Die Ortschaft liegt im Dilltal, das zum Westerwald gehört. Es befindet sich südlich der Dillenburger Kernstadt Niederscheld und ist von den Erhebungen Hohes Rad, Horst und Gleichen am Westrand des Schelder Waldes umgeben. Durch das Dorf fließen die namensgebende Schelde und die Dill, sowie zahlreiche kleine Bäche, wie Lützelbach und Hustenbach.
Geschichte
Ortsgeschichte
Die Ortschaft wurde schriftlich erstmals am 22. Oktober 1274 als Schelt erwähnt, als Heydenreich von Dernbach Besitzungen im Ort an das Kloster Keppel verkaufte.[4] Der eigentliche Name Niederscheld jedoch wurde explizit erst im Jahre 1447 erwähnt. Zwischen 1470 und 1490 suchte die Pest das Dorf heim. Im Jahre 1472 wurde ein Siechenhaus errichtet. Um 1530 erreichte die Reformation den Ort.
1604 erbaute man den Schelder Hammer zur Eisenverhüttung. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Niederscheld mehrfach durch Truppen überfallen und ausgeplündert, die das Dillenburger Schloss belagerten. Niederscheld war 1629–1630 von Hexenverfolgung betroffen. Drei Frauen gerieten in Hexenprozesse und wurden hingerichtet.[5]
Im Jahre 1756 ereignete sich ein großer Dorfbrand. 1806 kam Niederscheld zum Großherzogtum Berg und gehörte dort dem Département Sieg an, womit der Ort zeitweise französisch wurde. Die Gebrüder Frank kauften 1839 den Schelder Hammer und benannten ihn in Adolfshütte um. Mit der Errichtung der Dillstrecke (1862) und der Scheldetalbahn (1882) stieg die Eisenverhüttung in der Adolfshütte an.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Niederscheld mit seinen umfangreichen Bahn- und Industrieanlagen mehrfach bombardiert. Bei einem Fliegerangriff am 25. Februar 1945 wurde das Dorf größtenteils zerstört. Bei Kriegsende lebten nur noch 80 Einwohner in Niederscheld.
Bundesweit in den Medien bekannt wurde Niederscheld durch das Scheldehochwasser 2006, welches den Ort stark getroffen hatte.
Am 28. Juni 2019 wurde eine unexplodierte 250-kg-Fliegerbombe oberhalb des Industrieparks Adolfshütte gefunden. Zu deren Entschärfung mussten etwa 5700 Menschen evakuiert werden: Niederscheld mit rund 2000 Einwohnern sowie etwa 3700 Bürger im Süden der Kernstadt.[6]
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Niederscheld zugleich mit anderen Gemeinden am 1. Januar 1977 durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen in die Stadt Dillenburg eingemeindet.[7] Für den Stadtteil Niederscheld wurde, wie für die anderen nach Dillenburg eingemeindeten ehemals eigenständigen Gemeinden, ein Ortsbezirk gebildet.[8]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Niederscheld angehört(e):[1][9]
ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis, Stadt Dillenburg[Anm. 9]
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Lahn-Dill-Kreis, Stadt Dillenburg
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederscheld 1992 Einwohner. Darunter waren 150 (7,85 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 354 Einwohner unter 18 Jahren, 798 zwischen 18 und 49, 390 zwischen 50 und 64 und 450 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 879 Haushalten. Davon waren 282 Singlehaushalte, 252 Paare ohne Kinder und 246 Paare mit Kindern, sowie 75 Alleinerziehende und 24 Wohngemeinschaften. In 234 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 561 Haushaltungen lebten keine Senioren.[10]
Einwohnerentwicklung
Niederscheld: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2021
Jahr
Einwohner
1834
622
1840
663
1846
708
1852
796
1858
837
1864
955
1871
1.031
1875
1.036
1885
1.110
1895
1.190
1905
1.507
1910
1.640
1925
1.595
1939
1.726
1946
1.676
1950
2.067
1956
2.096
1961
2.195
1967
2.356
1970
2.559
1980
?
1990
?
1999
2.237
2005
2.149
2009
2.036
2011
1.992
2014
1.989
2018
1.962
2021
1.970
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; nach 1970 Stadt Dillenburg[2]; Zensus 2011[10]
Blasonierung: „In Blau drei goldene Rauten schräg, darüber ein schräggestellter goldener Hammer.“[13]
Wappenbegründung: Zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts taucht zum ersten Male der Name der Familie „von Schelt“ auf, die wie viele andere nassauische Geschlechter drei in Balkenform schräg gestellte Rauten im Wappen führten. Mit der Führung des Wappens derer von Schelt wird die Erinnerung an diese Sippe wachgehalten. Für das bis jetzt unerklärliche Beizeichen wurde für Niederscheld ein Hammer eingesetzt, der auf das einmal hier blühende Gewerbe der Nagelschmiede hinweist.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Regelmäßige Veranstaltungen
Alle zwei Jahre findet in Niederscheld traditionsgemäß die Schelder Kirmes statt. Sie umfasst drei Festumzüge und ist eines der wichtigsten Ereignisse im Kalender eines jeden Niederschelders. Die Kirmes wird erstmals 1488 erwähnt.
Vereine
LSG 1959 Niederscheld
Schon in den 20er und 30er Jahren stand das Laienspiel in Niederscheld auf einem hohen Niveau. Es existierten drei Gesangvereine, in denen mehrere Mitglieder nicht nur den Gesang, sondern auch das Laienspiel liebten. So plätscherte das Wässerchen des Laienspiels dahin, bis sich einige Niederschelder am 27. Mai 1959 ein Herz nahmen und die "Laienspielgruppe 1959 Niederscheld" gründeten.
Bekannte Gebäude in Niederscheld sind u. a. das Gleichenhäuschen und das Neuhaus, ein im Juli 1640 fertiggestelltes Jagdhaus des Grafen Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Am westlichen Ortsrand verläuft die vierspurige Bundesstraße 277 mit einer Anschlussstelle. Dort mündet die L 3042, die im Ort als Hauptstraße geführt wird und nach Oberscheld führt. Im Osten zweigt die K 52 in Richtung Eibach ab.
Niederscheld besitzt einen Haltepunkt an der Dillstrecke und wird vom Mittelhessen-Express bedient. Nahe dem Ort zweigte früher die Scheldetalbahn nach Wallau ab. Im Ort existierte der Bahnhof Adolfshütte sowie der Haltepunkt Niederscheld (Dillkr) Nord. Der Personenverkehr wurde am 30. Mai 1987 eingestellt.
↑Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Niederscheld, Dillkreis, Regierungsbezirk Wiesbaden vom 6. Juli 1967. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1967 Nr.30, S.896, Punkt 744 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,6MB]).