Göttinger Senioren-ConventDer Göttinger Senioren-Convent ist der Senioren-Convent an der Georg-August-Universität Göttingen. Er ist Gründungsmitglied des 1848 gegründeten Kösener Senioren-Convents-Verbands (KSCV). GeschichteGründung und erster CommentDer erste überlieferte Göttinger SC-Comment wurde im Frühjahr 1809 mit dem Titel „Allgemeiner Komment der Göttinger Burschenschaft“ von vier Corpslandsmannschaften unterzeichnet.[1] Bei den Unterzeichnern handelte es sich um die Guestphalia, die mit der Rhenania vereinigte Hannovera, die mit der Pomerania vereinigte (baltische) Ruthenia und die mecklenburgische Vandalia. Der Comment limitierte die Anzahl der Corpslandsmannschaften an der Göttinger Universität auf maximal fünf. Fünfte Corpslandsmannschaft wurde im Sommer 1809 die Ostfrisia.[2] Nach Annahme dieses SC-Comments von 1809 wurde Karl Gustav Fabricius aus Stralsund von den Ruthenen erster Generalsekretär des Göttinger Senioren-Convents; er wurde als solcher Anfang Juli 1809 seitens der Universität consiliert.[3] Am 15. März 1809 wurden erstmals SC-Meldungen zur Personalstärke erstellt; sie geben den Mitgliederstand der einzelnen Corps wieder, soweit sie sich erhalten haben. Dieser Göttinger SC schuf 1809 auch einen Paukcomment. Durch die Gendarmen-Affäre und die damit einhergehenden Untersuchungen des Prorektors Gustav von Hugo und des Generaldirektors des öffentlichen Unterrichts bei Regierung des Königreichs Westphalen in Kassel Justus Christoph Leist kamen die Aktivitäten der Corps in Göttingen weitgehend zum Erliegen.[4] Erst unter dem Prorektor Thomas Christian Tychsen wurden sie im Wintersemester 1810/11 wieder aufgenommen.[2] Im November 1811 kam es zu neuerlichen Ermittlungen der akademischen Behörden gegen die Corps, nachdem ein Pfeifenkopf mit den Namen von 33 Mitgliedern der Vandalia beschlagnahmt worden war. Aufgrund dieser Untersuchungen tarnten sich die im Göttinger SC zusammengeschlossenen Corps immer wieder gegenüber der Universität als harmlose Clubbs von Studenten gleicher landsmannschaftlicher Herkunft. Am 2. April 1813 wurde der SC-Comment von den inzwischen sieben Göttinger Corpslandsmannschaften neu gefasst. In dem Buch des 1811 immatrikulierten Göttinger Corpsstudenten Daniel Ludwig Wallis aus dem Jahre 1813 über das Leben an der Göttinger Universität findet man folgende Erläuterungen über den Comment, das Gesetzbuch der Studenten:
Heinrich Heine, der sich während seines Studiums in Göttingen dem Corps Guestphalia und damit dem SC anschloss, beschrieb das Auftreten der landsmannschaftlich organisierten Studenten in Göttingen im Jahre 1824 wie folgt:
– Heinrich Heine, Die Harzreise 1824[6] Eine gute Darstellung des Göttinger SC um 1825/26 ist in der 1829 in New York erschienen Reisebeschreibung Norddeutschlands von Henry Edwin Dwight enthalten.[7] Viele Corps in den 1820er JahrenIn den 1820er Jahren rekonstituierten sich viele Corps, es gab auch viele Neugründungen. Ein SC-Comment aus dem Jahre 1825 listet 17 Corps in der Reihenfolge ihrer Gründung auf:[8]
Ein SC-Comment aus dem Wintersemester 1828/29 nennt sogar 19 Corps. In dieser Liste fehlen die oben aufgeführten Teutonen und Hamburger. Zusätzlich sind aufgeführt:[9]
Dies ist eine extrem hohe Zahl von Mitgliedsverbindungen im SC, die vorher und nachher nicht wieder erreicht wurde. Auch von anderen Universitäten Deutschlands ist eine so hohe Zahl von SC-Corps nicht bekannt. Göttingen war damals mit seinen etwa 500 bis 1.000 Studenten eine europaweit vergleichsweise große Universität. Schwere Verfolgungen in den 1830er JahrenAufgrund der politischen Unruhen zu Beginn der 1830er Jahre und besonders der „Göttinger Revolte“ (auch „Göttinger Revolution“) vom 8. Januar 1831 unter Führung des Privatdozenten von Rauschenplat, eines Mitgliedes des Corps Hildesia, verstärkte sich der Druck der Behörden gegen die Corps in diesen Jahren massiv. So werden in den Protokollbüchern des Jahres 1837 nur noch vier aktive Corps des Göttinger SC genannt: Brunsviga, Nassovia, Bremensia und Hildesia.[10] Diese Information wird gestützt durch ein Mensurbild des Göttinger SC aus dem Jahre 1837, das eine Mensur Bremensia gegen Nassovia zeigt, wobei unter den Spektanten nur die Vertreter dieser vier Corps zu sehen sind[11]. Im Jahre 1830 fand im Göttinger SC das Duell Ketteler–Lohmann, statt, ein Duell auf Korbschläger, das zwischen den damaligen Göttinger Studenten Wilhelm Emmanuel von Ketteler und Friedrich Wilhelm Theodor Lohmann ausgetragen wurde. Es handelte sich dabei um den einzigen Zweikampf mit Waffen, in den mit Ketteler ein (späterer) römisch-katholischer Bischof verwickelt war. Ketteler erhielt eine Verletzung an der Nase, deren Folgen lebenslang sichtbar blieben. Obwohl von Ketteler wegen des Duells verurteilt wurde und die Haftstrafe im Karzer absaß, hatte dies keine nachteiligen Auswirkungen für seine Karriere als Priester und Politiker. Er kommentierte später diese Zeit mit den Worten: „Gewiß war ich ein flotter Student, aber vor Dingen, deren ich mich vor der Welt zu schämen hätte, hat mich Gott bewahrt.“[12] Ein für den Göttinger SC als wichtig erachtetes Ereignis war die Studienzeit Otto von Bismarcks, der von Mai 1832 bis September 1833 in Göttingen weilte. In dieser Zeit war er Mitglied des Corps Hannovera und damit des Göttinger SC. Bis heute spinnen sich zahlreiche Anekdoten um diese Zeit. Gründung des KSCVDer SC zu Göttingen war führend an der Gründung des Kösener Senioren-Convents-Verbandes (KSCV) im Jahre 1848 beteiligt. In der Zeit des Nationalsozialismus bestanden von den sieben Göttinger Corps Hannovera, Brunsviga, Teutonia und Hercynia auch im Wintersemester 1935/36 noch einige Zeit, um den Corpsburschen die restlichen Mensuren zu ermöglichen. Ein Versuch der Hannoveraner und Braunschweiger, sich unter Beitritt zum Ring farbentragender Korporationen wieder aufzutun, scheiterte daran, dass die Universität nun für eine Korporation mindestens 12 Aktive verlangte.[13] Karl Weißleder von den Göttinger Nassauern war über viele Jahre Paukarzt des Göttinger Senioren-Convents.[14] Nach dem Zweiten WeltkriegAm 4. November 1950 fusionierten die beiden Göttinger Corps Teutonia und Hercynia zur neuen Teutonia-Hercynia, die die Mützenfarben beider Ausgangscorps auf weiß zu einem neuen Couleurband vereinigte (rot-grün über breitem weißen Grund). Das neue Corps bezog das Corpshaus der Hercynia am Nikolausberger Weg und ist Mitglied im Magdeburger Kreis. Am 1. August 1959 gründeten 210 Alte Herren (Philister) von elf deutsch-baltischen Studentenverbindungen aus Dorpat, Riga, Moskau und St. Petersburg in Göttingen die Curonia Goettingensis und bezogen sich damit auf die frühere Präsenz verschiedener kurländischer Corps im Göttinger SC. Das neue Corps wurde Mitglied im SC und damit auch im KSCV. Die Curonia Goettingensis pflegt bis heute im Göttinger SC die speziellen baltischen Studententraditionen. Die Curonia trägt die Farben grün-blau-weiß, die von allen Corps mit Namen Curonia an allen deutschen Universitäten des 19. Jahrhunderts getragen wurden. Mensurbilder aus dem Göttinger SC
Corpshäuser des Göttinger SC von 1910
Heutiger SCNach Anciennität
Das Corps Agronomia Hallensis zu Göttingen hat im SC Sitz und Stimme, stimmt jedoch als Corps im WSC bei Anträgen zum oKC nicht mit ab. Studentische Fechtwaffe: Korb. Chargenzeichen xxx, xx, x. Siehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Göttinger Senioren-Convent – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
|