Maria Antonia Walpurgis Symphorosa von Bayern (* 18. Juli1724 in München; † 23. April1780 in Dresden) war eine Prinzessin aus dem Hause der Wittelsbacher und durch Heirat mit ihrem Cousin 1. Grades Friedrich Christian von Sachsen vom 5. Oktober 1763 bis 17. Dezember 1763 Kurfürstin von Sachsen. Nach dessen Tod war sie bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes Friedrich August vormundschaftliche Regentin. Darüber hinaus ging sie, anders als andere Fürstinnen ihrer Zeit, nicht nur oberflächlicher musischer Beschäftigung nach, sondern betätigte sich erfolgreich als Kunstmäzenin, Komponistin, Opernsängerin (Sopran), Malerin und Dichterin.
Maria Antonia war die Tochter des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht, des späteren römisch-deutschen Kaisers KarlVII., aus dessen Ehe mit der österreichischen Erzherzogin Maria Amalie. Als älteste überlebende und damit unter den europäischen Fürsten für eine Heirat begehrte Tochter des Paares war sie von Anfang an von politischer Bedeutung und genoss eine standesgemäße Erziehung, zu der auch Malerei, Poesie sowie das Erlernen von Instrumenten gehörte. Am 20. Juni 1747 heiratete sie in Dresden den sächsischen Kurprinzen Friedrich Christian, ihren Cousin 1. Grades, mit dem sie während des Siebenjährigen Krieges 1759 vor den Preußen nach Prag und München fliehen musste und der bereits zehn Wochen nach seiner Thronbesteigung als Kurfürst am 17. Dezember 1763 an den Pocken verstarb. Da der älteste Sohn des Paares, der nunmehrige Kurfürst Friedrich AugustIII. noch minderjährig war und die Regierungsgeschäfte noch nicht selbständig führen konnte, übernahm die Mutter zusammen mit ihrem Schwager Franz Xaver von Sachsen als vormundschaftliche Regentin bis 1768 die Regierung Kursachsens. Zum Zerwürfnis zwischen beiden kam es jedoch im Jahre 1765, als Franz Xaver für seinen Neffen den Verzicht auf die Rechte zur polnischen Thronfolge erklärte, während Maria Antonia unbedingt an diesem prestigeträchtigen Anspruch festhalten wollte.
Auch als Unternehmerin war sie tätig: so legte sie 1763 in Naundorf bei Großenhain eine Kattunfabrik an und besaß seit 1766 das Bayrische Brauhaus in Dresden. Sie war Mitglied des Ordens der „Sklavinnen der Tugend“, in deren Ordensgewand sie auch begraben wurde. Gegen Ende ihres Lebens schrieb sie eine Abhandlung Von der Befestigung des Gemütes gegen die Schrecken des Todes.
Bereits ihre Geburt ließen ihre Eltern mit der Aufführung von Pietro Torris Oper Amadis di Grecia feiern. In ihrer Jugend in München erhielt sie Kompositionsunterricht von den renommierten Opernkomponisten Giovanni Battista Ferrandini und Nicola Antonio Porpora. Bei den Feierlichkeiten an ihrer Hochzeit mit Friedrich Christian von Sachsen (1747) erklang Christoph Willibald GlucksOper Le nozze d’Ercole e d’Ebe und Johann Adolf HassesLa Spartana generosa. In Dresden führte sie ihr Musikstudium bei Hasse und Nicola Porpora fort und fühlte sich besonders dem Stile der Opera seria verbunden. Sowohl bei der Aufführung ihrer eigenen Werke dieses Genres als auch in zahlreichen Aufführungen bei Hofe trat sie als Sängerin und Cembalistin auf. 1747 wurde sie in die Accademia dell’Arcadia in Rom, eine international wirkenden literarischen Akademie und Institution zur Reform der Oper, aufgenommen.[1] Die Mitglieder verkehrten miteinander ohne Beachtung ihrer Standesunterschiede und legten sich im Sinne eines einfachen, natürlichen Landlebens zu diesem Zwecke sogenannte Schäfernamen zu. Maria Antonia erhielt den Namen Ermelinda Talea Pastorella Arcadia (ETPA).
Sohn (*/† 9. Juni 1748 in Dresden, nach der Geburt verstorben)
Friedrich August III./I. (* 23. Dezember 1750 in Dresden; † 5. Mai 1827 in Dresden), Kurfürst und später König von Sachsen, erwählter König von Polen und Herzog von Warschau
Karl (* 24. September 1752 in Dresden; † 8. September 1781 in Dresden), Prinz von Sachsen
Joseph Maria (* 26. Januar 1754 in Dresden; † 25. März 1763 in Dresden), Prinz von Sachsen
Anton (* 27. Dezember 1755 in Dresden; † 6. Juni 1836 in Pillnitz), König von Sachsen
Maria Amalie (* 26. September 1757 in Dresden; † 20. April 1831 in Neuburg an der Donau), Prinzessin von Sachsen
⚭ Karl II. August (* 29. Oktober 1746 in Düsseldorf; † 1. April 1795 Mannheim), Herzog von Pfalz-Birkenfeld-Zweibrücken
Maximilian (* 13. April 1759 in Dresden; † 3. Januar 1838 in Dresden), Erbprinz von Sachsen
⚭ Caroline von Bourbon-Parma (* 22. November 1770 in Parma; † 1. März 1804 in Dresden), Prinzessin von Bourbon-Parma
⚭ Maria Luisa von Bourbon-Parma (* 2. Oktober 1802 in Barcelona; † 18. März 1857 in Rom), Prinzessin von Bourbon-Parma
Therese Maria (* 27. Februar 1761 in München; † 26. November 1820 in Dresden), Prinzessin von Sachsen
Sohn (*/† 1762, tot geboren)
Ahnentafel
Ahnentafel von Maria Antonia von Bayern
Ururgroßeltern
Kurfürst Maximilian I. von Bayern (1573–1651) ⚭ 1635 Erzherzogin Maria Anna von Österreich (1610–1665)
Ein ausführliches Quellen- und Werkverzeichnis (handschriftliche und gedruckte Noten und Texte) enthält Christine Fischers Buch Instrumentierte Visionen der Macht. Maria Antonia Walpurgis’ Werke als Bühne politischer Selbstinszenierung (2007).[2]
Opern:
Il trionfo della fedeltá (unter Assistenz von Hasse und Metastasio), Uraufführung im Sommer 1754 in Dresden. Textdruck. Notendruck (3 Bände) Breitkopf, Leipzig 1754
Text für das OratoriumLa conversione di S. Agostino von Hasse, 1750. Eine deutsche Fassung als Sprechdrama mit dem Namen Der bekehrte Augustinus erschien 1753 und 1766 in der Geistlichen Schaubühne des Ulmer Augustiners Peter Obladen.[4]
1859 schrieb Amely Bölte unter dem Namen Maria Antonia, oder Dresden vor 100 Jahren eine ausführliche Biografie, die sie selbst zwar als „Biographischer Roman“ betitelte, jedoch im Vorwort ausdrücklich darauf hinwies, dass sie ausschließlich auf überlieferten Tatsachen beruhe.[9]
Literatur
Christine Fischer: Instrumentierte Visionen weiblicher Macht. Bärenreiter, Kassel 2007, ISBN 978-3-7618-1829-9 (zu Maria Antonias musikalischem Wirken in München und Dresden).
Marita A. Panzer: Wittelsbacherinnen. Fürstentöchter einer europäischen Dynastie. Pustet, Regensburg 2012, ISBN 978-3-7917-2419-5, S. 135–146.
Thomas Schilp: Äbtissin Maria Kunigunde von Essen, eine Opernsängerin? Zur Uraufführung der Oper „Talestri, regina delle amazzoni“ am Hof des Kurfürsten von Sachsen. In: Ders. (Hrsg.): Frauen bauen Europa. Internationale Verflechtungen des Frauenstifts Essen. Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0672-3, S. 451–461.
Britta Kägler: Frauen am Münchener Hof (1651–1756). Verlag Michael Laßleben, Kallmünz/Opf. 2011, ISBN 978-3-7847-3018-9 (zur Kindheit und Jugend der bayerischen Prinzessin, Heiratsverhandlungen, Hofstaat und Maria Antonias Korrespondenzen).
Eva Neumayr: Artikel „Maria Antonia Kurfürstin von Sachsen“. In: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 14. März 2018.
↑Eichholz, Nina: Cataloghi, numeri, Schräncke und Fächer: zur Musikaliensammlung und den historischen Noteninventaren der sächsischen Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis. Clavibus unitis, 2020 (acecs.cz [PDF; abgerufen am 1. November 2024] Medientyp: E-Artikel).
↑Amely Bölte: Maria Antonia, oder Dresden vor 100 Jahren. Zeitbild. Biographischer Roman (online bei Google Books).