Seine Thesen von einer plötzlichen Finanzkrise trotz boomender Wirtschaft blieben lange Zeit unbeachtet, erlebten aber bei der Bankenkrise 2007 eine überraschende Bestätigung. Die Begriffe Minsky-Paradoxon,[3]Minsky-Moment, Minsky-Kollaps oder Minsky-Meltdown wurden geboren.[4][5][6] Darüber hinaus war Minsky an der Entwicklung der postkeynesianischen Theorie der Inflation beteiligt.[7]
In Minskys Krisentheorie, die auch Charles P. Kindleberger beeinflusste, betreiben die Investoren zu Beginn eines Zyklus zunächst eine abgesicherte Finanzierung; die Einnahmen, die den Investitionen folgen, reichen aus, um die Kredite zurückzuzahlen. Erweist sich das Wirtschaftswachstum als stabil, erscheint eine spekulative Finanzierung rentabel. Die Einnahmen reichen jetzt nur noch aus, um die Zinsen der aufgenommenen Kredite zu bedienen; die Kredite selbst dagegen werden durch neu aufgenommene Kredite ersetzt. Schließlich gehen die Investoren zu einem Schneeballsystem über, einem „Ponzi scheme“ (benannt nach Charles Ponzi). Nun werden sogar zur Finanzierung der Zinslast Kredite aufgenommen, da die Investoren immer noch darauf vertrauen, dass ganz zum Schluss die Einnahmen aus der Investition ausreichen, um allen aufgelaufenen Verpflichtungen genügen zu können. Insgesamt wird die Wirtschaft immer labiler, bis es zu einem Platzen der Spekulationsblase und dem Ausbruch einer Finanzkrise kommt.[8]
Minsky vertrat die Auffassung, dass die Finanzierungsprozesse einer kapitalistischen Ökonomie endogene destabilisierende Kräfte entwickeln. Er hielt die Finanzinstitutionen des Kapitalismus für „von sich aus ruinös“. Deshalb riet er dazu, zu akzeptieren, dass das Gebiet effizienter und wünschenswerter freier Märkte begrenzt ist.[9]
Minskys Thesen stehen im Widerspruch zur klassischen bzw. neoklassischen Lehre, nach der die Märkte von selbst zu einem Gleichgewicht tendieren,[10] sofern gewisse notwendige Voraussetzungen erfüllt sind (wie z. B. vollständiger Wettbewerb und Informationssymmetrie). Im März 2012 kam es zu einer Blogdebatte zwischen Steve Keen und Paul Krugman über die zentrale Rolle des Bankwesens für das Wirtschaftsverständnis in Minskys Theorie.[11][12]
Veröffentlichungen
John Maynard Keynes. 1975.
John Maynard Keynes. Finanzierungsprozesse, Investition und Instabilität des Kapitalismus. Metropolis, Marburg 1990, ISBN 3-926570-06-7. 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-89518-656-1.
Can „It“ Happen Again? Essays on instability and finance. 1982.
Stabilizing an Unstable Economy. 1986.
The Financial Instability Hypothesis. In: Philip Arestis, Malcolm Sawyer (Hrsg.): Handbook of Radical Political Economy. 1993 (PDF).
Aktuelle Krisenanalysen auf der Grundlage von Minskys Theorien
Bernhard Emunds: Die Krise der globalen Finanzwirtschaft – eine Analyse und sozialethische Einschätzung. In: Ethik und Gesellschaft. 2/2009 (PDF; 185 kB)
Günther Grunert: Droht eine Horror-Inflation? In: Politik unterrichten. 2/2009, S. 32–42 (PDF; 412 kB)
Stefan Voß: Kann die Hypothese der finanziellen Instabilität von Minsky die aktuelle Finanzkrise 2007/09 erklären? In: Günter Buchholz (Hrsg.): Die Wirtschafts- und Finanzkrise mit Blick auf Marx und Keynes – Teil I. Arbeitspapier der Fakultät IV (Wirtschaft und Informatik) an der Fachhochschule Hannover, 02-2011 (PDF; 504 kB)
↑L. Randall Wray: Money and inflation. In: Richard P. F. Holt & Steven Pressman (Hrsg.): A New Guide to Post Keynesian Economics. London/New York 2001, ISBN 0-415-22982-0, S. 79–91
↑Gerald Braunberger: Keynes für jedermann. Die Renaissance des Krisenökonomen. FAZ-Verlag, 2009, S. 222–230.
↑Joseph Vogl: Das Gespenst des Kapitals. Diaphanes, Zürich 2010, S. 162.