Hans Walthers II Vater Christoph Walther I hat seit 1517 Skulpturen im Stil der Frührenaissance in Annaberg und Reliefs an der Albrechtsburg in Meißen gefertigt. In Meißen kam der Sohn zur Welt und kam um 1530 mit seinem Vater nach Dresden, wo er zwei Jahre nach dessen Tod am 2. März 1548 als Dresdner Bürger vereidigt wurde. Ab 1561 gehörte er dem Rat der Stadt an. In dieser Funktion übernahm er die Leitung des Salzamtes und des Bauamtes. Damit oblag ihm die Aufsicht über die gesamten städtischen Bauvorhaben.[1] 1571 wurde er einer der drei Bürgermeister der Stadt und übte dieses Amt im üblichen Dreijahresrhythmus bis zu seinem Tod aus. Sein stattliches Wohnhaus stand am Altmarkt. Außerdem besaß er mehrere Grundstücke in der Dresdner Umgebung.
Nach Übernahme der väterlichen Werkstatt 1546 fertigte er zunächst Epitaphien.
Vermutlich im Frühjahr 1549 erhielt Hans Walther II mit seiner Werkstatt den Großauftrag, an der Bauplastik des gerade nach einem neuen Konzept erweiterten Umbau des Dresdner Residenzschlosses bis 1555 mitzuwirken. Entwürfe hierzu lieferte wahrscheinlich der aus Italien nach Dresden übergesiedelte Maler und Musiker Benedetto Tola, mit dem Hans Walther II auch bei anderen Gelegenheiten in der Folge zusammenarbeitete.[2] Zu Hans Walthers II Arbeiten gehören die Reliefs an den drei Treppentürmen (1549/1550), an der Loggia vor dem Hausmannsturm (heute Kopien, Teile im Museum erhalten) und am Portal der Schlosskirche (1555). Wahrscheinlich lieferte seine Werkstatt auch die zahlreichen großen Statuen auf den Giebeln des Schlosses. Für die Schlosskapelle schuf er Teile des Altars und 1558 den Taufstein.
Zu seinen weiteren Schöpfungen gehören unter anderem das Moritzmonument von 1555 sowie Ausstattungsstücke für die Kreuzkirche. Dank seiner Erfahrungen im Bauwesen, die der vermutlich bei seinen Arbeiten am Dresdener Residenzschloss gewonnen hatte, leitete er zwischen 1579 und 1583 den Umbau des Kreuzkirchenturms.
1574 war er eines der Gründungsmitglieder der Innung der Maler und Bildhauer. Hans Walther verstarb 1586 in Dresden und wurde auf dem Frauenkirchhof beigesetzt.
Familie
Der Sohn von Hans Walther II war der Maler Christoph Walter (1550–1592), der in den Diensten von Kurfürst August stand; zwecks Ausschließung einer Verwechslung mit seinem Onkel schrieb er seinen Nachnamen „nur mit t ohne h“. Er heiratete Katharina Tola, die Tochter Benedetto Tolas, dessen Schüler er war.
Hans Walther war ein prägender Künstler für die Bauplastik und Reliefkunst der Dresdner Renaissance. Seine Figuren sind ausdrucksstark individualisiert, ausgewogen-harmonisch in der Bewegung und orientiert am antiken Kontrapost; die wiederentdeckten antiken Stilelemente liegen auch in den Faltenwürfen der Gewänder und den Gesichtszügen mit charakteristischen Frisuren und Bärten, frontal oder im Profil.
Neben seinen bauplastischen Arbeiten belegen auch einige erhaltene Grabsteine von seiner Hand, u. a. in Meißen, Siebeneichen und im Kreuzgang des Freiberger Doms, sein künstlerisches Können. In der zweiten Hälfte der 1550er Jahre war Walther auch als Modelleur der Eisengießhütte Königstein (Sächsische Schweiz) tätig und schuf einige hölzerne Plattenmodelle für Kunstgussarbeiten. Jeweils zwei nachweislich von ihm gestaltete Arbeiten haben sich als Abgüsse im Museum für Sächsische Volkskunst in Dresden und im historischen Restaurant Vincenz Richter in Meißen erhalten.[3]
Werke (in Auswahl):
1549–1553: Arbeiten an den drei Treppentürmen im Großen Schlosshof des Dresdner Residenzschlosses; Reliefschmuck am Altan vor dem Hausmannsturm aus der Geschichte Josuas im Kampf mit den Ammonitern; beabsichtigt war ein allegorischer Bezug auf die Siege von Kurfürst Moritz über Johann Friedrich I. und über die Türken. (um 1900 durch Kopien ersetzt, die Originale befinden sich heute teilweise im Stadtmuseum Dresden)[4]
1555: Auferstehungsrelief am Portal zur Schlosskapelle Dresden, weiterhin Figuren des Petrus und des Moses auf der rechten Seite. Hier Zusammenarbeit mit dem Steinmetztrupp von Giovanni Maria Aostalli aus Prag.[5]
1555: Seitenteile und Predella des 1554 von Benedetto Tola entworfenen ehem. ersten Altars der Dresdener Schlosskapelle (1945 teilzerstört und heute rekonstruiert in der Torgauer Schlosskapelle aufgestellt)
ab 1572: Großer Altar für die Kreuzkirche (Kostenvoranschlag 1572; Vergoldung 1579) mit Abendmahls- und Passahmahl-Szene, ab 1927 in der St.-Johannis-Kirche in Bad Schandau aufgestellt[7]
1572: Modell zum Turm der Kreuzkirche (vollendet 1584)
1573: Wappenschmuck an der Saturnusbastei
1575: Brunnenfigur der Ritters Dutschmann in Bautzen
1585: Epitaph mit Pietà aus Alabaster für Damian von Sebottendorf in der Marienkirche in Pirna
Bauschmuck am Nordostwendelstein des Dresdener Residenzschloss (1549/50) (Teilkopie)
Skulptur am Nordostwendelstein des Dresdener Residenzschloss (1549/50) (Teilkopie)
Kanzel der alten Frauenkirche in Dresden, heute in der Kreuzkirche zu Bischofswerda (1556)
Kanzel der alten Frauenkirche in Dresden, heute in der Kreuzkirche zu Bischofswerda (1556)
Kanzel der alten Frauenkirche in Dresden, heute in der Kreuzkirche zu Bischofswerda (1556)
Taufstein aus der Dresdener Schlosskapelle (dat. 1558), Detail
Kenotaph der Wettiner in der Klosterkirche Petersberg (1567)
Abendmahlsszene am für die Kreuzkirche geschaffenen Altar (St.-Johannis-Kirche in Bad Schandau) (ab 1572)
Literatur
Walter Hentschel: Dresdner Bildhauer des 16. und 17. Jahrhunderts, Böhlau Verlag 1966. (grundlegend zum künstlerischen Werk)
Heiner Seidel: Dekorationsgesteine und Schmucksteine am Taufstein der Schlosskapelle in Dresden. In: Geologica Saxonia (2018), S. 123–135 Online.
Angelica Dülberg: Der Große Schlosshof. Stil, Ikonografie und Ikonologie seines plastischen und malerischen Schmucks, in: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hg.): Das Residenzschloss zu Dresden, Bd. 2, Die Schlossanlage der Renaissance und ihre frühbarocken Um- und Ausgestaltungen, Petersberg 2019, S. 205–260.
Ulrike Heckner: Im Dienst von Fürsten und Reformation. Fassadenmalerei an den Schlössern in Dresden und Neuburg an der Donau im 16. Jahrhundert. München 1995.