Theodor Schwann war der Sohn des Goldschmieds und Verlegers Leonard Schwann (1778–1867) und seiner Frau Elisabeth geb. Rottels. Nach der Elementarschule besuchte Theodor Schwann das Progymnasium in Neuss, dann das Marzellengymnasium in Köln, wo er 1829 das Abitur erhielt.[2]
An der Universität Berlin studierte Schwann Medizin unter Johannes Peter Müller, der viele deutsche Physiologen des 19. Jahrhunderts unterrichtete. Sein Medizinstudium begann er 1829 in Bonn, später wechselte er über Würzburg nach Berlin. Während seiner Zeit in Würzburg (circa 1830) war er Mitglied der Studentenverbindung Amicitia, die heute wieder Burschenschaft Germania heißt. In Berlin wurde er 1834 mit De necessitate aeris atmosphaerici ad evolutionem pulli im ovo incubito promoviert. 1836, während er an der Universität von Berlin war, entdeckte er das Pepsin in den Extrakten von Magenfutter, ein Enzym verantwortlich für die Verdauung. Pepsin war das erste Enzym, das aus tierischem Gewebe isoliert wurde. 1837 zeigte Schwann, dass etwas in der Luft, das durch Hitze zerstört wird, Zerfall verursacht, wobei die Luft selbst aber nicht zerfällt. Außerdem wies er unabhängig von Friedrich Traugott Kützing und Charles Cagniard de la Tour nach, dass Mikroorganismen, Hefen, für die alkoholische Gärung verantwortlich sind.[3]
Schwann wurde 1838 Professor für Anatomie an der Katholischen Universität Löwen und 1848 für Physiologie, allgemeine Anatomie und Embryologie an der Universität Lüttich. Dort fand er heraus, dass die Gärung von Zucker und Stärke das Resultat der Lebensprozesse waren. Er erforschte auch die Muskelkontraktion und Nervenstruktur. Dabei entdeckte er den gestreiften Muskel des oberen Ösophagus, die Kerne der glatten und quergestreiften Muskelfasern und die Myelinhülle von Zusatzaxonen, Schwann-Zellen genannt. Schwann prägte die Bezeichnung „Metabolismus“, um die chemischen Umwandlungen zu beschreiben, die in lebendem Gewebe stattfinden und formulierte die Grundprinzipien der Embryologie, indem er beobachtete, dass ein Ei eine Einzelzelle ist, die sich schließlich zu einem vollständigen Organismus entwickelt.
Schwann entwickelte im Jahr 1839 zusammen mit Matthias Schleiden die Zelltheorie, welche die Zellen als die grundlegenden Einheiten („Elementartheile“) der Pflanzen und der Tiere kennzeichnet. Schwann und Schleiden erkannten, dass einige Organismen einzellig sind, während andere mehrzellig sind. Sie erkannten auch, dass Zellkerne zu den allgemeinen Zelleigenschaften gehören und beschrieben sie durch Vergleich der verschiedenen Tier- und Pflanzengewebe. Diese Beobachtungen und die Zellentheorie wurden in Schwanns Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen zusammengefasst und 1839 in Berlin veröffentlicht.
Schwann regte durch seine Zellentheorie die Forschung in diesem Bereich weiter an. Er gilt heute als Begründer der modernen Gewebelehre. Theodor Schwann starb im Alter von 71 Jahren. Beerdigt wurde er im Familiengrab auf dem Kölner Friedhof Melaten (MA, zwischen Lit.H+HWG).
In Neuss gab es ein Theodor-Schwann-Gymnasium, das allerdings 1993 aufgelöst und mit dem Marie-Curie-Gymnasium der Stadt Neuss fusioniert wurde. In den Gebäuden des alten Theodor-Schwann-Gymnasiums fand die erste Gesamtschule der Stadt Neuss, die Janusz-Korczak-Gesamtschule, ihre Bleibe. Heute gibt es noch eine große Sitzstatue in der Neusser Innenstadt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet wurde und an den Sohn der Stadt erinnert. Sein Geburtshaus ist erhalten und eine Straße in Neuss wurde nach ihm benannt. Seit Februar 2008 trägt das Weiterbildungskolleg der Stadt Neuss den Namen des Forschers, es heißt heute Theodor-Schwann-Kolleg.[8]
Seit Oktober 2011 gibt es in Göttingen das Schwann-Schleiden-Forschungszentrum für Molekulare Zellbiologie.[9] Die Deutsche Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN) vergibt seit 2003 einen Theodor-Schwann-Preis für herausragende Beiträge zu ihren Jahreskongressen.[10]
1910 wurde eine Straße in Köln-Riehl nach ihm benannt.[11] In Düsseldorf wurde die Schwannstraße im Stadtteil Golzheim nach Theodor Schwann benannt.
Literatur
Theodor Schwann: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Sander, Berlin 1839. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
Reinhard Hildebrand: Rudolf Albert Koelliker und seine wissenschaftlichen Kontakte zum Ausland. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 2, 1984, S. 101–115; hier: S. 108.
↑H.-E. Ehrlich, H. Martin, Schwannomas (Neurilemmomas) in the head and neck. Surg. Gynec. Obstet., 76. 577-583, 1943.
↑Claudia Chehab: Zum 125. Todestag des Naturforschers Theodor Schwann. Vortrag vom 11. Januar 2007 (online)
↑Theodor Schwann (1837): Vorläufige Mitteilung, betreffend Versuche über die Weingährung und Fäulnis. In: Annalen der Physik und Chemie. Bd. 41, S. 184–193
↑Académicien décédé: Theodor Schwann. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 9. Februar 2024 (französisch).
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 220.
↑Weiterbildungskolleg heißt nun Theodor-Schwann-Kolleg. Pressemitteilung der Stadt Neuss, 7. Februar 2008 (online)
↑Neuro- und Pflanzenbiologie der Universität Göttingen beziehen neues Gebäude auf dem Nordcampus Pressemitteilung der Georg-August-Universität Göttingen, 13. Oktober 2011 ([1])