Wendelin Schmidt-Dengler stammt aus einer altösterreichischen Familie, die im heutigen Kroatien ansässig war. Sein Vater besaß in Zagreb eine große Fleischfabrik. Nach dessen Enteignung durch das sich am Ende des Krieges neu formierende Königreich Jugoslawien wuchs Schmidt-Dengler 1944 bis 1948 in Weiz in der Steiermark auf, ehe er in Wien die Volksschule besuchte.[1] Nach dem Schulbesuch im Wiener Gymnasium Stubenbastei studierte er Klassische Philologie und Germanistik an der Universität Wien und wollte ursprünglich Lehrer für die Fächer Latein und Deutsch werden. 1965 wurde er mit der Dissertation Stilistische Studien zu den Confessiones des Aurelius Augustinus zum Dr. phil. promoviert. 1974 folgte seine Habilitation Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. Diese Mythologeme waren für ihn ein Schlüssel zum Verständnis der Literatur des 18. bis 20. Jahrhunderts, auf die er sich schließlich spezialisierte.
Schmidt-Dengler befasste sich vor allem mit der österreichischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und mit der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts, verstand sich selbst aber als die „gesamte deutschsprachige Literatur seit der Aufklärung abdeckend“.[2][3]
Dazu kamen auch Beiträge zur Antikenrezeption seit dem Humanismus.
Sein Interesse am Sport machte ihn auch in Bevölkerungsschichten bekannt, die wenig Berührungspunkte mit der Literaturwissenschaft hatten. Häufig war er in Fußballstadien anzutreffen, deren Funktion er mit jener des griechischen Theaters verglich, in dem das Publikum Spannungen auf- und abbauen konnte.[4]
Stilistische Studien zum Aufbau der Konfessionen Augustins. Wien 1965, OCLC494359923 (Dissertation Universität Wien, 1965).
Genius. Zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit. Beck, München 1978, ISBN 3-406-03916-2 (Habilitationsschrift Universität Wien, 1974, unter dem Titel: Genius: ein Beitrag zur Wirkungsgeschichte antiker Mythologeme in der Goethezeit.ÖNB Hauptabt. Heldenplatz).
Eine Avantgarde aus Graz. Carinthia, Klagenfurt 1979.
mit Martin Huber (Hrsg.): Statt Bernhard. Über Misanthropie im Werk Thomas Bernhards. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1987, ISBN 3-7046-0082-2.
Bruchlinien. Vorlesungen zur österreichischen Literatur 1945–1990. Residenz, Wien/ Salzburg 1995.
Der Übertreibungskünstler. Studien zu Thomas Bernhard. Sonderzahl, Wien 1997.
Der wahre Vogel. Sechs Studien zum Gedenken an Ernst Jandl. Edition Praesens, Wien 2001.
Nestroy. Die Launen des Glückes. Zsolnay, Wien 2001.
Ohne Nostalgie. Zur österreichischen Literatur der Zwischenkriegszeit. Böhlau, Wien/ Köln/ Weimar 2002, ISBN 3-205-77016-1.
Dazu kommen etwa 400 Publikationen in Zeitschriften und Sammelbänden (1964 bis 2004).
Literarische Außenseiter: Friedrich Hölderlin, Franz Kafka. Hörbuch-CD und Begleitheft, 74 Minuten (= Edition Radio-Literatur), ORF Ö1, Wien 2006, ISBN 3-901846-73-5.
Gerald Sommer (Hrsg.): Jederzeit besuchsfähig. Über Heimito von Doderer. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63852-7.
Wissenschaftliche Reihen (Herausgeberschaft)
Wiener Arbeiten zur Literatur. Braumüller, Wien 1984–2008.
Zur neueren Literatur Österreichs. Braumüller, Wien 1995–2008.
mit Gerhard Renner: Buchforschung und Literaturgeschichte: Festschrift für Murray G. Hall zum 60. Geburtstag. Edition Praesens, Wien 2007, ISBN 978-3-7069-0476-6.
mit Andreas Weber: Als ich einmal Harreither in der Dusche interviewte. 11 Texte zum österreichischen Fußball. Otto Müller Verlag, Salzburg 2008.
mit Peter Engelmann und Michael Franz: Weimarer Beiträge – Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften.
Franz Römer (Hrsg.): In Memoriam Wendelin Schmidt-Dengler. Vienna University Press bei V&R unipress, Wien 2008, ISBN 978-3-89971-547-7.
Stephan Kurz, Michael Rohrwasser, Daniela Strigl (Hrsg.): Der Dichter und sein Germanist. In Memoriam Wendelin Schmidt-Dengler (= Zur neueren Literatur Österreichs. Band 26). new academic press, Wien 2012, ISBN 978-3-7003-1836-1.
80-minütiger Vortrag von Wendelin Schmidt-Dengler im Rahmen der Ringvorlesung „Österreich nach dem Ende des Kalten Krieges“ (Sommersemester 2007), Universität Wien, Hohe Auflösung * Niedrige Auflösung.
↑Wendelin Schmidt-Dengler: Vortrag an der University of Toronto. Toronto 12. Mai 2000, S.Vortragseinleitung.
↑Christian Ide Hintze, Sabine Scholl: Nachruf auf Wendelin Schmidt-Dengler. In: Der Standard. 8. Oktober 2008 (derstandard.at): „in buchstäblich allen Bereichen des „literarischen Lebens“ zu Hause.“