teilen der Göstlinger Bevölkerung wurde den Juden dabei immer wieder heimlich Nahrungsmittel zugesteckt.[5] Beim Massaker von Göstling, das in der Nacht vom 12. auf den 13. April 1945 stattfand, wurden in Göstling alle 76 jüdische Zwangsarbeiter ermordet. Mitglieder der Waffen-SS und HJ steckten die Lagerbaracke der Opfer mittels Panzerfäusten und Handgranaten in Brand.[6]
Von der einstigen Bedeutung des Eisens für die Gegend zeugen Herrenhäuser und Hämmer,
darunter
der "Fassziehhammer" aus dem 16. Jahrhundert,
das "Pfarrstöckl" bei der Kirche mit Sgraffitomalerei aus der Renaissance
und das "Fürstenhaus" bzw. "Asyl" (ein Gewerkenhaus, nach der Familie Fürst benannt; wurde 1878 von Bettina Rothschild als Kinderheim für Forstarbeiter gestiftet).
Katholische Pfarrkirche Göstling an der Ybbs hl. Andreas: spätbarock, gotische Tore, Turm 1718 von Josef Munggenast barockisiert. Die Bilder des Hl. Andreas, der Hl. Maria und des Hl. Antonius von Padua wurden 1794 von Martin Johann Schmidt, bekannt als Kremser Schmidt gemalt.
Fest der Bergrettung: gibt es immer am ersten Augustwochenende
Wirtschaft und Infrastruktur
War früher der Ort durch Eisenindustrie (Eisenwurzen) und Landwirtschaft geprägt, ist heute neben der Land- und Forstwirtschaft vor allem der Tourismus vorherrschend.
Nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten gab es im Jahr 2001 99, land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach der Erhebung 1999 110. Die Zahl der Erwerbstätigen am Wohnort betrug nach der Volkszählung 2001 907. Die Erwerbsquote lag 2001 bei 42,54 Prozent. Einer der Arbeitgeber ist das im Dezember 2009 eröffnete Ybbstaler Solebad mit insgesamt etwa 60 Mitarbeitern.
Wintertourismus: Göstling ist einer der traditionsreichsten Urlaubsorte Niederösterreichs und hat mit dem Hochkar das größte und schneesicherste Schigebiet Niederösterreichs. Es sind Pisten sämtlicher Schwierigkeitsgrade, von leichten Hängen bis zu steilen Buckelpisten vorhanden. An Liftanlagen verfügt das Schigebiet über vier Vierersessellifte, eine kuppelbare Vierersesselbahn, zwei Schlepplifte und einen Doppelsessellift. Neben einem weiteren, kleineren Schigebiet (Steinbachlifte) ergänzen Naturbahnrodeln, ein Hallenbad mit Saunapark, mehrere Langlaufloipen, darunter die „Langlaufloipe Leckermoor - Hochreit“ die touristischen Angebote im Winter.
Sommertourismus: Sommertouristisch ist vor allem Wandern bis 1880 m Seehöhe auf bewirtschaftete Almen, Rafting, Gleitschirmfliegen und die Erlebniswelt „Mendlingtal“ mit einer der letzten Holztriftanlagen Europas hervorzuheben.
Verkehr
Bahn: Bis zum Jahr 2009 verfügte Göstling über eine Station an der schmalspurigenYbbstalbahn der ÖBB. Im Sommer 2012 wurde die Museumsbahn Kienberg-Gaming – Lunz, eine ehemalige Teilstrecke der Ybbstalbahn, nach Göstling verlängert.
Herbert Mandl (* 1961), Alpinskitrainer und Skirennläufer, in Göstling aufgewachsen
Thomas Sykora (* 1968), österreichischer Skirennläufer
Kathrin Zettel (* 1986), Skirennläuferin, lebt in Göstling
Göstling
Sgraffito in Göstling an der Ybbs
Winterpanorama
Am Hauptplatz
Literatur
Elisabeth Kraus-Kassegg: Markt Göstling an der Ybbs. Vergangenheit und Gegenwart. Festschrift aus Anlass der Markterhebung. Göstling an der Ybbs 1962.
Michaela Herrmann: Chronik der Marktgemeinde Göstling für die Jahre 1305–2005. Göstling an der Ybbs 2005.
Herrmann Strobl: Jahreschronik Marktgemeinde Göstling an der Ybbs 1900–1969. 2. Auflage. Göstling an der Ybbs 2010.
Martin Prieschl: Das Massaker in Göstling am 13. April 1945. In: Edition Österreich 1938–45. Archiv-Verlag, Wien/Braunschweig 2015 (Loseblattsammlung).
↑Heinz Arnberger, Claudia Kuretsidis-Haider (Hrsg.): Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung (= Teil von: Anne-Frank-Shoah-Bibliothek). 2. Auflage. mandelbaum verlag, Wien 2011, ISBN 978-3-85476-367-3.