Liste griechischer Phrasen/NyΝαὶ ναί, οὒ οὔ·
Aussage Jesu gegen das falsche Schwören in seiner Bergpredigt. Dort heißt es:[1]
Jesus meint damit nicht, wie es oft verstanden wird, dass Gott keine Schwüre will, sondern klare Aussagen. Er fordert den Menschen dazu auf, sein Wort auch ohne eidliche Bekräftigung zu halten. Ob man als Christ einen Eid schwören dürfe, war in der Kirchengeschichte oft umstritten. Einige Kirchenväter verwarfen den Eid völlig, Mennoniten und Quäker lehnen ihn heute noch ab. Für manche Bibeltreue ist es ein Widerspruch, einen Eid auf die Bibel abzulegen, in der doch ein Verbot des Schwörens gefordert wird. Νενίκηκά σε Σολομῶν.
Angeblicher Ausspruch des Kaisers Justinian I. nach der Fertigstellung der Hagia Sophia (Ἁγία Σοφία). Er wollte eine Kirche stiften, „die seit Adam nicht existierte und auch nicht mehr existieren würde“. Justinian wollte offensichtlich die von der römischen Aristokratin Anicia Juliana errichtete Polyeuktoskirche übertreffen, die um 520 bewusst als Abbild des salomonischen Tempels gebaut worden war. Für die Hagia Sophia fühlte sich Justinian persönlich verantwortlich und besuchte täglich die Baustelle. Zehntausend Arbeiter stellten innerhalb von fünf Jahren die Kirche fertig. Bei der Einweihung soll der Kaiser Gott gedankt und in Anspielung auf den Jerusalemer Tempel, der noch immer als Maßstab galt, laut gerufen haben:
Νενικήκαμεν.
Plutarch[2] und Lukian[3] kolportierten diese Phrase – allerdings schreiben sie νικῶμεν nikōmen („wir siegen“, Präsens) –, letzterer schrieb sie einem Boten namens Pheidippides zu, der 490 v. Chr. mit der Kunde vom Sieg in der Schlacht bei Marathon nach Athen gerannt und daraufhin tot zusammengebrochen sein soll. Vollständig soll er gesagt haben:
Auf dieser Legende basierend wurde 1896 der Marathonlauf als sportliche Disziplin bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit ins Leben gerufen. Der Schriftsteller Alexander Roda Roda bemerkt in seinem Erinnerungsbuch Schwabylon zu diesem Ausruf Folgendes an:[4]
Dieter Eckart schrieb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 24. Oktober 1987:[5]
Νενίκηκάς με, Γαλιλαῖε.
Angeblich die letzten Worte des römischen Kaisers Julian, bevor er an einer in der Schlacht erhaltenen Wunde starb. Julian war vom Christentum zum heidnischen Glauben übergetreten und hatte das Christentum bekämpft. Mit „Galiläer“ ist Jesus gemeint, der aus Nazareth, einem Ort in Galiläa im Norden Israels, stammt. In zeitgenössischen Quellen ist dieser Satz, den erst der Kirchengeschichtsschreiber Theodoret (5. Jahrhundert) überliefert,[6] nicht bezeugt. Es ist davon auszugehen, dass es sich um christliche Propaganda handelt. In seinem Werk Contra Galileos („Gegen die Galiläer“, das heißt gegen die Christen) polemisierte Julian gegen das Christentum und stellte die Christen als Abtrünnige des Judentums dar. Lateinisch wird der obige Satz mit „Tandem vicisti, Galilaee“ („Endlich hast du gesiegt, Galiläer“) wiedergegeben. Eine andere lateinische Fassung stellte der englische Dichter Algernon Swinburne seinem Abgesang auf das heidnische Rom Hymn to Proserpine (1866) voran:[7]
Der norwegische Dramatiker Henrik Ibsen schrieb von 1864 bis 1873 das Doppeldrama Kaiser und Galiläer, das er selbst als sein Hauptwerk ansah. In diesem Stück wird Julian in einer Schlacht verletzt, versucht sich zu erheben, sinkt aber zurück und ruft:[8]
Seine letzten Worte lauten in Ibsens Drama aber anders:[8]
Νεκρὸς οὐ δάκνει.
Dieses Zitat stammt von dem Historiker Plutarch[9] und wird immer wieder in unterschiedlichen Kontext aufgegriffen:
– Arthur Schurig, 1922[10] Der evangelische Geistliche und Vampirismusforscher der Aufklärung Michael Ranft meinte in seinem Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern von 1725:[11]
νέκταρ καὶ ἀμβροσίαNektar und Ambrosia sind in der griechischen Mythologie die Götternahrung. Ursprünglich wurde zwischen diesen beiden Bezeichnungen nicht unterschieden. Bei Homer wurde Nektar aber schon als Getränk und Ambrosia als Speise gesehen. Nektar war ein Honigprodukt und wird heute als Bezeichnung für den von Pflanzen produzierten Blütensaft verwendet. Ambrosia ist heute unter anderem die Bezeichnung der Nahrung von Bienenköniginnen. In den Adern der Götter fließt auch kein Blut, sondern Ichor (ἰχώρ), eine goldfarbene oder auch durchsichtige Flüssigkeit, die sich durch die Ambrosia bildet. Bei Homer wird dies deutlich bei der verwundeten Göttin Aphrodite, die an der Schlacht um Troja teilnahm. Von ihr heißt es in der Ilias:[12] Und es floß das ambrosische Blut des Gottes, In den Metamorphosen des römischen Dichters Ovid[13] benutzt die Göttin Venus Nektar und Ambrosia, um ihren Sohn Aeneas nach seinem Tod in einen Gott zu verwandeln. Siehe auch: Ἰχώρ, οἷός πέρ τε ῥέει μακάρεσσι θεοῖσιν. („Ichor, wie er rinnt in den Adern der seligen Götter.“) Νέρων, Ὀρέστης, Ἀλκμαίων μητροκτόνοι.
Vom Geschichtsschreiber Sueton zitierte Schmähung auf Kaiser Nero, der mit anderen Muttermördern verglichen wurde:
Νέστορός εἰμι εὔποτον ποτήριον.
Anfang der Inschrift auf dem so genannten Nestorbecher von Ischia, einem im Jahr 1954 bei Ausgrabungen gefundenen Trinkgefäß aus dem 8. Jahrhundert vor Christus. Das Gefäß trägt eine dreizeilige Inschrift, die lange Zeit nach der Herstellung eingeritzt wurde und in einer euböischen (von rechts nach links geschriebenen) Form des griechischen Alphabets geschrieben wurde. Der Text lautet: ΝΕΣΤΟΡΟΣ:...:ΕΥΠΟΤΟΝ:ΠΟΤΕΡΙΟΝ ΗΟΣΔΑΤΟΔΕΠΙΕΣΙ:ΠΟΤΕΡΙ..:ΗΥΤΙΚΑΚΕΝΟΝ ΗΙΜΕΡΟΣΗΑΙΡΕΣΕΙ:ΚΑΛΛΙΣΤΕΦΑΝΟ:ΑΦΡΟΔΙΤΕΣ Dies wird in die klassische Schreibweise wie folgt übersetzt: Νέστορός εἰμι εὔποτον ποτήριον· Nestors Becher bin ich, aus dem sich gut trinken lässt. νεῦρα τῶν πραγμάτων
Der spätantike Philosophiehistoriker Diogenes Laertios zitiert in seiner Schrift Leben und Lehre der Philosophen den Kyniker Bion von Borysthenes mit dem Ausspruch: „Der Reichtum, die Sehnen der Dinge“.[14] Heute bekannt ist die lateinische Version nervus rerum, die Cicero zum Beispiel in seiner Rede über den Oberbefehl des Gnaeus Pompeius (§ 17) verwendet:
In seiner 5. Philippischen Rede sagt Cicero außerdem (Philippica 5,5):
Nervus rerum und Die Verstaatlichung des Geldes ist der Titel eines Buchs des Finanztheoretikers Silvio Gesell, das als Grundstein für seine Lehre von der Natürlichen Wirtschaftsordnung gilt. Νεφελοκοκκυγία
Dieses Wort kommt in der Komödie Die Vögel vor.[15] Es bezeichnet eine Stadt in den Wolken, die sich die Vögel als Zwischenreich gebaut haben. Das deutsche Wort Wolkenkuckucksheim ist eine Lehnübersetzung, wie sie zuerst von Arthur Schopenhauer in seinen philosophischen Schriften benutzt wurde. Dabei gab er ihm eine erweiterte Bedeutung, indem er anderen Philosophen vorwarf, nur vom „Wolkenkuckucksheim“ zu reden. Andere Aristophanes-Übersetzer wählten beispielsweise die Ausdrücke „Wolkenkuckucksburg“ (etwa Ludwig Seeger) oder „Kuckuckswolkenhof“. In dem Bühnenstück aus dem Jahr 414 v. Chr. beschreibt der Dichter Aristophanes die Machtergreifung der Vögel mithilfe zweier Athener Exilanten, Peisthetairos (Πεισθεταίρος, „Berater“) und Euelpides (Ευελπίδης, „gute Hoffnung“). Peisthetairos und Euelpides ziehen aus Athen weg, um eine neue Stadt zu gründen, in der Geld wie Dreck weggeworfen wird, um nicht daran zu ersticken. Sie verwandeln sich in Vögel und überlegen, wie sie die Stadt nennen sollen. Die Überlegungen „Neu-Sparta“ und „Schöne Aussicht“ werden verworfen, man einigt sich auf „Wolkenkuckucksheim“:[16] Pei[s]thetairos: Wie soll denn aber nun ihr Name sein? Heute wird der Begriff für eine unrealistische Utopie verwendet, ähnlich dem Luftschloss. Νίκη ή Θάνατος
Aufschrift auf der Mani-Flagge während der Griechischen Revolution. Über einem blauen griechischen Kreuz steht in Großbuchstaben ΝΙΚΗ Ή ΘΑΝΑΤΟΣ, darunter ebenfalls in Großbuchstaben ΤΑΝ Ή ΕΠΙ ΤΑΣ, eine Anspielung auf die Aufforderung der spartanischen Mütter an ihre Söhne, bevor sie in den Krieg zogen:
Der griechische Schlachtruf im Kampf gegen die Türken um die Unabhängigkeit war Ελευθερία ή Θάνατος! („Freiheit oder Tod!“), während die Manioten als Nachkommen der Spartaner auf ihrer Flagge stattdessen „Sieg oder Tod!“ geschrieben hatten. Νιόβης πάθη
Die Leiden der Niobe sind eine sprichwörtliche Redensart für größtes Leid. Niobe war die Tochter des Tantalos und unterlag damit dem Tantalidenfluch. Sie war die Gemahlin des thebanischen Königs Amphion, dem sie sieben Söhne und sieben Töchter gebar. Stolz auf ihre zahlreiche Nachkommenschaft, verspottete sie die Göttin Leto, die nur zwei Kinder, Apollon und Artemis, geboren habe. Die beiden Kinder der gekränkten Göttin töteten an einem Tage sämtliche Kinder der Niobe mit ihren Pfeilen. Niobe, die der ungeheure Schmerz erstarren ließ, wurde von den Göttern in Stein verwandelt und nach Phrygien an den Berg Sipylos versetzt. Doch auch der Stein hörte nicht auf, Tränen zu vergießen. Der tragische Stoff wurde in der dramatischen wie der bildenden Kunst vielfach behandelt. Eine Erzählung findet sich im 6. Buch von Ovids Metamorphosen. Νίψον ἀνομήματα μὴ μόναν ὄψιν.
Dieser Gregor von Nazianz zugeschriebene Satz wurde in Großbuchstaben (ΝΙΨΟΝ ΑΝΟΜΗΜΑΤΑ ΜΗ ΜΟΝΑΝ ΟΨΙΝ) oft als Inschrift über Kircheneingängen und vor allem auf Taufbecken verwendet (z. B. am Quellbrunnen im Kloster Preveli und bei Serres, auch am Taufbecken bei der Hagia Sophia). Es handelt sich um ein Palindrom, denn der Satz kann auf gleiche Weise von vorn wie von hinten gelesen werden und ergibt in beiden Fällen den gleichen Wortlaut. In diesem Zusammenhang kann man auch das neugriechische Sprichwort zum Beichten von Sünden sehen:
Νόμος ὁ πάντων βασιλεύς.
Vollständig lautet diese Feststellung des Dichters Pindar:[17] Νόμος ὁ πάντων βασιλεύς Friedrich Hölderlin übersetzt dieses Fragment folgendermaßen ins Deutsche:[18] Das Gesetz, Dieter Schlesak stellte 1993 in einem Aufsatz über Paul Celan dazu fest:[19]
Seiner Erklärung nach steht König hier für den Superlativ, für die höchste Erkenntnis, nicht für die höchste Macht. Herodot zitierte Pindars Worte zustimmend in seinen Historien:[20]
Νοῦσος ὑγίειαν ἐποίησε ἡδὺ καὶ ἀγαθόν.
Zitat aus den Fragmenten des Philosophen Heraklit.[21] Der ganze Satz lautet:
Aus seinen Reihenbeobachtungen ist Heraklit zu der Schlussfolgerung gekommen, dass das vermeintlich Entgegengesetzte zusammenhängt und sich gegenseitig bedingt. Siehe auch: „Ψυχρὰ θέρεται, θερμὸν ψύχεται, ὑγρὸν αὐαίνεται, καρφαλέον νοτίζεται.“ („Kaltes erwärmt sich, Warmes kühlt ab, Feuchtes vertrocknet, Dürres wird benetzt.“) νυκτιφαὲς περὶ γαῖαν ἀλώμενον ἀλλότριον φῶς
Zitat aus den Fragmenten des Philosophen Parmenides,[22] der bereits ahnte, dass der Mond das Licht der Sonne reflektiert. Vermutlich waren es die Flecken, weshalb Parmenides den Mond ein Gemisch von Licht und Finsternis, von Nacht und Kälte nannte. Er glaubte auch, dass die Sonne von gleicher Größe wie der Mond sei. Νῦν ἀπολύεις τὸν δοῦλόν σου, δέσποτα.
Dies sind die Anfangsworte des „Lobgesangs des Simeon“, einem der drei Lobgesänge des Lukasevangeliums.[23] Der Text stammt aus der Erzählung von der Darstellung Jesu im Tempel. Der greise Simeon erkennt ihn als den Messias, auf den er gewartet hat, preist Gott dafür und erklärt sich nunmehr zum Sterben bereit: Griechisch (Novum Testamentum Graece):[24]
Deutsch (Einheitsübersetzung):[23]
Nach den lateinischen Anfangsworten „Nunc dimittis servum tuum, Domine“ wird das Nunc dimittis im Stundengebet der katholischen Kirche täglich gebetet. In der protestantischen Kirchenmusik diente dieser Text häufig als Grundlage für Begräbniskompositionen. Die Darstellung des Herrn ist ein wichtiges Motiv der christlichen Kunst. Nach jüdischem Gesetz wurde der erstgeborene Sohn in Erinnerung an die Pessach-Nacht als Eigentum Gottes angesehen und ihm im Tempel übergeben („dargestellt“), wo er durch ein Opfer auszulösen war. Das Lukasevangelium berichtet, dass der Knabe Jesus gemäß dieser Gesetzesvorschrift von Maria und Josef zum Tempel gebracht wird und das vorgeschriebene Opfer gereicht wird. Dort erkennen ihn Simeon und Hanna als Erlöser und stimmen seinen Lob- und Sterbegesang an. Νῦν γὰρ δὴ πάντεσσιν ἐπὶ ξυροῦ ἵσταται ἀκμῆς.
Die Redewendung „Auf Messers Schneide stehen“ bedeutet, dass eine Person oder eine Sache sich in einer kritischen Situation befindet, wobei der Ausgang – ob gut oder schlecht – noch ungewiss und eben im Begriff ist, sich zu entscheiden. Dieser Ausdruck findet sich bereits in Homers Ilias:[26] νῦν γὰρ δὴ πάντεσσιν ἐπὶ ξυροῦ ἵσταται ἀκμῆς Denn nun steht es allen fürwahr auf der Schärfe des Messers: In der Übersetzung von Johann Heinrich Voß klagt Nestor: Selber hab’ ich ja Söhn’ und treffliche, hab’ auch der Völker Auf Messers Schneide ist der Titel eines Romans von William Somerset Maugham aus dem Jahr 1944, der zwei Mal verfilmt wurde. Νῦν χρῆ μεθύσθην.
Dies ist der Anfang eines Lieds des Lyrikers Alkaios von Lesbos auf den Tod des Tyrannen Myrsilos von Mytilene auf der Insel Lesbos.[27] νῦν χρῆ μεθύσθην καί τινα πρὸς βίαν Nun heißt es sich besaufen und trinken Gegen den Tyrannen Myrsilos begehrten verschiedene Adlige auf, unter ihnen auch Familienangehörige der Dichterin Sappho, die daraufhin als junges Mädchen zum ersten Mal verbannt wurde. Pittakos aus Mytilene erließ eine Amnestie, die es Alkaios und seinem Bruder ermöglichte, in ihre Heimatstadt zurückzukehren. Der römische Dichter Horaz dichtete dies um zu einer Ode auf den Tod der ägyptischen Königin Kleopatra mit dem bekannten Anfang Nunc est bibendum. Einzelnachweise
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