Dieser Artikel erläutert Phonologie, zu Optik siehe Retroreflektor.
Ein Retroflex (lateinischretrō „zurück“ u. flectere „biegen“) ist ein apiko-postalveolarer oder sublamino-präpalataler Sprachlaut, das heißt, bei seiner Bildung wird die Zungenspitze oder das Zungenblatt hinter den Zahndamm gelegt. Die Zunge biegt sich nach oben zurück. Eine andere, vor allem in der Indologie gebräuchliche Bezeichnung für Retroflex ist Zerebral (v. lat. cerebrum „Gehirn, Schädel“).[1][2][3] In der älteren Literatur, besonders in der nordischen Linguistik, findet man hierfür auch die Bezeichnung kakuminal oder domal.
Der Kontrast zwischen dentalen und retroflexen Plosiven und Nasalen ist für die im indischen Raum gesprochenen Sprachen charakteristisch, und zwar unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sprachfamilie. Retroflexe kommen sowohl in indoarischen, dravidischen als in manchen östlichen iranischen Sprachen (z. B. Paschtu) vor. Indische Sprecher substituieren oft die alveolaren Laute des Englischen oder Deutschen, die in ihrer Muttersprache nicht vorkommen, durch Retroflexe, was einer der Gründe für den markanten Klang des indischen Englisch ist.
In Teilen der schwedischen und norwegischen Sprachgebieten verschmelzen manche Konsonanten mit vorangehendem „r“ zu einem Retroflex. Auch das englische „r“ kann, besonders in den USA, retroflex ausgesprochen werden. Das sardische „dd(h)“ ist ein retroflexes [ɖɖ].
Literatur
John Clark, Collin Yallop, Janet Fletcher: An Introduction to Phonetics and Phonology. 3rd Edition. Blackwell Textbooks in Linguistics, Wiley-Blackwell, 2006.
T. Alan Hall: Phonologie: Eine Einführung. De Gruyter Studienbuch, de Gruyter, Berlin / New York 2000, ISBN 3-11-015641-5.