Seine musikalische Laufbahn begann Sakamoto als Jazz-Pianist. Bereits während seiner Schulzeit spielte er in diversen Jazzbands und studierte schließlich an der Tokyo National University of Fine Arts and Music mit den Schwerpunkten elektronische und ethnische Musik. In diesen Fächern wurde er auch graduiert. 1975 war er an Keizo Inoues Album Intimate beteiligt. Seine eigentliche Karriere begann in den späten 1970er-Jahren, namentlich mit seinem ersten Soloalbum 1000 Knives (1978), das eine Mischung aus Elektropop, Fusion Jazz, experimenteller Musik und Reggae enthielt. Ungefähr zur selben Zeit gründete er als Bandleader zusammen mit Haruomi Hosono und Yukihiro Takahashi die einflussreiche japanische Elektropop-Band Yellow Magic Orchestra, die in Asien ungefähr den Stellenwert von Kraftwerk in Europa hat. Mit dem Stück Computer Game hatte die Band im Jahr 1979 einen Top-20-Erfolg in den britischen Charts.
Im Laufe seiner Karriere arbeitete Sakamoto mit vielen anderen bedeutenden Künstlern wie Towa Tei (ex-Deee-Lite), Iggy Pop und David Sylvian (dessen Alben Brilliant Trees und Secrets of the Beehive er unter anderem produzierte) sowie David Byrne, mit dem er den Soundtrack zum Film Der letzte Kaiser aus dem Jahr 1987 aufnahm (die asiatisch anmutenden Titel stammen von Byrne, während die „europäisch-klassisch“ anmutenden Stücke von Sakamoto sind). Für diesen Soundtrack erhielt Sakamoto 1988 gemeinsam mit Byrne einen Oscar. Außerdem komponierte er die Filmmusik zum Film Furyo – Merry Christmas, Mr. Lawrence (1983), in dem er an der Seite von David Bowie auch eine Hauptrolle spielte. Das von David Sylvian gesungene Titelstück Forbidden Colours wurde ein Hit, während der Soundtrack selbst in Großbritannien mit Silber ausgezeichnet wurde. Der Soundtrack für den Film Himmel über der Wüste, den Sakamoto gemeinsam mit Richard Horowitz geschrieben hatte, wurde bei den Golden Globe Awards 1991 als Beste Filmmusik ausgezeichnet. Im Jahr 1993 trat er im Musikvideo zu Madonnas Single Rain auf.
Ende Juni 2014 wurde bei ihm Kehlkopfkrebs diagnostiziert, woraufhin er alle aktuellen Projekte abbrechen musste.[1] 2015 vermeldete er, in guter Verfassung zu sein und darüber nachzudenken, seine Arbeit wieder aufzunehmen.[2] Gemeinsam mit alva noto komponierte er den Soundtrack zum FilmThe Revenant – Der Rückkehrer, der im Dezember 2015 mit zusätzlicher Musik von Bryce Dessner veröffentlicht wurde.
Der Regisseur Stephen Nomura Schible hat Sakamoto fünf Jahre lang mit der Kamera begleitet und das Filmportrait Ryuichi Sakamoto: Coda über dessen Suche nach neuen musikalischen Impulsen produziert.[3][4]
2023 veröffentlichte er das Album 12 mit Kompositionen und musikalischen Skizzen aus den Jahren 2021–2022,[5] die seinen Gesundheitszustand in dieser Zeitspanne beschreiben. Sakamoto erlag am 28. März 2023 im Alter von 71 Jahren seinem Krebsleiden, was seine Familie am 2. April 2023 über den offiziellen Twitter-Account von Sakamoto bekanntmachte.[6][7]
Gesellschaftliches Engagement
Sakamoto war einer der prominenten Unterstützer der Kampagne Sayōnara Genpatsu Senmannin Akushon („Tschüss Atomkraft – 10.000.000-Menschen-Aktion“), die nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima zu Demonstrationen und einer Unterschriftensammlung für einen Atomausstieg Japans aufrief.[8]
Bereits im Juli 2011 beteiligte Sakamoto sich am Essayband Datsugenpatsu-shakai wo tsukuru 30nin no teigen („Dreißig Argumentationen für eine atomfreie Gesellschaft“), der von einigen japanischen Schriftstellern, darunter Ikezawa Natsuki, herausgegeben wurde.[9] Darin kritisiert Sakamoto die Verstrickung staatlicher und politischer Stellen mit Medien- und Wissenschaftsbetrieben, was er mit dem Begriff des den-kan-sei-gaku-hô-„Pentagon“ (電官政学報の「ペンタゴン」) bezeichnete.[10]
Im Jahr 2012 veranstaltete Sakamoto ein Benefizkonzert für die Opfer der Dreifach-Katastrophe, dessen Einnahmen an die „Tschüss-Atomkraft“-Kampagne gingen. Bei dem auch im Fernsehen und in seiner eigenen Radioshow übertragenen Konzert traten neben japanischen Künstlern wie Asian Kung-Fu Generation auch die deutsche Band Kraftwerk auf. Japanische Künstler, die die Nutzung von Atomkraft und die staatliche Energiepolitik kritisch sehen, vermeiden es vielfach, ihre Einstellung öffentlich zum Ausdruck zu bringen, sei es aus Befürchtung vor Repressionen oder Imageverlust (wie es der Schauspieler und Anti-Atomkraftaktivist Yamamoto Tarō berichtete) oder aus anderen persönlichen Gründen.[11][12] In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass Sakamoto durch seine seit Jahrzehnten etablierte Position als internationaler Musikstar und seinen doppelten Wohnsitz in New York und Japan über einen größeren ideellen und monetären Spielraum für großformatige öffentliche Anti-Atomkraft-Aktionen verfügte.[9][13]
Im August 2015 beteiligte sich Sakamoto zudem an Protesten gegen die Einführung eines neuen Sicherheitsgesetzes zur kollektiven Selbstverteidigung Japans durch Premierminister Shinzō Abe,[14] das von Beginn an als verfassungsverletzend kritisiert wurde, seit 2016 aber implementiert ist. Sakamoto unterstützte mit seiner Rede auf der Demonstration die studentische Initiative „Students Emergency Action for Liberal Democracy“ (SEALDs) und deren Gründer Okuda Aki.[15]
2024: "Ryuichi Sakamoto | Opus" (produziert 2023, posthum veröffentlicht) 20 kuratierte Stücke, von ihm selbst im Studio eingespielt und filmisch dokumentiert.
↑siteSakamoto. In: www.sitesakamoto.com. Abgerufen am 5. Oktober 2016.
↑Neu im Kino: „Ryuichi Sakamoto: Coda“ – Ein legendärer Komponist im Porträt. In: Deutschlandfunk Kultur. (deutschlandfunkkultur.de [abgerufen am 14. Juli 2018]).
↑Film über Ryuichi Sakamoto – Porträt eines bescheidenen Giganten. In: Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de [abgerufen am 14. Juli 2018]).