Die Schlangen Japans umfassen Stand 2022 insgesamt 45 Arten. Aufgrund der Geographie des japanischen Archipels sind davon mit 22 Arten etwa die Hälfte sowie einige Unterarten endemisch, d. h. ausschließlich dort verbreitet. Für diese Zählung der endemischen Arten wurden vier Arten eingeschlossen, die auch auf der von Japan und Russland beanspruchten Insel Kunaschir vorkommen, die nördlich Hokkaidōs im äußersten Süden der Kurilen liegt. Diese umfassen die Insel-Kletternatter, Japanische Vierstreifennatter, Japanische Waldnatter und Lycodon orientalis. Die meisten Schlangenarten leben jedoch auf den Nansei-Inseln im äußersten Süden Japans. Auf den japanischen Hauptinseln (Honshū, Kyūshū, Shikoku und Hokkaidō) sind dagegen nur acht Schlangenarten verbreitet: die Insel-Kletternatter, Japanische Vierstreifennatter, Japanische Waldnatter, Hebius vibakari, Lycodon orientalis, Achalinus spinalis, sowie die giftige Tigernatter und Mamushi. Von diesen acht kommen die drei Arten Hebius vibakari, Achalinus spinalis und die Tigernatter jedoch nicht auf der nördlichsten Hauptinsel Hokkaidō vor.
Die einzige als vom Aussterben bedroht eingestufte Schlange ist Opisthotropis kikuzatoi. Diese einzige Süßwasserschlangenart Japans lebt lediglich in den Bächen auf Kume-jima, einer Insel der Okinawa-Gruppe. Weitere national als bedroht eingestufte Arten finden sich auf der Roten Liste gefährdeter Reptilien Japans.
Zu den giftigen Arten gehören einige Giftnattern und Vipern. Die giftigste Schlange Japans ist der in Korallenriffen im Süden Japans lebende Halbgebänderte Plattschwanz und auch andere giftige Seeschlangen sind dort anzutreffen. Jedoch sind Bissunfälle an Land durch die im Japanischen „Habu“ genannten Vipernarten aus den Gattungen Protobothrops und Ovophis deutlich häufiger. Allein in der Präfektur Okinawa sind zwischen 1964 und 2019 insgesamt 53 von 9176 Menschen (0,58 %) durch Schlangenbisse der Habu-Schlange (Protobothrops flavoviridis) ums Leben gekommen, jedoch nahmen die Bissunfälle seit den 1960er Jahren stark ab, sodass der letzte Todesfall sich dort im Jahr 1999 ereignete. Bei der Sakishima-Habu (Protobothrops elegans) ist die Zahl mit einem Todesfall im Jahr 1979 bei 2618 registrierten Bissen (0,04 %) im gesamten Verbreitungsgebiet deutlich geringer, da sie weniger giftig ist und beim Biss oft erst gar kein Gift injiziert wird.[1] Eine weitere bekannte Giftschlangenart ist die Mamushi, die im Gegensatz zu den Habu auch auf den japanischen Hauptinseln vorkommt.
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In der Präfektur Okinawa offiziell registrierte Giftschlangenbisse pro Jahr mit Summe aller Todesfälle in Klammern – die Habuschlange und die Okinawa-Habuschlange kommen jedoch auch auf den zur Präfektur Kagoshima gehörenden Amami-Inseln vor, wohingegen das gesamte Verbreitungsgebiet der Sakishima-Habu abgedeckt ist. Für weitere Schlangenarten wurden insgesamt 34 Schlangenbisse und keine Todesfälle registriert.[1]
Schlangen in der japanischen Kultur
Nutzung als Lebensmittel
Wie in vielen anderen asiatischen Ländern werden auch in Japan Schlangen teilweise zum Essen oder zur Herstellung von Schlangenschnaps gefangen. Gegessen werden dabei auch giftige Arten, darunter oft Seeschlangen, die als Beifang in Schleppnetze geraten und meist aus anderen asiatischen Ländern importiert werden.[2] In Japan werden zur Herstellung von Habushu-Schlangenschnaps die auf den Ryūkyū-Inseln endemischen Habuschlangen verwendet und in Awamori-Likör eingelegt.[3] Auch andere Grubenotternarten wie die Mamushi werden verwendet.[4] Das Gift der zur Giftabgabe ertränkten Viper wird durch den enthaltenen Alkohol denaturiert. Aus tierschutzrechtlichen Gründen ist die Ausfuhr in viele Länder verboten.[3]
Nutzung als Leder
Die Haut von Schlangen wird teilweise ebenfalls verwendet, beispielsweise für die Bespannung von Resonanzkörpern der Sanshin, eines traditionellen Musikinstruments, verbreitet in Okinawa und den Amami-Inseln. Sie basiert auf der chinesischen dreisaitigen Laute sanxian, die im 13. Jahrhundert entwickelt wurde und Ende des 16. Jahrhunderts von China aus ins Königreich Ryūkyū kam. Dort wurde sie sanshin (三線 ‚drei Drähte‘) bzw. jabisen (蛇皮線 ‚Schlangenhaut-Saiten/Drähte‘) genannt und war auch ein Symbol für Reichtum.[5] Später kam das Instrument als shamisen (三味線 ‚drei geschmackvolle Drähte/Saiten‘) auf die japanischen Hauptinseln, wo die Schlangenhaut durch Katzen- und Hundehaut ersetzt wurde.[6][7]
Religion und Volksglaube
Im Shintōismus teilen Schlangen viele mythologische Merkmale mit Drachen, die wie in der chinesischen Mythologie mit Wasser in Verbindung gebracht werden und als wohlwollend, gerecht und weise gelten. Schlangen werden als Boten der Drachen in der Welt der Menschen verstanden. Dank ihrer Fähigkeit, ihre Haut ständig abzuwerfen und wiedergeboren zu werden, sind sie in der japanischen Mythologie als Gestaltwandler bekannt. Danach können sie Tausende von Jahren alt werden und zwischen der Unterwelt, dem Himmel und der menschlichen Welt wandeln. Von Shintō-Anhängern wird die Begegnung mit einer lebenden Schlange als äußerst glückliches Omen angesehen, während die Begegnung mit einer toten Schlange als Zeichen kommenden Unglücks gilt.[8][9]
In der Stadt Iwakuni gibt es seit der Edo-Zeit durch Albinismus eine Population von weißen Schlangen der Insel-Kletternattern bzw. Japanischen Kletternattern. Die ungefährliche, rattenfressende weiße Schlange wurde von den Menschen wegen ihres schönen und mysteriösen Aussehens als „Glücksbringende Schutzgottheit des Hauses“ und „Botschafter der Götter“ geschützt. Es wird vermutet, dass ihre Population dadurch zunahm.[10]
Im japanischen Volksglauben spielen Yōkai eine Rolle. Diese sind Figuren und Kreaturen, die mit Dämonen vergleichbar sind. Darunter finden sich auch einige schlangenartige Kreaturen und Mischwesen, beispielsweise:[11]
Genbu bzw. „Schwarze Schildkröte“: halb Schildkröte, halb Schlange[12]
Nomori: eine drei Meter lange Schlangenkreatur mit sechs Beinen, die in Bergwäldern lebt[13]
Nue: Mischwesen mit dem Kopf eines Affen, dem Körper eines Tanuki, den Beinen eines Tigers und einer Schlange als Schwanz[14]
Nure-onna: Seeschlangenartiger Yōkai mit dem Oberkörper und Kopf einer Frau
Uwabami: eine riesige Schlange, die Unmengen Fleisch, darunter auch Menschen, und Alkohol frisst[16]
Genbu
Nue
Nure-onna
Tsuchinoko
Liste der Schlangenarten Japans
In Japan finden sich nach der Reptile Database Stand 2023 insgesamt 45 Schlangenarten, die im Folgenden nach Schlangenfamilie und innerhalb dieser alphabetisch nach Taxon sortiert aufgelistet sind:[17]
Gattung: Name und Taxon der Gattung, z. B. „Kletternattern (Elaphe)“
Name (Taxon) Jap. Name (Lesung)
Trivialname, falls vorhanden, und Taxon der Art
Japanischer Name in der für Artnamen üblichen Katakana-Schreibweise sowie die zugehörige Lesung in Klammern
Beispielbild: Ein Beispielbild der Art – abweichende Morphen können existieren
Verbreitungsgebiet: Angabe, ob in Japan (nicht) endemisch, sowie Auflistung der Verbreitungsgebiete bzw. Karte
nicht endemisch: Die Nominatform ist in Taiwan, in China sowie auf der nördlichen indochinesischen Halbinsel und auf den japanischen Senkaku-Inseln verbreitet. Die Unterart E. c. yonaguniensis ist auf Yonaguni verbreitet.
2 Unterarten:
E. c. carinata (jap. シュウダ, Shūda)
E. c. yonaguniensis (jap. ヨナグニシュウダ, Yonaguni-Shūda)
nicht endemisch: Ostchina, Südosten Russlands, Nordkorea und Taiwan; in Japan kommt sie lediglich auf den südlichsten Ryūkyū-Inseln und auf Tsushima vor
2 Unterarten:
L. r. rufozonatus (jap. アカマダラ, Aka-Madara)
L. r. walli (jap. サキシママダラ, Sakishima-Madara); endemisch auf den Miyako-Inseln
nicht endemisch: Nordost-China, Japan (Kyūshū, Shikoku, Honshū und der zu Danjo-guntō gehörenden Insel Oshima), koreanische Halbinsel und Teile Russlands
3 Unterarten, darunter auf den Danjo-Inseln endemisch:
Richard C. Goris, Norio Maeda: Guide to the Amphibians and Reptiles of Japan, Krieger Publishing Company, 2004, ISBN 1575240858 (S. 201–273)
Kiyoshi Sasaki, Yoshinori Sasaki, Stanley F. Fox: Endangered traditional beliefs in Japan: influences on snake conservation. Herpetological Conservation and Biology 5(3):474–485. October 2009. Online
Hideo Yasunaga, Hiromasa Horiguchi, Kazuaki Kuwabara, Hideki Hashimoto, and Shinya Matsuda: Short Report: Venomous Snake Bites in Japan. Am. J. Trop. Med. Hyg., 84(1), 2011, pp. 135–136. doi:10.4269/ajtmh.2011.10-0403
↑Lycodonrufozonatus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2017. Eingestellt von: Li, P., Zhou, Z., Guo, P., Jiang, J., Ji, X., Borkin, L., Milto, K., Golynsky, E., Rustamov, A, Munkhbayar, K., Nuridjanov, D., Kidera, N. & Ota, H., 2016. Abgerufen am 22. Oktober 2021..
↑Rhabdophistigrinus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2021. Eingestellt von: Borkin, L., Orlov, N.L., Milto, K., Golynsky, E., Ota, H., Kidera, N., Nguyen, T.Q. & Borzee, A., 2016. Abgerufen am 24. November 2021.
↑
Sasai, Takahide; Takumi Yamamoto, Shin-ichiro Oka, Mamoru Toda 2021. Addition of the Sea Snake, Hydrophis stokesii (Reptilia: Squamata: Elapidae), to the Herpetofauna of Japan. Current Herpetology 40 (2), 190–196, (25 August 2021) online
↑Hydrophisplaturus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2017. Eingestellt von: Guinea, M., Lukoschek, V., Cogger, H., Rasmussen, A., Murphy, J., Lane, A., Sanders, K. Lobo, A., Gatus, J., Limpus, C., Milton, D., Courtney, T., Read, M., Fletcher, E., Marsh, D., White, M.-D., Heatwole, H., Alcala, A., Voris, H. & Karns, D., 2009. Abgerufen am 25. November 2021.