Bettina Flitner wurde 1961 in Köln geboren. Sie ist die Tochter von Hugbert Flitner und die Enkelin von Wilhelm Flitner.[1] Sie machte eine Ausbildung zur Cutterin beim WDR und studierte von 1986 bis 1992 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.[2] Für ihr filmisches und fotografisches Werk erhielt sie zahlreiche Preise.[3][4]
Seit 1989 arbeitet sie als Fotografin;[2] seit 1992 ist sie Mitglied der Kölner Fotografenagentur laif.[5][6] Im Juni 2018 heiratete sie die JournalistinAlice Schwarzer.[7][8] Sie lebt und arbeitet in Köln und Berlin.
Werk
Flitners künstlerische Arbeiten haben oft einen seriellen Charakter und kombinieren Bild und Text, meist Zitate der Porträtierten. So ihre Reportage aus dem Niemandsland, die Fotoserie über den Mauerfall 1989, zu der sie Menschen aus Ost und West nach ihrer Befindlichkeit befragte. Oder die Arbeit Nachbarn über die Ausschreitungen von Hoyerswerda und die Trilogie Mein Herz. Mein Feind. Mein Denkmal aus den Jahren 1992 bis 1995. „Lebende Bilder voller Poesie, eine seltene Balance zwischen Pathos und Normalität. Bilder und Sätze, die den Betrachter hypnotisieren“, schrieb das Zeit-Magazin.[9]
Bettina Flitner arbeitet zwischen dokumentarischem Journalismus und inszenierter Fiktion. Immer stehen dabei die Menschen im Mittelpunkt. Wegweisend innovativ waren Flitners frühe Installationen im öffentlichen Raum, mit denen sie „seit den 1990er Jahren den Kunstbetrieb infiltriert und seine Grenzen sprengt.“.[10] Ihre preisgekrönte Arbeit Ich bin stolz, ein Rechter zu sein über rechtsradikale Jugendliche, die sie auf der ART Cologne 2001 als Rauminstallation inszenierte, hat kontroverse Diskussionen ausgelöst. „Aus den Bildern spricht genau das, was Hannah Arendt vor Jahrzehnten die ‚Banalität des Bösen‘ nannte“, lautete die Begründung der Jury der „Rückblende 2000“ für den Sonderpreis für politische Fotografie.[11]
2004 erschien Bettina Flitners Porträtband Frauen mit Visionen. Sie hat dafür Europa bereist und Frauen, die den Kontinent über ihr eigenes Land hinaus geprägt haben, porträtiert, darunter Staatschefinnen, Menschenrechtlerinnen, Künstlerinnen und Schriftstellerinnen. „Bettina Flitner, ihr Name gilt schon seit langem als ein Markenzeichen für eigenwillige Foto-Konzepte, die oftmals einen dokumentarischen Charakter haben, aber meist ganz persönliche Geschichten erzählen. [...] Behutsam spielt Flitner mit Kontrasten. Nie wirken jene Bilder komponiert oder aufgesetzt. Es scheint fast so, als sei sie wie durch ein durchsichtiges Band auf magische Weise mit den Persönlichkeiten verbunden“, urteilte die Süddeutsche Zeitung.[12]
Die Ausstellung, die sie gemeinsam mit der Architektin Dörte Gatermann konzipierte, tourte durch Europa. Das Porträtieren weiblicher Vorbilder setzte Flitner mit ihrer Arbeit Frauen, die forschen fort, für die sie 25 deutsche Spitzenforscherinnen fotografierte. Auch diese Porträts touren als Ausstellung. 2005 erhielt sie den Fotopreis der Michael Horbach Stiftung.[13]
2022 veröffentlichte Bettina Flitner ihr erstes literarisches Buch, Meine Schwester. Darin geht es um ihre Kindheit und den Suizid ihrer älteren Schwester. Andreas Platthaus äußerte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „So ist das Schreckliche durchschossen vom Witzigen, und im höchstpersönlichen Einzelfall steckt auch ein Soziogramm der bundesrepublikanischen Gesellschaft der Sechziger und Siebziger. Vor allem aber ist das Buch mitreißend geschrieben, ohne aufgesetzt emotional zu sein.“[14] Für Elke Heidenreich in der Süddeutschen Zeitung hat das Erstlingsbuch „Wucht und Zartheit, Emotion und Intelligenz, das Schöne, das Schreckliche, das ganze Leben fächert sich auf, und das in einer Sprache, die immer durchscheinend bleibt, schwebend“.[15] Brigitte Siebrasse von der Zeitschrift Virginia attestierte Flitner eine virtuose Technik des Verzahnens, mit der sie die Suche nach Spuren in Vergangenheit und Gegenwart darstelle.[16]
Barbara Schneider-Kempf (Hrsg.): Die Staatsbibliothek und ich: Bettina Flitner porträtiert 24 Persönlichkeiten mit Schätzen aus der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Begleitbuch zur Ausstellung in der Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße, vom 21. September bis 30. Dezember 2011. Berlin 2011, ISBN 978-3-88053-169-7.
2001: Rückblende Sonderpreis, Preis für politische Fotografie
2005: Fotopreis der Stiftung Michael Horbach
Literatur
Vivien Gröning, Kirsten Sass: WOMAN@WORK Wege nach dem Abi – Wie FRAU heute Karriere macht. 22 Interviews mit erfolgreichen Frauen. Renningen 2014, ISBN 978-3-8169-3237-6. (Interview mit Bettina Flitner)
Filme über Bettina Flitner
„Fotos wie ein Film in Kopf“ Autorin: Sabine Stadtmueller, WDR, 1992, 29 Min
„Durch das Auge ins Herz“, Autor: Carsten Hueck, Deutsche Welle, 2002, 26 Min.
„Viva femmes - vous avez dit femmes“ Autor: Raphael Engel, Television Suisse, 1999, 12 Min.
„Kurzporträt über Bettina Flitner“, Autorin: Astrid Heinrich Sendung, West.Art, WDR, 2004, 3 Min.
„Aus unserer Mitte“, Sendung West.Art, WDR, 2008, 5 Min.
„Mit Zorn und Zärtlichkeit“, Autoren: Rita Döbbe und Jan Frerichs, ZDF, 2008, 30 Min.
„Bettina Flitner und die Fuji 100 F“, Autor: David Klammer, 2019, 4 Min.