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Deutscher Schachbund

Deutscher Schachbund
Sportart Schach
Gegründet 18. Juli 1877
Gründungsort Leipzig
Präsidentin Ingrid Lauterbach
Vereine 2.311[1]
Mitglieder 89.400
Verbandssitz Berlin
Website www.schachbund.de

Der Deutsche Schachbund e. V. (DSB) ist die Dachorganisation der Schachspieler in Deutschland. Er ist Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund und seit 1926 (mit Unterbrechungen) im Weltschachverband FIDE. Der DSB hat derzeit (Januar 2023) 89.400 Mitglieder[2], davon rund 24.500 Jugendliche und 8.300 Frauen in 2.260 Vereinen[3] und gehört damit zu den größten Schachverbänden der Welt. Zum DSB gehören 17 Landesverbände, der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten-Schachbund (DBSB), seit 1972 die Schwalbe (1924 gegründete deutsche Vereinigung für Problemschach), seit September 2006 der Deutsche Fernschachbund, seit Mai 2007 der Verein Schachbundesliga e. V. sowie seit April 2021 die Deutsche Schachjugend e. V.[4] Eine Sammlung zur historischen und aktuellen Situation des Schachs in Deutschland befindet sich im Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte in Hannover.

Organisation

Der Deutsche Schachbund betreibt die obersten zwei Spielklassen im Deutschen Mannschaftsschach:

  • 1. Bundesliga (organisiert von seinem Mitgliedsverein Schachbundesliga e. V.)
  • 2. Bundesliga in 4 Staffeln (Nord, Süd, West, Ost), die nach geographischen Gesichtspunkten eingeteilt werden, um die Reisekosten zu minimieren.

Der Deutsche Schachbund besitzt 17 Landesverbände, die das Ligasystem in untere Bereiche in Form von Bezirken und Kreisen lokal weiterführt. In größeren Landesverbänden haben sich auch teilweise Verbände von Vereinen gebildet.

Landesverband Vereine Bezirke oder untergeordnete Verbände
Badischer Schachverband 179 Mannheim, Heidelberg, Odenwald, Karlsruhe, Pforzheim, Mittelbaden, Ortenau, Freiburg, Hochrhein, Schwarzwald, Bodensee
Bayerischer Schachbund 399 Mittelfranken, München, Niederbayern, Oberbayern, Oberfranken, Oberpfalz, Schwaben, Unterfranken
Berliner Schachverband 50 keine
Landesschachbund Brandenburg 57 Cottbus, Frankfurt an der Oder, Potsdam
Landesschachbund Bremen 21 keine
Hamburger Schachverband 39 keine
Hessischer Schachverband 191 Kassel-Nordhessen, Osthessen, Lahn-Eder, Main-Vogelsberg, Frankfurt, Starkenburg, Main-Taunus, Rhein-Taunus, Lahn, Bergstraße
Landesschachverband Mecklenburg-Vorpommern 36 West, Mitte, Ost
Niedersächsischer Schachverband 158 Hannover, Braunschweig, Südniedersachsen, Lüneburg, Oldenburg-Ostfriesland, Osnabrück-Emsland
Schachbund Nordrhein-Westfalen 411 Ruhrgebiet, Niederrhein, Südwestfalen, Ostwestfalen-Lippe, Münsterland, Mittelrhein
Schachbund Rheinland-Pfalz 136 Rheinland, Rheinhessen, Pfalz
Saarländischer Schachverband 38 keine
Schachverband Sachsen 134 Leipzig, Dresden, Chemnitz
Landesschachverband Sachsen-Anhalt 84 Dessau, Halle, Magdeburg
Schachverband Schleswig-Holstein 67 Nord, West, Kiel, Ost
Thüringer Schachbund 81 Nord, Mitte, Ost, Süd
Schachverband Württemberg 214 Oberschwaben, Alb-Schwarzwald, Neckar-Fils, Ostalb, Stuttgart, Unterland

Es geht weiter mit Oberliga, Regionalliga, Verbandsliga, Verbandsklasse, Bezirksliga und Bezirksklasse.

Geschichte

Gründung und Aufbau einer Organisation

Postkarte vom Münchener DSB-Kongress 1900

Der DSB wurde am 18. Juli 1877 in Leipzig gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten außer dem Philosophen Carl Göring, dem Schriftsteller Rudolf von Gottschall, den Organisatoren Hermann Zwanzig, Constantin Schwede und Eduard Hammacher auch die Schachmeister Adolf Anderssen, Max Lange und Johannes Hermann Zukertort.

Den Anlass zur Gründung des DSB bot 1877 die Feier zum 50-jährigen Schachjubiläum des hoch geachteten deutschen Spitzenspielers Adolf Anderssen, der in seiner Festrede sagte:

„Das leitende Motiv zur Veranstaltung dieses Festes war keineswegs die Absicht einer bloßen Ovation, sondern ein anderes. Schon seit Jahren schwebt die Idee eines allgemeinen deutschen Schachbundes gewissermaßen in der Luft – oder wenigstens in der gesunden Leipziger Stadtluft, denn von Leipzig gingen die ersten Bemühungen zur Verwirklichung einer solchen Idee aus; und nur darum fand der Vorschlag, mein Jubiläum zu feiern, sofortigen Anklang, weil man sich von dieser Feier die Wirkung einer allgemeinen Zusammenkunft aller deutschen Schachkontingente versprach und durch die bloße Voraugenstellung eines so großartigen Schauspiels dem bezweckten Unternehmen Freunde und Fürsprecher zu erwecken und so den Grundstein für die künftige deutsche Schacheinheit zu legen hoffte. Möchte doch diese Hoffnung nicht fehlschlagen! Denn es wäre nichts vorteilhafter für den Aufschwung des deutschen Schachspiels, als der bisherigen Zersplitterung der Kräfte und Bestrebungen ein Ende zu machen, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich die unschuldige Veranlassung zu dieser für das Schach so ersprießlichen Schöpfung gewesen wäre.“

Zwischen 1879 und 1914 veranstaltete der DSB alle zwei Jahre Meisterturniere, die auch für ausländische Spieler offen waren und zu den stärksten Turnieren ihrer Zeit gehörten. Nach dem Ersten Weltkrieg waren nur noch deutsche Spieler zugelassen. Neben dem Meisterturnier wurden jeweils sogenannte Hauptturniere ausgetragen, deren Sieger mit dem Meistertitel des Deutschen Schachbundes ausgezeichnet wurden. Die betreffenden Spieler waren für die Teilnahme an künftigen Meisterturnieren qualifiziert. Fast alle bedeutenden Spieler dieser Epoche, unter anderen Siegbert Tarrasch, Emanuel Lasker und Aaron Nimzowitsch, nahmen zu Anfang ihrer Karriere an diesen Turnieren teil.

Gleichschaltung/Auflösung 1933/1934

Im April 1933 musste der DSB-Präsident Walter Robinow von seinem Amt zurücktreten, weil er Jude war. Mit dem Kongress des nationalsozialistisch ausgerichteten Großdeutschen Schachbundes (GSB) in Bad Pyrmont im Juli 1933 übernahm diese Organisation die bisherigen Aufgaben des DSB. Die Landesverbände und Vereine traten dem GSB bei. Am 2. November 1934 wurde der DSB aus dem Vereinsregister gelöscht. Zuvor hatte Ehrhardt Post dem Registergericht Coburg Unterlagen einer Mitgliederversammlung des Deutschen Schachbundes vorgelegt, welche den Auflösungsbeschluss getroffen hatte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand auf Initiative von Alfred Brinckmann und anderen 1946 die Arbeitsgemeinschaft deutscher Schachverbände. Dies war der Vorgänger des Deutschen Schachbundes, der am 5. Februar 1950 in Wiesbaden wiedergegründet wurde. Die Wiederzulassung zur FIDE erfolgte im Juli 1950 nach Gründung des Deutschen Schachbundes mit Friedrich A. Stock als erstem FIDE-Delegierten.[5] Später gab es einen eigenen Schachverband der DDR. Nachdem 1953 nochmals ein Gesamtdeutsches Meisterturnier durchgeführt wurde, welches Wolfgang Unzicker gewann, gab es bis zur Wiedervereinigung der beiden Verbände im September 1990 getrennte Meisterschaften. Höhepunkte der Organisationstätigkeit des DSB waren die Schacholympiaden in München 1958 und Siegen 1970. Der erste Kongress nach der Wiedervereinigung fand 1990 in der Gründungsstadt Leipzig statt.

Deutscher Schachverband der DDR (DSV)

Wimpel: Deutscher Schach-Verband der DDR

Der Deutsche Schachverband der DDR (DSV) wurde am 27. April 1958 in Leipzig gegründet. Als im April 1969 das SED-Politbüro mit dem sogenannten Leistungssportbeschluss anordnete, nur noch bestimmte Sportarten zu fördern, gehörte Schach nicht zu diesen. In der Folge wurden die internationalen Kontakte stark eingeschränkt. Nur in Ausnahmefällen durften DDR-Meister an FIDE-Turnieren im westlichen Ausland teilnehmen.

Deutsche Wiedervereinigung 1989

In der Wendezeit galt es, die beiden Schachverbände DSB und DSV zusammenzuführen. Dies geschah beim Kongress in Leipzig am 29. September 1990, als die Landesverbände der DDR dem DSB beitraten. Michael Schmidt wurde Vizepräsident des DSB, Egon Ditt blieb Präsident.

Nur 12.000 der etwa 43.000 DSV-Mitglieder konnten vom DSB übernommen werden. Aus wirtschaftlichen und privaten Gründen, die ihre Ursache in der Wiedervereinigung hatten, beendeten viele Spieler ihre Mitgliedschaft. Im DSB hat man allerdings auch festgestellt, „daß die frühere Mitgliederzahl von 43.000 überhöht und nach oben manipuliert war.“ Für den DSB war das einer der Gründe für eine Beitragserhöhung um 1 DM.[6][7]

Bosman-Entscheidung 1995

Im Dezember 1995 wurde die Bosman-Entscheidung verkündet, welche besagt, dass Sportler innerhalb der Europäischen Union überall spielberechtigt sind. Gemäß Turnierordnung (2.1.3 und 2.1.4 Absatz 4) durften in der Vergangenheit maximal zwei Ausländer bei einem Mannschaftskampf eingesetzt werden. Beim DSB-Kongress im Bad Segeberg 1996 wurde beschlossen, dass ab der Saison 1996/97 beliebig viele Spieler aus dem Europäischen Wirtschaftsraum eingesetzt werden dürfen. Damit wurde die Bosman-Entscheidung umgesetzt. Der Badische Schachverband ist noch einen Schritt weiter gegangen und hat den Einsatz von beliebig vielen Ausländern (auch von Nicht-EU-Spielern) erlaubt. Damit wollte man vor allem den benachbarten Schweizer Spielern entgegenkommen. Seit 2004 gilt diese Regelung deutschlandweit.

Der DSB hatte nach der Bosman-Entscheidung zunächst die Ausländer-Problematik nur zögerlich behandelt. Daher schuf der Vorsitzende des Bundesligavereins PSV Turm Duisburg, Rechtsanwalt Ulrich Groth, einen Präzedenzfall, indem er in einem Mannschaftskampf zwei russische Spieler und den Engländer John Nunn einsetzte. Infolgedessen kam es zur Umsetzung der Bosman-Entscheidung im DSB.[8]

Präsidenten und Ehrenmitglieder

Ullrich Krause, 2017 in Berlin
Präsidenten des Deutschen Schachbundes (einschließlich Großdeutscher Schachbund)
1877–1894 Hermann Zwanzig
1894–1899 Max Lange
1899–1902 Cornelius Trimborn
1902–1920 Rudolf Gebhard
1920–1933 Walter Robinow
1933–1938 Otto Zander
1938–1945 Franz Moraller
1950–1951 Richard Czaya
1951–1968 Emil Dähne
1969–1975 Ludwig Schneider
1975–1983 Alfred Kinzel*
1983–1989 Heinz Hohlfeld*
1989–2001 Egon Ditt*
2001–2007 Alfred Schlya*
2007–2011 Robert K. von Weizsäcker*
2011–2017 Herbert Bastian*
2017–2023 Ullrich Krause
seit 2023 Ingrid Lauterbach
Präsidenten des Deutschen Schachverbandes der DDR
bis 1953 Paul Baender
1953–1954 Georg Klaus
1954–1956 Adolf Pawlitta
1956–1958 Friedrich L. Salzl
1958 Arno Otto
1958–1964 Arno Becher
1964–1978 Armin Heintze
1978–1990 Werner Barthel
1990 Michael Schmidt
Ehrenurkunde zum Jubiläum 2002
Ehrenmitglieder
1898 Gesandter Tassilo von Heydebrand und der Lasa
1951 Richard Czaya
1970 Friedrich A. Stock
1971 Willi Fohl
1981 Kurt Hülsmann
1991 Helmut Nöttger
1998 Klaus Darga
2003 Heinz Meyer
Lothar Schmid
Wolfgang Unzicker
Wolfgang Uhlmann
2004 Otto Schily
Günther Müller
2005 Siegfried Wölk
2009 Ernst Bedau
Heinz-Jürgen Gieseke
2013 Horst Metzing
Hans-Jürgen Hochgräfe
2015 Klaus-Norbert Münch
2017 Christian Krause
Christian Zickelbein
Klaus Gohde
2019 Vlastimil Hort
Helmut Pfleger
Robert Hübner
Ralph Alt
2020 Jürgen Kohlstädt

Deutscher Schachpreis

Medienpreis 1983 für Claus Spahn

Der frühere Medienpreis und der nachfolgende Deutsche Schachpreis sind die höchsten Auszeichnungen des Deutschen Schachbundes für herausragende Verdienste um die Förderung des Schachs.[9]

Ausbildungssystem

Der Deutsche Schachbund bietet die Möglichkeit, Anfängerwissen durch entsprechende Prüfungen beurkunden zu lassen. Dies erfolgt im aufsteigenden Schwierigkeitsgrad durch das Bauern-, Turm- und das Königsdiplom.

  • Beim Bauerndiplom gilt es, die Grundaufstellung, die möglichen Spielzüge und die Schachnotation zu beherrschen.
  • Das Turmdiplom beurkundet die Fähigkeit zum Erkennen einer Mattstellung sowie grundlegender Taktiken, wie Fesselung und Abzug. Der bis hierher erforderliche Wissensumfang wird in etwa im Artikel Schach vermittelt.
  • Das Königsdiplom erfordert die Kenntnis einiger bekannter Eröffnungen sowie die korrekte Behandlung grundlegender Endspiele.
Opa, Tante Bernie und Emil, die Puppen zur Fernsehserie Zug um Zug – Schach für jedermann

Die offiziellen Lehrbücher des Deutschen Schachbundes hierzu sind:

  • Schach für Jedermann (1), Zug um Zug zum Bauerndiplom.
  • Schach für Jedermann (2), Zug um Zug zum Turmdiplom.
  • Schach für Jedermann (3), Zug um Zug zum Königsdiplom.

Die gleichnamige dreimal zehnteilige Fernsehsendung Zug um Zug – Schach für jedermann von Claus Spahn (WDR) wird ständig in Rotation auf BR-alpha wiederholt (Stand 2008). Autor der Bücher und Moderator der Fernsehserie ist Helmut Pfleger.

Siehe auch

Literatur

  • Alfred Diel: Schach in Deutschland. Festbuch aus Anlass des hundertjährigen Bestehens des Deutschen Schachbundes e. V. 1877–1977. Rau, Düsseldorf 1977, ISBN 3-7919-0167-2.
  • Festschrift des Deutschen Schachbundes zum 125-jährigen Jubiläum 2002, Hrsg. Deutscher Schachbund e. V., Schachverband Sachsen e. V., erhältlich bei der Geschäftsstelle des DSB
  • Manuel Friedel: Sport und Politik in der DDR am Beispiel des Schachsports, Norderstedt 2009.
Commons: Deutscher Schachbund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bestandserhebung 2022. (PDF; 872 kB) Deutscher Olympischer Sportbund, abgerufen am 20. April 2023.
  2. Mitgliederentwicklung - Deutscher Schachbund - Schach in Deutschland. Abgerufen am 23. Mai 2023.
  3. Schachvereine und Schulschachgruppen. Abgerufen am 23. Mai 2023.
  4. Die Deutsche Schachjugend ist jetzt ein eingetragener Verein. Deutscher Schachbund, abgerufen am 15. April 2023.
  5. Michal Negele: Emil Joseph Diemer, ein Eiferer zwischen Wahn und Wahrheit auf Ken Whyld Association
  6. Rudolf Teschner in Schach-Report/DSZ/DSB 2/1991, S. 30.
  7. Ernst Bedau in Schach-Report/DSZ/DSB 3/1991, S. 29.
  8. Siehe Schach-Report 1996:
    Nr. 2, S. 24f – Allgemeines zur Bosman-Problematik;
    Nr. 3, S. 25f – Der Streitfall „Duisburg“;
    Nr. 4, S. 27f – Grundsätzliches und Fall „Duisburg“;
    Nr. 7, S. 32 – Umsetzung des Bosman-Urteils
  9. Medienpreis des DSB 1977–1998 / Deutscher Schachpreis ab 2000
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