Yazdegerd I. (persisch یزدگرد Yazdgerd [jæzdˈgʲerd], auch Yazdgird) regierte von 399 bis 420/421 und war ein persischer Großkönig aus dem Geschlecht der Sassaniden.
Yazdegerd, der in der persisch-arabischen Überlieferung den Beinamen „der Sünder“ (al-Athīm) trägt, war einer der bedeutendsten spätantiken Perserkönige. Außenpolitisch agierte der König sehr geschickt; seine Beziehungen zu den Römern waren anfangs so gut, dass manche römische Autoren (v. a. Prokopios von Caesarea) sogar die – in ihrer Historizität sehr umstrittene – Geschichte berichten, Kaiser Arcadius habe ihn 408 zum Vormund und Testamentsvollstrecker seines unmündigen Sohnes Theodosius II. gemacht, worauf der König einen Eunuchen namens Antiochus als seinen Sachwalter nach Konstantinopel geschickt habe.[1] Die Ostgrenze gegenüber den iranischen Hunnen scheint in seiner Regierungszeit stabil gewesen zu sein.[2]
Seinen wenig schmeichelhaften Beinamen erlangte Yazdegerd aufgrund einer toleranten Politik gegenüber den persischen Christen, denen er 410 erstmals ein reichsweites Konzil (in Ktesiphon) gestattete, was den Unmut der zoroastrischen Geistlichen erregt haben muss. Auch im Hochadel dürfte sich der selbstbewusst agierende Großkönig Feinde gemacht haben, da er selbständig agierte und anscheinend ein durchsetzungsfähiger Herrscher war. In diesem Sinne schränkte er die Macht des Adels ein, weshalb er in der späteren orientalischen Überlieferung zu Unrecht verunglimpft wurde. In der römischen Überlieferung hingegen wird Yazdegerd aufgrund seiner toleranten Religionspolitik überwiegend sehr positiv dargestellt;[3] einige westliche Autoren behaupten sogar fälschlich, er sei selbst zum Christentum konvertiert.
Gegen Ende seiner Regierung kam es dennoch zu einer Christenverfolgung. Diese war allerdings durch das Verhalten einiger Christen provoziert worden, die einen Feuertempel zerstört hatten. Als sich der zuständige Bischof weigerte, die Schäden beheben zu lassen, sah sich der Großkönig auf Drängen der zoroastrischen Priester gezwungen, gegen die Christen vorzugehen. Im Zusammenhang damit brach kurz vor dem Tod des Königs ein Krieg mit Ostrom aus, der aber ohne klaren Sieger blieb und von Yazdegerds Sohn und Nachfolger Bahram V. recht bald beendet wurde.
Yazdegerd I. starb auf rätselhafte Weise (laut Tabari wurde er von einem vom Himmel gesandten Pferd getötet);[4] vieles spricht dafür, dass er von einer Verschwörergruppe aus Priestern und Adligen ermordet wurde, die den Vorfall dann verschleierten. Man verweigerte seinem Sohn zunächst die Krone seines Vaters und setzte einen anderen Sassaniden namens Chosrau auf den Thron, über den ansonsten nichts bekannt ist. Erst nach langen Verhandlungen und mit militärischer Unterstützung der arabischen Lachmiden konnte Bahram die Herrschaft antreten, wobei er dem Adel mehrere Zugeständnisse machen musste.
Wichtigste Quelle zu Yazdegerds Regierungszeit ist die Universalgeschichte Tabaris, der auch auf heute verlorene Quellen zugreifen konnte, dessen Bewertung allerdings durch die tendenziösen Quellen verzerrt ist.[5] Hinzu kommen einige westliche Quellen, die vor allem zum Verhältnis mit Rom von Bedeutung sind.[6]
Literatur
Scott McDonough: A Second Constantine? The Sasanian King Yazdgard in Christian History and Historiography. In: Journal of Late Antiquity. 1/1, 2008, S. 127–140.
Paul Sauerbrei: König Jazdegerd, der Sünder, der Vormund des byzantinischen Kaisers Theodosius des Kleinen. In: Festschrift Albert von Bamberg zum 1. X. 1905 gewidmet vom Lehrerkollegium des Gymnasium Ernestinum zu Gotha. Perthes, Gotha 1905, S. 90–108.
Nikolaus Schindel: Yazdgerd I. In: Nikolaus Schindel (Hrsg.): Sylloge Nummorum Sasanidarum. Bd. 3/1 (Textband). Wien 2004, S. 318 ff.
Klaus Schippmann: Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches. Darmstadt 1990.
Monika Schuol: Yazdgird I. und die Christen in der Überlieferung des Sokrates. In: E. Dabrowa (Hrsg.): Ancient Iran and its Neighbours. Krakau 2005, S. 95–106 (= Electrum. Band 10).
↑Sauerbrei, König Jazdegerd, verwarf das Testament als Legende. Die Meinung der neueren Forschung ist hingegen geteilt; vgl. zur Diskussion Henning Börm: Prokop und die Perser. Untersuchungen zu den römisch-sasanidischen Kontakten in der ausgehenden Spätantike. Stuttgart 2007, S. 308 ff.
↑Vgl. Nikolaus Schindel: The Sasanian Eastern Wars in the 5th Century. The Numismatic Evidence. In: A. Panaino, A. Piras (Hrsg.): Proceedings of the 5th Conference of the Societas Iranologica Europaea. Band 1. Mailand 2006, S. 675–689, hier S. 678.
↑Theodor Nöldeke: Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aus der arabischen Chronik des Tabari. Übersetzt und mit ausführlichen Erläuterungen und Ergänzungen versehen. Leiden 1879, S. 77.
↑Theodor Nöldeke: Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden. Aus der arabischen Chronik des Tabari. Übersetzt und mit ausführlichen Erläuterungen und Ergänzungen versehen. Leiden 1879, S. 72 ff.; Clifford Edmund Bosworth: Ṭabarī. The Sāsānids, the Byzantines, the Lakhmids, and Yemen. Albany/NY 1999, S. 70–74.