Durchflossen bzw. tangiert wird Volkmarsen vom Diemel-Zufluss Twiste im Westen, in die südwestlich der Kernstadt die Watter und nördlich die Wande und die östlich verlaufende Erpe münden. Neun Bäche durchziehen die Gemarkung der Gemeinde, ehe ihr Wasser über die Twiste in die Diemel geführt wird. Ein von der Twiste abgeleiteter Kanal als zusätzlicher Schutz vor den Stadtmauern ist noch heute im Westbereich der Altstadt als „Mühlengraben“ zu sehen.
Volkmarsen wurde im Jahre 1155 erstmals urkundlich in einer CorveyerZehntliste erwähnt. In einem Schutzbrief von Papst Gregor IX. wurde Volkmarsen 1233 erstmals als Stadt bezeichnet.
1304 verpfändete das Kloster Corvey eine Hälfte der Stadt und der Kugelsburg an den Erzbischof von Köln; die zweite Hälfte erwarb dessen Nachfolger im Jahr 1440.
1476 wurden für einen Feldzug des hessischen Landgrafen gegen die Stadt Volkmarsen Ausrüstung und Soldaten in Registern aufgestellt, darunter aus dem Gericht auf dem "Fogelsberg".[2]
Ab 1507 gehörten die Stadt und die Burg zum Herzogtum Westfalen, nachdem das Kloster Corvey auf seine Rechte auf Rückerwerb verzichtet hatte.
1802 okkupierte Hessen-Darmstadt das Herzogtum Westfalen. Dabei kam es fast zum bewaffneten Konflikt, als sich Truppen von Hessen-Darmstadt und von Hessen-Kassel um den Besitz der Stadt stritten. Gleichzeitig erhob Erbprinz Wilhelm von Nassau-Oranien als neu eingesetzter Fürst von Nassau-Oranien-Fulda Ansprüche auf die Stadt. Zunächst konnte sich Hessen-Darmstadt durchsetzen, bis 1806 Erbprinz Wilhelm die Stadt erhielt, die aber schon ein Jahr später zum napoleonischen Königreich Westphalen kam und zum Sitz des Kantons Volkmarsen wurde.
Nach dem Wiener Kongress 1814 erhielt Preußen die Stadt, trat diese aber 1817 an Kurhessen ab. 1866 wurde der Ort erneut preußisch, als Kurhessen von Preußen annektiert wurde.
Als die im Fürstentum Waldeck mit der preußischen Justizreform von 1848/1849 in jedem Landkreis gebildeten Kreisgerichte im Jahre 1869 mit Umsetzung des im Oktober 1867 mit Preußen abgeschlossenen Akzessionsvertrages in Amtsgerichte umgewandelt wurden, erhielt Volkmarsen ein eigenes königlich-preußisches Amtsgericht als Außenstelle des damaligen Amtsgerichts Arolsen. Im Jahr 1940 wurde diese Volkmarser Gerichtsbarkeit wieder vollständig zurück auf das Amtsgericht in Arolsen übertragen.
Das noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Gerichtsstraße/Ecke Erpeweg (Nähe des heutigen Kreisels am Gleisdreieck) erbaute repräsentative Gerichtsgebäude im Baustil der Neorenaissance mit mehreren Volutengiebeln (vergleichbar dem Amtsgericht Eschwege) stand ab Beginn der 1970er Jahre über mehrere Jahre leer und verfiel zusehends.[3] Nach kontrovers geführten Diskussionen erfolgte 1978, gegen den Willen der Denkmalschutzbehörde, der Totalabriss zugunsten des seitdem dort befindlichen Supermarktes.
Am 1. Februar 1971 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Ehringen, die ebenfalls dem Landkreis Wolfhagen angehörte, auf freiwilliger Basis eingemeindet.[5] Am 1. August 1972 kamen Herbsen, Hörle, Külte und Lütersheim (alle im Landkreis Waldeck) kraft Landesgesetz hinzu.[4][6] Für alle nach Volkmarsen eingegliederten Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[7]
Beim Rosenmontagszug kam es am 24. Februar 2020 zu einer Amokfahrt,[8] bei der ein Autofahrer vorsätzlich in eine Gruppe feiernder Karnevalisten fuhr. 154 Personen wurden verletzt, darunter mindestens 20 Kinder.[9] Der Autofahrer sowie eine weitere Person, die Filmaufnahmen des Geschehens angefertigt hat, wurden festgenommen. Die hessische Generalstaatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen.[10] Der Täter schwieg zu den Motiven seiner Tat.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Volkmarsen 6779 Einwohner. Darunter waren 175 (2,6 %) Ausländer, von denen 100 aus dem EU-Ausland, 33 aus anderen Europäischen Ländern und 38 aus anderen Staaten kamen.[11] (Bis zum Jahr 2019 erhöhte sich die Ausländerquote auf 9,1 %.[12]) Nach dem Lebensalter waren 1308 Einwohner unter 18 Jahren, 2712 zwischen 18 und 49, 1398 zwischen 50 und 64 und 1359 Einwohner waren älter.[13] Die Einwohner lebten in 2874 Haushalten. Davon waren 789 Singlehaushalte, 762 Paare ohne Kinder und 989 Paare mit Kindern, sowie 297 Alleinerziehende und 57 Wohngemeinschaften. In 564 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 1890 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[13]
Einwohnerentwicklung
Volkmarsen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr
Einwohner
1834
2.830
1840
2.818
1846
2.922
1852
2.906
1858
2.717
1864
2.730
1871
2.468
1875
2.316
1885
2.246
1895
2.491
1905
2.220
1910
2.214
1925
2.230
1939
2.696
1946
4.001
1950
4.306
1956
4.010
1961
3.829
1967
3.996
1975
6.718
1980
6.525
1985
6.269
1990
6.659
1995
7.029
2000
7.037
2005
6.970
2010
6.808
2011
6.779
2015
6.867
2020
6.704
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: bis 1970[14]; Hessisches Statistisches Informationssystem[12]; Stadt Volkmarsen[15]; Zensus 2011[11] Die Zahlen nach 1970 enthalten die im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte.
Religionen
Aufgrund der Zugehörigkeit der Kernstadt zum Herzogtum Westfalen während und nach der Reformation blieb die katholische Konfession dort vorherrschend, während die umliegenden Dörfer zur 1526 protestantisch gewordenen Landgrafschaft Hessen gehört hatten:
Die katholische Kirchengemeinde Volkmarsen ist seit 1821 dem Bistum Fulda zugeordnet.
Aufgrund der Eingemeindungen von umliegenden Orten, wie z. B. Herbsen, deren Einwohner bis zu 90 % der evangelischen Konfession angehörten, stieg die Zahl der Protestanten in der Gesamtgemeinde auf den derzeitigen Anteil.
Die evangelische Kirchgemeinde konnte Mitte des 19. Jahrhunderts ihre eigene Kirche errichten. Im August 2010 erhielt sie neue Bronzeglocken, deren Tonfolge b-des-es auf das Geläut der katholischen St.-Marien-Kirche abgestimmt ist. Die evangelische Kirchgemeinde gehört seit 2008 dem Kirchenkreis Twiste-Eisenberg an.
Eine von Hobbyarchäologen entdeckte Schachtmikwe in einem Fachwerkgebäude im Steinweg belegt bereits für das ausgehende Mittelalter eine jüdische Gemeinde in Volkmarsen. Das Ritualbad konnte dendrochronologisch in das frühe 16. Jahrhundert datiert werden. Architektonische Elemente ordnen die Mikwe jedoch einem mittelalterlichen Bautyp zu.[17]
Nach der hessischen Kommunalverfassung wird der Bürgermeister für eine sechsjährige Amtszeit gewählt, seit dem Jahr 1993 in einer Direktwahl, und ist Vorsitzender des Magistrats, dem in der Stadt Volkmarsen neben dem Bürgermeister ehrenamtlich ein Erster Stadtrat und sieben weitere Stadträte angehören.[23] Bürgermeister ist seit dem 1. September 2022 der parteiunabhängige Hendrik Vahle, der bis dahin Kämmereileiter und büroleitender Beamter der Stadtverwaltung war.[24] Er wurde als Nachfolger von Hartmut Linnekugel, der nach vier Amtszeiten nicht mehr kandidiert hatte und in den Ruhestand verabschiedet wurde,[25] am 6. März 2022 im ersten Wahlgang bei 41,45 Prozent Wahlbeteiligung mit 82,93 Prozent der Stimmen gewählt.[26]
Blasonierung: „Über silberner Quadermauer in Blau ein säulengetragener, fialenbesetzter silberner Doppelbogen, auf ihm in der Mitte und beiderseits je ein rot bedachtes Türmchen; in den Nischen die golden gekleideten und nimbierten Brustbilder des heiligen Petrus mit silbernem Schlüssel und des heiligen Paulus mit aufrechtem silbernen Schwert in der Rechten und rotem Buch in der Linken.“[29]
Wappenbegründung: Volkmarsen wurde erstmals 1240 als Stadt erwähnt und das älteste Siegel ist seit 1272 bekannt. Das Siegel zeigt zwei Männer, die auf einer Bank sitzen, einen Herrn (den Grafen von Everstein) und einen Abt (den Abt von Corvey), die die beiden Herrscher über die Stadt symbolisieren.
Das zweite Siegel aus der Mitte des 14. Jahrhunderts zeigt eine Kirche mit zwei Fenstern und in den Fenstern zwei religiöse Personen, höchstwahrscheinlich den Erzbischof von Köln und den Abt von Corvey, da zu dieser Zeit der Erzbischof von Köln die Grafen von Everstein abgelöst hatte.
Später wurden die beiden Figuren durch die örtlichen Schutzpatrone St. Petrus (mit Schlüssel) und St. Paulus (mit Schwert) ersetzt. Diese letztere Komposition wurde im 19. Jahrhundert in einem Wappenschild dargestellt.
Städtepartnerschaften
Volkmarsen unterhält seit 1990 partnerschaftliche Beziehungen zur Stadt Buttelstedt (seit 2019 Ortsteil der Stadt Am Ettersberg) in Thüringen.
Der Bahnhofsvorplatz trägt seit 1992 den offiziellen Straßennamen Buttelstädter Platz und in Buttelstädt wurde der Platz vor der Schule umbenannt in Volkmarser Platz.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Museen
Der Geschichts- und Heimatverein Volkmarsen e. V. betreibt das Heimatmuseum[30] mit Ausstellungen und Aktionstagen sowie der Geschichtswerkstatt im Haus Dr. Bock an der Kasseler Str. 6.
Das Dokumentations- und Informationszentrum des Vereins Rückblende – Gegen das Vergessen e. V.[31] über jüdisches Leben in Volkmarsen und Umgebung befindet sich seit 2019 im Gustav-Hüneberg-Haus am Steinweg 24, in welchem die bereits oben erwähnte Mikwe freigelegt wurde.
Kino
Das ehem. Kino Burg-Lichtspiele wurde im Jahr 1945 von Georg und Wilhelmine Koch an der Oberen Stadtmauer/Ecke Wächterstraße eröffnet und durchgängig bis 1995 im Familienbesitz betrieben. Das Kino bestand aus einem großen Kinosaal mit einer separaten Loge. Nach Schließung und Umbau werden die Räumlichkeiten seit 1997 von einem lokalen Elektronik-Fachmarkt als Verkaufs- und Servicecenter genutzt. Am früheren Kino-Eingang erinnert ein Relief mit Filmmotiven an die Geschichte des Kinos.
Geopark
Auf dem Volkmarser Stadtgebiet gibt es drei Stationen des Geoparks Grenzwelten: Kugelsburg, Sauerbrunnen und Bergbaustollen des Ralekesberges.[32]
Der Regionalbusverkehr bietet Verbindungen nach Korbach, Warburg und Breuna. Zudem fährt ein Anruf-Sammel-Taxi (AST) von allen Volkmarser Bushaltestellen in fast alle Orte im Landkreis Waldeck-Frankenberg.
Der Bahn-Abschnitt in Richtung Warburg wurde 1977 gänzlich stillgelegt und Mitte der 1980er Jahre zurückgebaut. Die ehemalige Trasse ist nun Teil des Diemel-Twiste-Radweges. Städtebaulich an diesen Bahnknotenpunkt erinnert in Volkmarsen der Straßenname Am Gleisdreieck.
Paul Lebrecht Kailuweit: Chronik der Stadt Volkmarsen. Geschichts- und Heimatverein Volkmarsen e. V., Volkmarsen, Band 1, 1993; Bd. 2, 1996
Michael Gosmann: Eine unbekannte Stadtansicht Volkmarsens mit der Kugelsburg von 1803. In: SüdWestfalen Archiv. Landesgeschichte im ehemals kurkölnischen Herzogtum Westfalen und der Grafschaft Arnsberg, Arnsberg 2001, S. 167–171
Manfred Schöne: Das Herzogtum Westfalen unter hessen-darmstädtischer Herrschaft 1802–1816. Olpe 1966
Wolf Vervoort: 750 Jahre Stadt Volkmarsen – Chronik einer Kleinstadt. Herausgeber: Festausschuß zur 750-Jahrfeier der Stadt Volkmarsen, Druckerei Hans Sauerland, Volkmarsen 1983
Wolf Vervoort: Führer durch die Altstadt Volkmarsen und ihre Gemarkung. Heimat- und Geschichtsverein Volkmarsen, Volkmarsen 2004
Ernst Klein: Altes mit jungen Augen sehen – Volkmarsen – meine Stadt in Geschichte und Gegenwart. Ernst Klein, 2013 (110 Seiten, 200 Fotos)
↑Georg Landau: Zwei Rüstungsregister aus den Jahren 1474 und 1476. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 1 (1837), S. 326–352, hier S. 334–352.
↑Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.6, S.248, Abs. 3 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2MB]).